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# taz.de -- Mehr Liebe und Güte
> Demokraten Nach ihrem Erfolg in dieser Woche ist Hillary Clinton
> gestärkt, aber nicht übermütig. Ihr demokratischer Rivale Sanders bleibt
> im Rennen. Doch der Fokus richtet sich auf den Kampf gegen Trump
Bild: Hillary Clinton vor ihrer Wahlrede am Dienstag in Miami
Aus Chicago Rieke Havertz
Am Abend dieses Superwahltages kommen sich Hillary Clinton und Donald Trump
näher – wenigstens örtlich. Sowohl die Demokratin als auch der
Republikaner schlug ihr Hauptquartier nicht in einem der Dutzend
Bundesstaaten auf, in denen am Dienstag gewählt wurde, sondern in Florida.
Dort wird zwar erst am 15. März abgestimmt – aber der Fokus in einem so
langen Vorwahlkampf richtet sich stets auf die Zukunft.
Diese Zukunft ist für Clinton nach einem für sie sehr erfolgreichen Abend
nicht länger nur der Kampf gegen ihren Konkurrenten in der eigenen Partei,
Bernie Sanders, sondern eben auch schon gegen Trump. Der dürfte ihr Gegner
in der Präsidentschaftswahl vom November werden. Dennoch bleibt die
Demokratin bescheiden, als sie die Bühne in Miami betritt. Sie hat aus
ihrer Niederlage gegen Barack Obama vor acht Jahren und ihren Rückschlägen
in Iowa und New Hampshire bei den Vorwahlen gelernt. „Wir werden weiter um
jede einzelne Stimme kämpfen“, sagt Clinton.
Als sie spricht, sind noch lange nicht alle Stimmen ausgezählt, aber sie
weiß bereits, dass es eine gute Nacht für sie ist. Schließlich gewinnt sie
Texas, Georgia, Virginia, Alabama, Tennessee, Arkansas und Massachusetts.
Sanders besteht in seinem Heimatstaat Vermont sowie Oklahoma, Colorado und
Minnesota.
Clinton hat allen Grund, in Miami oft zu lächeln. Sie nimmt die
wiederholten „Hillary, Hillary“-Rufe gerne hin, die ihre Rede unterbrechen.
Die 68-Jährige spricht über ihre bekannten Themen – von den Nöten der
Mittelschicht bis zum Kampf für Gleichberechtigung. Sie wird nicht
übermütig, denn es ist klar, dass Sanders weiter im Rennen bleiben wird,
obwohl es strategisch eigentlich schon um das Rennen ums Weiße Haus gehen
muss. Ohne Stichelei gegen Trump geht es nicht ab: Aufgabe sei nicht,
Amerika wieder groß zu machen, so Clinton, sondern Amerika wieder zu
vereinen. „Wir müssen wieder füllen, was ausgehöhlt wurde.“ Um das zu
schaffen, „müssen wir keine Mauer bauen, sondern Barrieren einreißen,“sagt
sie.
Clinton hat diesen Satz nach ihrem Sieg in South Carolina schon einmal
getestet, sie stellt damit eine ihrer Kernaussagen gegen Trumps großes
Wahlversprechen. Das kommt gut an bei ihren Fans. Es wird voraussichtlich
eine Strategie ihres Teams sein, um sich gegen Trump zu positionieren: Der
Konservative, der Mauern bauen will, gegen die Demokratin, die
Gleichstellung vorantreibt. „Je mehr man sich darauf konzentriert, was bei
der Präsidentschaftswahl auf dem Spiel steht, desto besser“, sagt Obamas
Exstratege David Axelrod gegenüber Politico. Clintons Rede reflektiert das
in Teilen. Es ist ein Balanceakt für die 68-Jährige. Denn bevor sich
Clinton gänzlich auf Trump – oder einen anderen Republikaner – einstellen
kann, muss sie sicher sein, nominiert zu werden.
Ihr demokratischer Rivale Bernie Sanders ist der erste Kandidat, der an
diesem Abend vor die Kameras tritt und spricht, kurz nach der Verkündung
seines Sieges in Vermont. Es ist der perfekte Moment für ihn, denn die
TV-Sender übertragen live und er kann feiern, dass er seinen Heimatstaat
gewonnen hat.
Sanders bleibt weiter bei seinem Programm: Er kritisiert Wallstreet,
Wahlkampffinanzierung, Ungerechtigkeit. „Es ist schön, nach Hause zu
kommen“, sagt er mit etwas müder Stimme. Noch ist er nicht bereit, seinen
Traum von der „amerikanischen Revolution“ aufzugeben. „Wir werden nicht
zulassen, das Milliardäre und Super PACs (Lobbygruppen, d.Red.) die
amerikanische Demokratie zerstören.“ Seine Unterstützer sind noch im
„Bernie-Fieber“, sie jubeln dem 74-Jährigen zu, der weiter im Rennen
bleiben wird. Genügend Geld dafür hat seine Kampagne eingesammelt.
Es ist jedoch unwahrscheinlich, dass Sanders noch eine große Chance hat,
für die Demokraten in den Präsidentschaftswahlkampf zu gehen. Zu stark
schneidet Clinton in vielen Bundesstaaten ab. Wie Umfragen voraussagten,
hat sie nicht nur die übergroße Mehrheit der afroamerikanischen WählerInnen
auf ihrer Seite. Hinter Clinten stehen auch diejenigen, die sich politische
Erfahrung wünschen und jemanden, der auch wählbar ist. Hinzu kommt das dem
amerikanischen Wahlsystem eigene Prinzip der Superdelegierten, die sich
frei festlegen können. Viele davon stehen bereits hinter der
Exaußenministerin.
Das weiß auch Sanders, der wiederholt sagt, es gehe in diesem Wahlkampf
nicht nur darum, den nächsten Präsidenten zu wählen. Sanders will seine
Inhalte möglichst lange auf der Agenda halten. Damit zwingt er Clinton,
darauf zu reagieren.
Am Sonntag steht das nächste TV-Duell zwischen den beiden an. Clinton wird
dabei zur großen Allgemeinheit sprechen, die sie im November wählen soll.
Zugleich aber darf sie nicht zu weit abrücken von den progressiveren Tönen,
die Sanders, der Grasswurzelkandidat, ihr aufgezwungen hat.
Mit einer Willensstärke und Zähigkeit, wie man sie von Clinton kennt und
erwartet, hat sich die 68-Jährige unbeirrbar nach vorne gekämpft. Sie wird
sich diesen Vorsprung nicht mehr nehmen lassen. Mitte März wird unter
anderem in Ohio und Florida gewählt, das sind wichtige Staaten mit vielen
Wahlmännern.
Und so wagt Clinton in ihrer Rede noch einen Seitenhieb auf die
Republikaner. „Die Rhetorik, die wir von der anderen Seite hören, ist nie
auf einem niedrigeren Niveau gewesen“, sagt sie in Hinblick auf den
schmutzig gewordenen Wahlkampf zwischen Trump, Rubio und Cruz. „Sie
versuchen, uns in ein „wir“ und „die“ zu trennen. Aber wir werden das n…
zulassen.“
Integration ist Clintons großes Schlagwort. „Ich glaube, was wir in Amerika
brauchen, ist mehr Liebe und Güte.“ In der kurzen Pause, die auf diesen
Satz folgt, ist das „Mr. Trump“ fast greifbar, das hier mitschwingt. Denn
an niemand anderen als ihren nächsten Gegner richtet sich Hillary Clinton
hier.
3 Mar 2016
## AUTOREN
Rieke Havertz
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