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# taz.de -- Trash Im schleswig-holsteinischen Langenhagen sitzt der Weissblech-…
Bild: Meer aus Blut: ein Exemplar des Genres „Horror“ aus der Weissblech-Pr…
Interview Frida Kammerer
taz: Herr Kurio, wieso haben Sie Ihr Leben dem Trash gewidmet?
Levin Kurio: Also das ist ja …, also grundsätzlich habe ich mein Leben erst
mal den Comics gewidmet. Trash verkauft sich halt sehr gut und mir liegt’s
irgendwie.
Aber dass die Comics ein wenig trashig sind, würden Sie schon sagen?
Joa, das liegt aber natürlich auch immer im Auge des Betrachters. Was ist
denn Trash? Das ist wie mit dem Kunst-Begriff. Da kann man sich stundenlang
drüber streiten, was das eigentlich ist, ich würde eher sagen: Wir machen
Genre-Comics.
Welchem Genre würden Sie Ihre Comics zuordnen?
Also Trash ist ja ursprünglich eine Qualitätsbezeichnung, kein Genre. Wir
machen hauptsächlich Horror, ein bisschen Science-Fiction, Erotik, oft mit
einem breiten Augenzwinkern.
Das ist doch ziemlich breit gefächert. Wer ist denn die Zielgruppe?
Am besten läuft es natürlich, wenn man Sachen macht, die man selber gerne
lesen würde. Grundsätzlich haben wir keine spezielle Zielgruppe vor Augen.
Faktisch kann ich sagen, dass die Leser sehr breit gestreut sind. Was ich
so sehe: Leute von 15 bis 65 Jahren. Davon, ungefähr, 20 Prozent Frauen.
Das liegt vor allem an unseren Genres Horror und Erotik. Wir sind nur ein
ganz kleiner Verlag, wir haben einfach nicht die Kapazitäten, um weiter zu
expandieren. Wir können das Programm einfach nicht breiter aufstellen.
Sie bewegen sich also eher in den Nischen. Hat man da Konkurrenz?
Wir sind doch relativ einmalig. Es gibt in den Genres selber schon
Konkurrenz, aber in der speziellen Form, wie wir das machen, sind wir schon
einzigartig. Weissblech Comics ist ja auch schon so eine Art Marke, sag’ich
mal. Grade weil wir unsere Comics so machen, wie wir sie machen. Es gibt in
Deutschland auch nicht so viele Verlage, die selber produzieren. Wir kaufen
ja keine Lizenzen ein, wie das viele Andere machen, die Genre-Comics
veröffentlichen. Dementsprechend können wir auch unsere Geschichten so
ausrichten, dass sie für den deutschen Markt spezifischer geeignet sind.
Waren Comics früher besser als heute?
Das würde ich nicht sagen. Das kommt immer drauf an, was für Maßstäbe man
ansetzt. Was mir allerdings auffällt ist, dass Comics früher eher für ein
breites Publikum geschrieben und gemacht worden sind. Es hat sich einfach
ausdifferenziert. Nehmen wir mal zum Beispiel einen klassischen Supermann
aus den 1940er-Jahren. Der ist so geschrieben, dass man ihn auch als
Erwachsener so halbwegs mit Humor lesen kann, während es so im Laufe der
nächsten Jahre dazu übergeht, nur noch für Kinder zu sein. Heute sind die
Superhelden-Comics eher für Nerds. Comics an sich sind heute weniger für
die Masse als früher. Die Verkaufszahlen sind auch entsprechend weniger
hoch als noch vor 30 bis 40 Jahren. Das liegt natürlich auch daran, dass es
heute ein wesentlich breiteres Unterhaltungsangebot gibt.
Wieso haben Sie sich dann in Deutschland mit dem Nischenprodukt eines
Nischenproduktes selbstständig gemacht?
