# taz.de -- Sekt statt Bier | |
> Glam und Glitter Strawberry Kaeyk und ihr erstes Studioalbum „We’re All | |
> Stars Now In The Drag Show“ | |
Bild: Strawberry Kaeyk in (glanz-)voller Montur | |
Tagsüber sitzen sie in Berliner Redaktionen, im queeren Stadtmagazin und | |
der linksalternativen tageszeitung, und nachts sind sie als Drag Queens | |
unterwegs. Seit über einem Jahrzehnt treten Strawberry Kaeyk zusammen auf, | |
daraus entwickelte sich eine Coverband, die live vor allem durch ihren | |
Humor besticht, sieht man von den funkelnden Kostümen ab. Das erste Album, | |
„Cover Grrrlz“, lag acht Jahre zurück, für ihr Studioalbum holten sie sich | |
finanzielle Unterstützung durch ein Crowdfunding. | |
„We’re All Stars now in the Drag Show“ war einer der ersten Songs, den | |
Strawberry Williams (Gitarre/Gesang) und Kaey Kiel (Gesang/Kostüm) vor elf | |
Jahren einstudiert haben. Ein Titel, der sehr an Marilyn Mansons „The Dope | |
Show“ erinnert und zugleich als Titel des Albums dient. Darauf sind zehn | |
Interpretationen von Hildegard Knef, Adele, Rihanna oder Jeans Team zu | |
hören. | |
Als älteste Vorlage diente Knefs One-Night-Stand-Aufarbeitung „Ich wollte | |
dich vergessen“ von 1966 und als jüngstes „Pferderennen“ von der Berliner | |
Band Peer von 2014. „Die neue Platte war ein guter Motivator, endlich | |
eigenes Material zu schreiben“, sagt Kaey Kiel. Neben drei Remixen sind | |
auch fünf eigene Songs vertreten, „Superficial“, „Manchmal“, „Bayern… | |
„Kaey“ und „Straw“. | |
Basis des Albums ist die Gitarre von Straw, die sich durch alle Lieder | |
spielt. Da ihre Bühnenpräsenz nicht ins Album einfließen kann, muss die | |
Musik das wettmachen, etwa durch den Einsatz einer Bratsche in „Skyfall“ | |
oder durch Glockenspieleinlagen. Produziert wurden die insgesamt 18 Tracks | |
von Marcus Mundus. Der Gesang wechselt zwischen Kaey und Straw als | |
Zweitstimme. Sie haben sich als Vorlage vor allem Popdiven wie Amy | |
Winehouse oder Sia herausgepickt, ihre Stücke umgetextet, neu | |
interpretiert, dann wird aus „Back to Black“ „Back to Drag“. Daneben | |
befinden sich Stücke von Freunden, die sie gecovert haben: wie der Song | |
„Millionär“, der im Original von Britta stammt. „In den 90ern habe ich d… | |
Lassie Singers gehört. Christiane Rösingers Song wollten wir, bevor wir sie | |
kannten“, sagt Straw. Auch das „Bayernlied“ ist mit der Sängerin verbund… | |
– es ist eine Hymne an Rösingers alternativ-queere Veranstaltungsreihe. Sie | |
bleiben bei Sekt statt Bier: „Am Kotti ist das ganze Jahr Oktoberfest: die | |
Flittchenbar“. | |
„Drag-Sein ist Teil meines Lebens“, sagt Kaey, die seit 15 Jahren auf der | |
Bühne steht und als Transfrau lebt. Kennengelernt haben sich Kaey und Straw | |
auf Drag Shows in Berlin. Trotz Auftritten beim Kreuzberger Christopher | |
Street Day oder Geburtstagen sind sie keine Partyband. „Es ist ein Stück | |
weit politisch und queer, als Drag aufzutreten“, sagt Straw, die im Alltag | |
das Kleid im Schrank hängen lässt. „Wir singen dieses Popsongs nicht, weil | |
sie Hits sind, sondern weil wir in ihnen ein Stück persönliche Wahrheit | |
entdecken.“ „Wenn ich die Portishead-Strophe ‚Give me a reason to be a | |
woman‘ als Transfrau singe, hat das noch mal eine ganz andere Bedeutung“, | |
sagt Kaey. Sich nur an Protagonisten wie die in der Queerszene sehr | |
beliebte Barbra Streisand oder Madonna zu orientieren, wäre ihnen zu | |
erwartbar, deshalb singen sie auch Songs von Jeans Team oder Britta. Sekt | |
statt Bier. | |
Was die Damen zwischen Schreibtisch und Bühne, Travestie und Unplugged | |
produzieren, ist zwar nicht immer perfekt, aber echt. So D.I.Y., wie ihre | |
Bühnenshow ist, sieht die pink bis rosa gehaltene Papierverpackung der CD | |
aus. | |
Natalie Mayroth | |
soundcloud.com/strawberrykaeyk | |
17 Feb 2016 | |
## AUTOREN | |
Natalie Mayroth | |
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