# taz.de -- portrait: Antiheld als Serienmörder | |
Bild: Verantwortlich für 27 Tode: Niels H. im Gericht | |
Seit Mai 2009 sitzt Niels H. inzwischen im Gefängnis. Verurteilt war er | |
anfangs wegen versuchten Mordes in einer Klinik in Delmenhorst. Im Februar | |
2015 wurde er erneut vom Landesgericht Oldenburg verurteilt. Dieses Mal | |
wegen zweifachen Mordes. Am Mittwoch teilten Ermittler nun mit, dass H. | |
auch am Klinikum Oldenburg gemordet hat. Für mindestens 27 Todesfälle hat | |
er laut Staatsanwaltschaft bereits „vollumfänglich und pauschal“ | |
Verantwortung übernommen. | |
H. hat viele Namen: „Todespfleger“ oder „Delmenhorster Monster“ nennt i… | |
die Presse. Als „Rettungs-Rambo“ und „Todes-H.“ ist er seinen ehemaligen | |
Arbeitskollegen im Gedächtnis. Vielleicht ist H. damit der größte | |
Serienmörder der deutschen Nachkriegsgeschichte. | |
Trotzdem ist über Niels H. nur wenig bekannt. Fest steht, dass der heute | |
39-Jährige in Wilhelmshaven in einem katholischen Elternhaus aufwuchs. Er | |
ist der Sohn eines Krankenpflegers und der Enkel einer Krankenschwester. | |
Ein Berufsfeld, bei dem man Menschen helfen kann und hohes soziales | |
Prestige genießt. Niels H. wollte ebenfalls so ein Helfer sein und wurde | |
Pfleger in einem Altersheim in Wilhelmshaven. Neben seinem Job machte er | |
eine Ausbildung zum Rettungssanitäter. 1999 wurde Niels H. am Klinikum | |
Oldenburg in der herzchirurgischen Intensivstation eingestellt. Wenig | |
später verließ er sein Elternhaus und zog in eine kleine Wohnung in | |
Oldenburg. 2003 wechselte er an die Klinik nach Delmenhorst bei Bremen. | |
2005 flog H. auf. | |
Welcher Mensch aber versteckt sich hinter diesem Lebenslauf? Im Gericht | |
sagten frühere Kollegen, er sei hilfsbereit, andere beschrieben ihn als | |
arrogant. Ein alter Schulfreund erinnert sich, dass Niels immer im | |
Mittelpunkt gestanden habe, ein anderer nahm ihn als stillen Außenseiter | |
wahr. Ärzte erinnern sich an ihn als professionell und handwerklich | |
versiert, andere als für den Beruf völlig ungeeignet. | |
Fest steht, dass H. Patienten immer wieder ein Mittel gegen | |
Herzrhythmusstörungen verabreichte: Gilurytmal. Vor Gericht sagte ein | |
Gutachter, dass H. „den Tod besiegen wollte.“ H. wollte ein Held sein. In | |
Wirklichkeit aber half er dem Tod. Er war ein Antiheld. Felix Hackenbruch | |
23 Jun 2016 | |
## AUTOREN | |
Felix Hackenbruch | |
## ARTIKEL ZUM THEMA |