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# taz.de -- Den Tigern zumFraß vorwerfen
> FlüchtlingeDie Zentrale für Politische Schönheit findet Freiwillige für
> ihre umstrittene Aktion
Vier angeblich libysche Tiger befinden sich zurzeit in einer Arena vor dem
Maxim Gorki Theater. Montagmittag werden sie von einem Mann in einem
Gladiatorenkostüm mit rohem Fleisch gefüttert. Aus Lautsprechern sind
Meeresrauschen und Stimmen zu hören, die von ertrinkenden Flüchtlingen
stammen könnten – das alles ist eine Aktion der Zentrale für Politische
Schönheit (ZPS): „Flüchtlinge fressen – Not und Spiele“.
„Die Tiger sind ein Geschenk des Großen Sultans für den Flüchtlingsdeal mit
der Türkei“, erzählt Cesy Leonard, die Chefin des ZPS-Planungskomitees, auf
einer Pressekonferenz. Mit dem großen Sultan ist Recep Tayyip Erdoğan der
Präsident der Türkei gemeint. Wem die Tiger wirklich gehören, verrät
Leonard nicht, nur dass alle Tierschutzvorgaben eingehalten werden.
Ziel dieser Aktion ist es, den Paragrafen 63 Absatz 3, des
Aufenthaltsgesetzes streichen zu lassen. Dieser erlegt
Beförderungsunternehmen ein Bußgeld von bis zu 5.000 Euro auf, wenn sie
Ausländer ohne ein Visum befördern. Der Paragraf geht auf die EU-Richtlinie
2001/51/EG zurück.
Anlässlich dieser Forderung wird über Crowdfunding das Flugzeug „Joachim 1�…
finanziert, das nächsten Dienstag syrische Flüchtlinge aus der Türkei nach
Deutschland fliegen soll. Laut Yasser Almaamoun, Pressesprecher und
Außenminister des ZPS, wären 80.000 Euro nötig, um die Syrer nach
Deutschland zu transportieren. Über die Hälfte des Geldes hätten die
Aktivisten schon eingenommen. 100 Flüchtlinge sollen auf diese Weise nach
Deutschland gebracht werden, um ihnen dadurch eine Reise über das
Mittelmeer zu ersparen.
Cesy Leonard zufolge stimmt der Bundestag am Donnerstag dieser Woche über
die Aufhebung des betreffenden Paragrafen auf Antrag der Fraktion Die Linke
ab. Sollte der Antrag – und letztlich damit die Flugzeugaktion – scheitern,
fordert das ZPS Flüchtlinge dazu auf, sich freiwillig von den Tigern in der
Öffentlichkeit auffressen zu lassen. Es haben sich schon sieben Flüchtlinge
dazu bereit erklärt.
Eine davon ist die syrische Schauspielerin May Skaf. Unter Tränen spricht
sie am Montag bei der Pressekonferenz des ZPS im Maxim Gorki Theater auf
Arabisch. Die Übersetzung wird an die Wand projiziert. „Ich habe keine
Angst vor den Tigern, ich bin bereit, mich fressen zu lassen“, sagt Skaf.
Die Schauspielerin vergleicht das heutige Europa mit dem alten Rom, in dem
Sklaven gegen wilde Tiere kämpfen mussten. „Das Mittelmeer ist zum Löwen
geworden“, erklärt die Syrerin.
Der Vergleich mit dem Römischen Reich ist Absicht. In den sozialen
Netzwerken und auf seiner Internetseite bezeichnet das ZPS die EU als
„Europäisches Reich“.
Das Bundesinnenministerium hatte die Aktion am vergangen Freitag als
zynisch bezeichnet. Die Inszenierung werde auf dem Rücken der
Schutzbedürftigen ausgetragen. Daryna Sterina
21 Jun 2016
## AUTOREN
Daryna Sterina
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