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# taz.de -- Urteil 14 Jahre Haft wegen Messerattacke auf Kölns Oberbürgermeis…
Düsseldorf taz/dpa | Im Prozess um das Attentat auf die spätere Kölner
Oberbürgermeisterin Henriette Reker ist der Täter zu 14 Jahren Haft
verurteilt worden. Das Oberlandesgericht Düsseldorf wertete den
Messerangriff des 45-jährigen Angeklagten Frank S. am 17. Oktober 2015 als
versuchten Mord. Die Tat sei „der Höhepunkt einer bundesweiten Welle von
Straftaten gegen Politiker und staatliche Einrichtungen im Zusammenhang mit
der Flüchtlingspolitik“ gewesen, sagte Richterin Barbara Havliza am
Freitag.
S. hatte Reker am Tag vor der Oberbürgermeisterwahl auf offener Straße ein
Jagdmesser in den Hals gerammt. Die 59-Jährige schwebte in Lebensgefahr und
lag mehrere Tag im künstlichen Koma. Die Bundesanwaltschaft hatte
lebenslange Haft, der Verteidiger maximal 15 Jahre gefordert.
Die Urteilsverkündung nahm S. mit regungsloser Miene entgegen. Ab und an
senkte er den kahl rasierten Kopf. Zu seinem verbliebenen Verteidiger
Jasper Marten hielt er eine Sitzlänge Abstand. Wie auch an den letzten
Verhandlungstagen hatte er beim Betreten des Gerichtssaals sein Gesicht
nicht mehr hinter Akten versteckt.
In der Urteilsbegründung folgte die Richterin weitgehend dem Plädoyer des
Bundesanwalts. Als strafmildernd wertete das Gericht vor allem, dass Frank
S. eine kombinierte Persönlichkeitsstörung mit narzisstischen und
paranoiden Zügen attestiert wurde. S. sei „recht impulsiv“, „misstrauisc…
und „schnell kränkbar“, so das Gericht.
Akribisch habe Frank S. seine Tat vorbereitet. Es sei nur dem Zufall zu
verdanken, dass Reker nichts Schlimmeres passiert sei, hieß es in der
Urteilsbegründung. Der Angeklagte habe die Wehrlosigkeit der Politikerin
bewusst ausgenutzt. Dennoch habe er nicht aus Heimtücke gehandelt. Dazu
habe ein eigennütziges Motiv gefehlt. Ganz im Gegenteil glaubte er – gemäß
seinem „verqueren Weltbild“ –, im Sinne des Gemeinwohls gehandelt zu habe…
Ebenfalls als strafmildernd wurde angeführt, dass der Angeklagte sozial
isoliert gewesen sei, sein verzerrtes Weltbild vor allem über das Internet
entwickelt habe und sich bei Reker entschuldigen wollte.
Das Gericht folgt der Annahme des Bundesanwalts, dass Frank S. sich am
Vorabend der Tat zum Angriff auf Henriette Reker entschlossen habe. Er habe
sie als Repräsentantin einer von ihm als verfehlt bezeichneten Politik
töten wollen.
Vor Gericht hatte Frank S. die Kölner Oberbürgermeisterin als „völlig
weltfremde linksradikale Schickeria-Ideologin“ bezeichnet und die
Prozessbeteiligten als Teil eines Komplotts diffamiert. Seine hastig
vorgetragene Entschuldigung hatte Reker während ihrer Zeugenaussage
zurückgewiesen.
Das Gericht hält S. für einen sozial isolierten Einzeltäter. Anders äußerte
sich der ehemalige Verteidiger Christof Miseré, der Anfang Juni in
beiderseitigem Einvernehmen von dem Fall entbunden wurde. Er hatte in einem
Eingangsplädoyer von einem „politischen Prozess“ gesprochen. Nun sei er
froh, aus dem Verfahren ausgestiegen zu sein, sagte er der taz. Ihm sei am
Telefon gedroht worden: „Wenn du nicht so agierst, wie wir wollen, ist dein
Kopf dran.“ Dem Generalbundesanwalt und dem Gericht wirft er vor, die
wahren Zusammenhänge nicht aufklären zu wollen. Anfang Juni postete er auf
Facebook: „Das ist NSU II“.
Der Generalbundesanwalt weist die Vorwürfe zurück. Es gebe keinerlei
Hinweise auf eine Beteiligung von Dritten.
Claudia Hennen
2 Jul 2016
## AUTOREN
Claudia Hennen
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