# taz.de -- NACHRUF Unfassbar, Prince ist gestorben, der genialische US-Multiin… | |
Bild: Unnachahmlich: Prince 1991 bei den MTV-Awards in Los Angeles | |
von Maurice Summen | |
Das Suchfeld bei Twitter zeigt es an: Oh nein – #Prince steht ganz oben. | |
Wenn ein Künstlername in den sozialen Netzwerken obenan steht, bedeutet | |
das selten etwas Gutes. | |
Und am Donnerstagabend wurde tatsächlich zur traurigen Gewissheit, dass der | |
US-Popstar Prince mit nur 57 Jahren gestorben ist. Wenn man den Nachrichten | |
trauen darf, ist er an den Folgen einer Grippe gestorben. Verschleppt, wie | |
man salopp sagt. Von anderer Seite hört man wiederum Gerüchte, er sei an | |
einer Überdosis Drogen gestorben. Auch die genauen Umstände seines Todes | |
werden Prince nicht wieder zurück auf die Erde holen. | |
Nun – man ist ja vorsichtig mit Superlativen, aber von 1980, als sein Album | |
„Dirty Mind“ erschien, bis 1992, als er „Love Symbol“ veröffentlichte,… | |
der virtuose Multiinstrumentalist Prince der weltgrößte Popstar. Wie es dem | |
bekennenden Zeugen Jehovas und Fan der Farbe Lila gelang, Soul und Funk in | |
den New-Wave-Pop zu überführen und damit die klassischen Schubladen von | |
Pop, Rock und „Black Music“ künstlerisch vollständig aufzulösen: Pure | |
Genius! | |
Aber nicht nur kompositorisch mit seinen Smashhits von „Purple Rain“ über | |
„Kiss“ bis hin zu „Sign of the times“ wusste Prince Fans und Kritiker | |
gleichermaßen zu überzeugen: Seine Musik war mainstream tauglich, aber | |
klang immer irgendwie überirdisch. Raffinierter als der Rest: feiner und | |
leichter, aber auch verspielter und psychedelischer. Und immer auch sehr | |
transparent. Der Prince-Sound zog einen sofort in den Bann. Komplexeste | |
Breaks und Harmoniewechsel, aufbereitet für die Massen! | |
Und Prince war dabei auch als Textdichter immer kompromisslos versaut und | |
doppeldeutig: Transgressiver konnte Pop einfach nicht sein. So fand man | |
Prince-Fans in seiner Hochzeit in den Achtzigern eigentlich in allen | |
Lagern: vom New Wave-Schnösel bis zum Gothic Girl. | |
Während andere Popstars immer die Hilfe von großen Produzenten benötigten, | |
um amtlichen Sound mit Hilfe neuester Studiotechnologie und Knowhow zu | |
produzieren, saß Prince selbst hauptverantwortlich an den Reglern in seinen | |
Paisley-Park-Studios in Minneapolis und spielte oftmals auch die | |
Instrumente im Alleingang ein. Er wusste aber auch exzellente | |
BegleitmusikerInnen um sich, wie Sheila E., Doctor Fink oder Wendy & Lisa. | |
Mit ihnen wagte er sich auch auf der Bühne in inszenatorische Gefilde vor, | |
die man so tatsächlich noch nicht gehört und gesehen hatte. | |
Prince überwand nicht nur spielerisch die Mauern zwischen den Hautfarben, | |
sondern genauso die Geschlechtergrenzen – dies handelte ihm auch schon mal | |
Unverständnis ein. Etwa als er 1981 im Vorprogramm der | |
Rolling-Stones-USA-Tour auftrat und der gemeine Stones-Fan so gar keinen | |
Gefallen an seinen Strapsen finden konnte. | |
Anfang der Neunziger, nach einer äußerst erfolgreichen Dekade, fühlte sich | |
Prince von seiner Plattenfirma Warner missverstanden und um Einkünfte | |
betrogen und malte sich „Slave“ auf die Wange. Aus der Marke Prince wurde | |
kurzzeitig das schwer vermarktbare „Love Symbol“. Die zukunftsfähigen Ideen | |
kamen zu jener Zeit aus dem HipHop. Prince kokettierte mit dem jungen Genre | |
im Verlauf der Neunziger immer wieder, konnte aber leider nie so richtig | |
mit eigenem Material überzeugen. | |
Auch zum Internet und zur fortschreitenden Digitalisierung des Pop hatte | |
Prince ein äußerst gespaltenes Verhältnis. Mal ließ er wutentbrannt alle | |
seine Songs aus dem Netz entfernen, bloß um kurze Zeit später zu verkünden, | |
dass er seine neue Band komplett im Internet gecastet hat. | |
„Sometimes it snows in April“ heißt eine seiner schönsten, | |
herzzerreißenden Balladen auf dem Album „Parade“. Darin singt er im Refrain | |
mit schluchzender Stimme, wie wirklich nur er, Prince Rogers Nelson, | |
schluchzen konnte: „Sometimes I wish, life was never ending / And all good | |
things they say, never last.“ | |
Prince ist nun tatsächlich im Monat April von uns gegangen. Im Finale des | |
Songs singt er: „And love / It isn’t love until it’s past.“ Prince ist … | |
Und das ist wirklich verdammt traurig. | |
23 Apr 2016 | |
## AUTOREN | |
Maurice Summen | |
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