# taz.de -- „Anfangs wurden wir für den Reggae ausgelacht“ | |
> WEIHNACHTSREGGAE Seit über 25 Jahren feiert Jamaica Papa Curvin in | |
> Hamburg seine X-Mas Reggae Show. Mit der taz spricht er über seinen Ruf | |
> als Urvater des Roots-Reggae in Deutschland, seine Zeit als Schlagzeuger | |
> von Boney M. und die Bedeutung des Rastafarianismus | |
INTERVIEW ORANUS MAHMOODI | |
taz: Jamaica Papa Curvin, seit über 25 Jahren feiern Sie ihre X-Mas | |
Reggae-Show in Hamburg. In diesem Jahr wieder: Heiligabend in der Fabrik in | |
Altona. Die Show hat Kultstatus erreicht – sogar über Generationen. | |
Jamaica Papa Curvin: Einige der Gäste waren schon als Jugendliche mit ihren | |
Eltern bei Papa Curvin. Inzwischen kommen sie mit ihren eigenen Kindern. | |
Ihre Fans meinen, der Reggae wurde von Ihnen nach Deutschland gebracht. | |
Dabei war ich vor der Geburt des Reggae mit den Bamboos of Jamaica schon in | |
Deutschland, mit Ska und Calypso, den musikalischen Vorläufern von Reggae. | |
Wenn es heißt, ich hätte den Reggae nach Deutschland gebracht, dann liegt | |
das daran, dass ich vor über 30 Jahren das Reggae-Center in St. Georg | |
eröffnet hatte. Wir waren die ersten, die frische Reggae-Platten aus | |
Jamaika anboten. Diese Scheiben gab in den gängigen Musikläden nicht. Ich | |
hatte das Reggae-Center für junge, neue Reggae-Künstler als Proberaum | |
geöffnet. Anfangs wurden wir für den Reggae ausgelacht. In der Musikszene | |
meinte man, Reggae sei keine richtige Musik – inzwischen ist Reggae nicht | |
mehr wegzudenken. | |
Sie gelten in Deutschland als der Urvater des Roots-Reggae. Vielen wissen | |
nicht, dass Sie Schlagzeuger der schrillen Popgruppe Boney M. waren, die in | |
den 1970ern mit Songs wie „Daddy Cool“ oder „Rivers of Babylon“ auf der | |
ganzen Welt in den Charts und auf Tour waren. | |
Wir sind tatsächlich jahrelang getourt – sogar im Ostblock. Boney M. durfte | |
damals in Russland auftreten, was anderen westlichen Künstlern unmöglich | |
war. Boney M. endete für mich mit dem Gerichtsprozess gegen den Produzenten | |
Frank Farian, der später mit dem Milli Vanilli-Skandal in die Schlagzeilen | |
kam. Der Prozess um Boney M. ist der längste der Musikgeschichte. Es geht | |
um viel Geld, denn Boney M ist bis heute das Musikprojekt, das der | |
deutschen Musikindustrie die höchsten Gewinne beschert hat! | |
Nach Boney M. haben Sie ihre Solo-Karriere gestartet: Als Reggae-Künstler, | |
der Schlagzeug spielt und simultan dazu singt. | |
Anfangs war ich mit dem Schlagzeug verwachsen. Inzwischen bin ich ein | |
reiner Frontman. Ab und zu gehe ich in den Shows ans Schlagzeug. | |
Sie sind erst als Solo-Künstler mit Roots-Reggae und als Rastafarian | |
aufgetreten. Äußerlich erkennt man Rastas an den Dreadlocks. Was genau | |
bedeutet es für Sie, ein Rasta zu sein? | |
Rasta bedeutet: Lieben, ohne etwas dafür zu erwarten. Äußerlichkeiten sind | |
unwichtig: Es gibt Menschen, die nie über Rastafarian gehört haben, aber | |
der Rasta-Philosophie folgen. Es geht darum, im Einklang mit der Erde zu | |
leben. Ich habe durch diese Philosophie meine Wurzeln entdeckt, die | |
Bewegung hat überhaupt auf Jamaika einen wichtigen Bewußtseinswandel | |
gebracht. | |
Inwiefern? | |
In meiner Jugend wurde die afrikanische Kultur belächelt – ich habe in der | |
Schule alles Mögliche über die englische Queen gelernt. Die meisten | |
Jamaikaner stammen nicht aus England, ihre Wurzeln liegen in Afrika. Unsere | |
Urahnen wurden mit Gewalt über den Antlantik geschifft. Als Rasta möchte | |
ich darüber aufklären. Ich trage Afrika im Herzen, egal wo ich bin. | |
Bei der X-Mas Reggae Show treten neben Ihnen auch andere Künstler auf. 2011 | |
hatten sich Besucher bei der Fabrik beschwert, dass Sie um Mitternacht noch | |
nicht auf der Bühne standen. | |
Deswegen werde ich in diesem Jahr zweimal auftreten, um 23 Uhr und ein | |
zweites Mal um ein Uhr. | |
■ Mo, 24. 12., 22 Uhr, Fabrik, Barnerstraße 36 | |
22 Dec 2012 | |
## AUTOREN | |
ORANUS MAHMOODI | |
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