| # taz.de -- zwischen den rillen: Amanda Bergman überzeugt mit ihrem Debütalbu… | |
| Amanda Bergman: „Docks“ (Ingrid/Cargo) | |
| Manchmal ist es gar nicht so einfach, sich neuen Projekten zuzuwenden, wenn | |
| die alten so gut laufen. Amanda Bergman, Frontfrau der schwedischen Popband | |
| Amason und Mastermind der Musikprojekte Idiot Wind und Hajen, hat die | |
| Arbeiten an ihrem Solodebütalbum immer wieder auf die lange Bank geschoben. | |
| „Zum Schluss häuften sich Mails von Fans, die fragten, wann ich endlich | |
| Eigenkompositionen veröffentliche – dabei hatte ich das schon lange im | |
| Kopf! Ich kam nur einfach nicht dazu“, erklärt die Singer-Songwriterin | |
| lachend. | |
| In Schweden wird Bergman als Popstar gefeiert, hierzulande ist die | |
| 28-Jährige hingegen noch zu entdecken. Aufgewachsen in einem Dorf in | |
| Dalarna, dem Bilderbuch-Schweden schlechthin, begleitet Bergman das | |
| Songwriting schon seit der Kindheit. Mit sieben beginnt sie am Klavier zu | |
| komponieren. Musik wird so zu ihrem Ventil aller Gefühlslagen. | |
| Doch der Gedanke, ihre Begabung ernst zu nehmen, liegt ihr zunächst fern. | |
| Erst ein eigenes Myspace-Profil unter dem Alias Hajen katapultiert sie 2009 | |
| quasi über Nacht in die Öffentlichkeit. „Manche Künstler wissen schon als | |
| Teenager, dass sie Musik machen wollen“, merkt sie an. „Ich wagte diesen | |
| Schritt erst viel später.“ | |
| Es kostet die Introvertierte zunächst viel Kraft, mit ihren Songs | |
| aufzutreten. Als sie sich schließlich dazu entschließt, unter eigenem Namen | |
| Musik zu machen, erweist sich die Arbeit an ihrem Material als zäh. Zweifel | |
| werden erst durch einen Umweg beseitigt: Als sie 2012 gefragt wird, ob sie | |
| bei der Band Amason einsteigen will, sagt sie spontan zu. Dynamik und | |
| Energie der vorwiegend männlich besetzten Band inspirieren Amanda Bergman: | |
| „Ich arbeite intensiv mit Männern zusammen und habe dabei festgestellt, | |
| dass sie fokussierter an Songs herangehen als ich.“ Unter diesem Eindruck | |
| setzt sich Bergman eine Frist: 18 Songs in zwei Wochen! „Damit wollte ich | |
| mir beweisen, dass auch ich zielgerichtet arbeiten kann.“ | |
| ## Folkige Klanglandschaften | |
| Immerhin 13 Songs schaffen es schließlich auf „Docks“, ihrem in seiner | |
| kompositorischen Dichte absolut beeindruckendem Debütalbum. Behutsam bahnt | |
| sich der Auftaktsong „Falcons“ den Weg in folkig anmutende | |
| Klanglandschaften aus sanften Klaviaturen und Trommeln. Gitarren und | |
| Streicher legen sich zunächst sachte über den Song, verwachsen dann fast | |
| organisch zu einem mächtigen Arrangement. Bergmans dunkle Stimme tut ihr | |
| Übriges. | |
| Diese Symbiose aus wohltemperierter Instrumentierung und schlauen | |
| Gesangsarrangements erzeugt eine Spannung, die sich durch das komplette | |
| Album zieht. So entsteht ein Dialog zwischen schwebender Leichtigkeit und | |
| Bergmans nachdenklicher Haltung, die sich in den zweifelnden Songtexten | |
| zeigt. In ihren soften, eingängigen Popsongs finden sich Bezüge zu | |
| Fleetwood Mac; die schwelgerischen Country-Gitarren, die pulsierenden | |
| Rhythmen und der eigenwillige Gesang wecken ein Gefühl von kalifornischer | |
| Verträumtheit, gepaart mit diesem schwedischem Tiefgang. | |
| Bergman versteht es, mit ihrer ruhigen Stimme gekonnt über die besungenen | |
| Unsicherheiten hinwegtäuschen. „Questions shine in where I’m going now“, | |
| heißt es beispielsweise in einem ihrer Stücke. Fragen, die aufkommen, wenn | |
| man der Vergangenheit den Rücken kehrt und neue Wege einschlägt. „Es ist | |
| nicht immer einfach herauszufinden, wo es hingehen soll“, erklärt die | |
| Schwedin. „Ich bin sehr selbstkritisch, habe aber während der Arbeiten an | |
| dem Album gelernt, diese destruktive Energie zu meinem Vorteil zu nutzen.“ | |
| Folglich geht es Bergman mit ihrem Songwriting besonders um die Akzeptanz | |
| der eigenen Persönlichkeit – in ganz eigenem Tempo ein sich selbst | |
| gesetztes Ziel zu erreichen. | |
| „Docks“ ist weit mehr als nur ein gelungenes Debütalbum. Trotz seiner | |
| textlichen Düsternis kommt die Musik betont heiter daher. Vanessa Wohlrath | |
| 10 Jun 2016 | |
| ## AUTOREN | |
| Vanessa Wohlrath | |
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