# taz.de -- Die Betrügereien waren zu offensichtlich | |
> Haiti Im Armenhaus Lateinamerikas wird wohl im Oktober neu gewählt. | |
> Schlappe für UN und USA | |
AUS SANTO DOMINGO Hans-Ulrich Dillmann | |
Die Präsidentschaftswahl in Haiti vom Vorjahr wird annulliert. Bei der | |
genauen Überprüfung eines Viertels der Stimmbezirke seien gravierende | |
Manipulationen festgestellt worden, teilte der Vorsitzende des Conseil | |
Electoral Provisoire (CEP), Francois Benoit, mit. Bei der Abstimmung im | |
Oktober 2015 habe es in einigen Wahlurnen mehr Stimmzettel gegeben als es | |
Wahlberechtigte gab, gefälschte Ausweise seien vorgelegt worden und sogar | |
Tote hätten gewählt. „Es gab Zombiestimmen“, sagte Benoit. Außerdem sei … | |
bereits im Vorfeld bei der Nominierung der Kandidaten zu Unregelmäßigkeiten | |
gekommen, heißt es in dem 105 Seiten umfassenden Bericht des CEP. | |
Möglicherweise sollen auch die Senatswahl annulliert werden. Ein genaues | |
Datum für die Wiederholung der Präsidentschaftswahl wurde nicht genannt. | |
Politische Beobachter in der haitianischen Hauptstadt gehen davon aus, dass | |
im Oktober Neuwahlen im ärmsten Land Lateinamerikas stattfinden. | |
Ein Teil der Manipulationen hätten nicht erst in den Wahllokalen begonnen, | |
erklärte Benoit, sondern schon im Vorfeld stattgefunden. „Es gab einen | |
regelrechten Handel mit Stimmkarten und -ausweisen“, stellten die Prüfer | |
fest. | |
Erstplatzierter war mit 32,8 Prozent Jovenel Moïse, der für die vom | |
amtierenden Staatschef Martelly gegründete Parti Tèt Kale kandidierte. An | |
zweiter Stelle lag Jude Célestin von der Alternativen Liga für Fortschritt | |
und Emanzipation mit 25,3 Prozent. Von den 5,8 Millionen Wahlberechtigten | |
hätten nur gut 1,5 Millionen ihre Stimme abgegeben. | |
Das Ergebnis der Wahlrevision ist eine schwere Niederlage für Martelly, dem | |
zudem Korruption und Vorteilsnahme vorgeworfen wird. Es ist aber vor allem | |
eine schallende Ohrfeige für die USA und die Vereinten Nationen, die mit | |
eigenen Beobachtern zugegen war und mit über 10.000 Blauhelmsoldaten und | |
UN-Polizisten seit 2004 die Sicherheit im Land garantieren soll. Sie hatten | |
bis zuletzt eine Überprüfung des Stimmergebnisses mit der Begründung | |
abgelehnt, es gebe keine Belege für Manipulationen. Rund 80 Millionen | |
US-Dollar hatten die Geldgeber für die Wahlen in Haiti zur Verfügung | |
gestellt. Davon sind drei Viertel ausgegeben. | |
2 Jun 2016 | |
## AUTOREN | |
Hans-Ulrich Dillmann | |
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