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# taz.de -- Asyl gegen Information
> Geheimdienste Noch immer nutzen deutsche Sicherheitsbehörden Flüchtlinge
> als Quelle
Bild: Infos über Syrien gewünscht: zerstörte Stadt nahe Damaskus
BERLIN taz | Im Tausch für Informationen bekommen Geflüchtete in
Deutschland Asyl. Bereits in Erstaufnahmeeinrichtungen werden sie von
Sicherheitsbehörden kontaktiert, die sich davon Wissen über die
Herkunftsländer versprechen. Diese Praxis, die federführend vom
Bundesnachrichtendienst (BND) betrieben wird, galt seit 2013 als
abgeschafft. Eine Antwort der Bundesregierung auf Anfragen der Linkspartei
und Recherchen der Zeit sowie von Zeit Online offenbaren aber, dass noch
immer Asylsuchende als Informanten rekrutiert werden.
Die Bundesregierung bestätigt zudem, dass die Flüchtlinge, die mit
Geheimdiensten und Polizeibehörden kooperierten, im Gegenzug Asyl bekamen.
Fast 1.000 dieser „Interventionsfälle“ gab es in den vergangenen 15 Jahren.
Bis 2013 lief die Rekrutierung über die Hauptstelle für Befragungswesen
(HBW), einer Dienststelle des BND. Das Ziel war, die „Sicherheitsinteressen
der Bundesrepublik Deutschland zu wahren“, erklärte die Bundesregierung
2013 in einer Fragestunde zum Thema. Es sei „das legitime Recht eines jeden
souveränen Staats, Personen sicherheitlich zu befragen, die in diesem Land
einen Aufenthalt begehren“, heißt es weiter.
Bis 2013 fanden pro Jahr 500 bis 800 Vorgespräche mit Flüchtlingen statt,
200 bis 300 Personen wurden anschließend intensiver befragt. Nach
aktuellstem Stand war nicht nur der BND damit befasst, sondern auch BKA,
Bundespolizei, Zoll und Verfassungsschutz.
Wenn Geflüchtete für sie interessante Informationen liefern konnten oder
als Quellen angeworben wurden, baten die Sicherheitsbehörden das Bundesamt
für Migration und Flüchtlinge (Bamf) darum, ihnen Asyl zu gewähren. Von
2000 bis 2013 sind dem Flüchtlingsamt 850 Fälle gemeldet worden, in denen
es zuvor „nachrichtendienstlichen Kontakt“ mit dem BND und dem Bundesamt
für Verfassungsschutz (BfV) gegeben hatte. Fast allen Informanten gewährte
das Bamf daraufhin Asyl.
Im Jahr 2014 wurde die HBW aufgelöst. Damit hätte auch die umstrittene
Rekrutierung von Flüchtlingen als Informanten ein Ende haben können.
Seitdem habe es keine „verdeckten Befragungen in Erstaufnahmeeinrichtungen“
mehr gegeben, heißt es in der Antwort der Bundesregierung. Durch das BfV
gebe es nur in Einzelfällen „anlassbezogene Kontaktaufnahmen“ mit
Asylsuchenden. Dazu gibt es jedoch keine Statistiken. Eine Zahl ist
allerdings bekannt. Sie belegt, dass noch immer Informanten rekrutiert
werden. 2014 und 2015 wurden dem Bamf neun Personen gemeldet, mit denen es
zuvor „nachrichtendienstlichen Kontakt“ gab. Sie alle kamen aus dem Nahen
oder Mittleren Osten.
„Es ist fragwürdig, wenn Geflüchtete in einer Zwangssituation noch in der
Erstaufnahmeeinrichtung Besuch vom Geheimdienst bekommen“, kritisiert die
Linkspartei-Abgeordnete Martina Renner. Die Asylsuchenden würden unter
Druck gesetzt, wenn sie suggeriert bekämen, dass „Kooperation zu einem
sicheren Aufenthaltsstatus führt“. Zudem sieht sie die „sehr
intransparente“ Rekrutierung von Informanten durch Behörden auf Landesebene
problematisch. „Ein einziger Polizist kann darüber entscheiden, ob ein
Flüchtling zum Interventionsfall wird oder nicht.“ Das konterkariere die
Schutzpflicht des Landes. HANNAH WEINER
12 Apr 2016
## AUTOREN
Hannah Weiner
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