Mainstream gibt es ja schon genug. Um überhaupt Comics zu machen, blieb mir
gar nichts anderes übrig, als einen eigenen Verlag zu gründen. Von den
großen Verlagen gab und gibt es kein großes Interesse an deutschen Comics,
erst recht nicht an dem, was ich mache. Viele große Verlage kaufen nur
Lizenzen ein. Wir machen ja keine Comic-Bücher, sondern Comic-Hefte. Die
gibt es nicht in Buchhandlungen, sondern eher in Zeitschriftenläden. Das
ist für große Verlage völlig uninteressant – höchstens mal auf
Projektebene.
Nicht selten in Ihren Comics sind Menschen nackt und es fließt Blut. Gibt
es bei Ihnen Tabus?
Sicher machen wir nicht alles – nackte Haut und Blut gibt es nicht
zusammen. Die Horror- und die Sexcomics finden in zwei verschiedenen Serien
statt, in Horrorschocker und in XXX-Comics. Die Comics sind keine harte
Exploitation. Wir machen zum Beispiel keinen extremen Splatter. Da hat man
auch nicht zwangsläufig drauf Lust, das zu zeichnen. Manche Leute würden
das schon ganz furchtbar finden, was wir in unseren Horror-Comics zeichnen,
aber es ist nie zum Selbstzweck. Wir würden keine Enthaupteten zeichnen,
nur um enthauptete Menschen zu zeigen. Das macht nur Sinn, wenn man eine
Geschichte über Henker macht.
Für Ihre Erotik-Comics müssen Sie eine erhöhte Steuer für Pornografie
abdrücken. Wie oft stehen Ihnen eigentlich Verbände oder auch
Einzelpersonen wegen Ihrer Inhalte auf den Füßen?
Dazu ist einfach die Auflage zu klein. Diese „pornografischen Sachen“ sind
auch eher humorgelagert, eher slapstickhaft. Es ist keine Pornografie im
Sinne von Wichsvorlagen. Der Jugendschutz sorgt natürlich dafür, dass man
es sowieso nicht richtig verkaufen kann. Deshalb ist die Auflage so
niedrig, dass das eigentlich unterm Radar fliegt.
Man sagt ja, jeder Zeichner ist auch ein Fan. Wovon sind Sie ein Fan?
Ich mag die alten Künstler sehr gerne. Aber das ist sehr spezifisch, wenn
ich da jetzt drauf eingehe, das versteht kein Mensch.
Was würden Sie als Ihre größte Schöpfung sehen?
Das ist immer davon abhängig, was ich grade mache. Ich mache ziemlich viel
und je nachdem, was ich grade mache, finde ich das natürlich grade am
besten. Also ich mach zum Beispiel grade eine große Geschichte zu „Kala –
Die Urweltamazone“ und die finde ich momentan ganz toll. Aber vor einem
halben Jahr war das bestimmt noch etwas ganz anderes. Das ist bei mir sehr
projektabhängig.
Sie erfinden Titel wie „Schlüpferlupfende Manga-Schlampen“ oder Sätze wie
„Hilf mir Grok! Ich stecke in der Fickmühle“. Wie kommt man auf so was?
Also, das Letztere ist tatsächlich eine Anspielung! Comichefte haben ihre
Wiege in alten Groschenromanen oder besser Pulps, und da waren groteske
Folterinstrumente, die irgendwas mühlenhaftes hatten, sehr beliebt auf
Titelseiten. Dementsprechend ist das neben dem bescheuerten Wortwitz
einfach mal so eine Idee gewesen, daraus eine urtümliche Sexmaschine zu
machen.
Und der Name „Weissblech Comics“?
Das stammt noch aus den Anfängen, als ich vierzehn war und die Comics noch
auf dem Schulhof verkauft hab. Der Verlag hat seitdem tatsächlich eine
Kontinuität, deshalb wurde der Name nie geändert. „Weissblech Comics“ hat
damit was zu tun, dass ich damals eine Schwermetall-Satire gemacht habe,
die halt „Weissblech Comics“ hieß. Außerdem fand ich es mächtig lustig,
irgendwas mit Dosenbier-Bezug zu machen.
7 May 2016
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