# taz.de -- heute in bremen: „Die Kinder sollen nicht sterben“ | |
> FilmABEND Zusammen mit seiner Freundin Naz Gündoğdu drehte Friedemann | |
> Pitschak eine Dokumentation über die türkische Fankultur | |
taz: Es ist ein Jahr her, dass Sie in der Türkei waren. Was ist seitdem | |
passiert? | |
Friedemann Pitschak: Die Doku thematisiert die Einführung von Passolig, ein | |
personalisiertes E-Ticket, und den Prozess gegen die Fangruppe Çarşı, denen | |
ein Putsch gegen die Regierung vorgeworfen wurde. Es hatte einen Freispruch | |
für Çarşı gegeben, allerdings wurde der bald darauf von der | |
Staatsanwaltschaft widerrufen. Gegen das Passolig-System hatte eine | |
Fanrechte-Organisation aus Ankara geklagt – leider erfolglos. | |
Was ist das Problem an der Fankarte Passolig? | |
Das ist keine normale Fankarte, sie ist gleichzeitig eine Kreditkarte, die | |
nur bei der regierungsnahen Bank „Aktifbank“ gekauft werden kann. Auf ihr | |
werden alle möglichen Daten gespeichert, sogar Fingerabdrücke. Nach dem | |
Prozess ist es nun verboten, die persönlichen Daten an Dritte | |
weiterzugeben. Das Passolig-System an sich bleibt aber bestehen und es ist | |
denkbar, dass es auch auf untere Ligen und andere Sportarten ausgeweitet | |
wird. | |
Haben Repressionen im Fußball zugenommen? | |
Als Fußballfans politisch aktiv wurden, besonders nach den Gezi-Protesten, | |
nahmen auch die staatlichen Repressionen zu. Ein aktuelles Beispiel sind | |
die Strafen gegen die kurdische Mannschaft Amedspor und ihre Fans. Für die | |
Parole „Die Kinder sollen nicht sterben, sie sollen zum Spiel gehen“ wurden | |
30 Fans festgenommen. Es laufen Verfahren wegen „Staatsverrats“ und | |
„Unterstützung einer terroristischen Vereinigung“. | |
Lässt sich die türkische Fankultur mit der deutschen vergleichen? | |
Ein Vergleich ist schwierig, die Fankulturen unterscheiden sich sehr. Neu | |
für mich war der unübersehbare Einfluss der Regierung im Fußball. Manche | |
Vereine existieren nur aufgrund von staatlichen Geldern. Im „Ultra“-Block | |
sieht man schon mal Fahnen mit dem Bild des türkischen Ministerpräsidenten. | |
Das sind Dinge, die man aus Deutschland so nicht kennt. Die deutschen | |
Stadien sind zudem sehr genau nach Spektren aufgeteilt. Wer in Ruhe das | |
Spiel schauen will, sitzt auf der Gegengerade, Familien im Familienblock | |
und die Ultras in der Kurve. Sowas gibt es in türkischen Stadien nicht, | |
alle treffen auf der Tribüne aufeinander. | |
Interview: Leandra Hanke | |
Samstag, 19 Uhr, Kukoon | |
26 Mar 2016 | |
## AUTOREN | |
Leandra Hanke | |
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