# taz.de -- Norwegen Das Ende des ölfinanzierten Luxus | |
Letzte Woche aß Norwegens Premierministerin Erna Solberg Pfannkuchen. Sie | |
war zu Gast am Küchentisch von Familie Gundersen in Stavanger, Norwegens | |
Ölhauptstadt. Vater Gundersen hat seinen Job verloren. Um 79 Prozent ist | |
die Arbeitslosigkeit in der Region seit Januar letzten Jahres gestiegen. | |
Premierministerin Solberg aß also Pfannkuchen, um ihr Mitgefühl mit den | |
Betroffenen auszudrücken, natürlich begleitet von TV-Kameras und | |
Pressevertretern. | |
Aber auch Solberg hat keine Lösung für die globale Ölkrise, die im | |
Südwesten des Landes einen ökonomischen Schock ausgelöst hat. | |
Jahrzehntelang war die Region eine Insel des Wohlstands in Europa, | |
finanziert von den Ölmilliarden aus der Nordsee. Arbeiter erlebten über | |
drei Jahrzehnte Sicherheit und alltäglichen Luxus. Viele Einwohner | |
verdienten hier um die 100.000 Euro im Jahr, und das ohne Hochschulstudium. | |
Sie kauften Ferienhäuser in den Bergen und konnten sich teure Reisen ins | |
Ausland leisten. | |
Seit dem Beginn des Ölpreisverfalls haben in Norwegen 27.000 Menschen ihre | |
Jobs verloren. Die Arbeitslosenversicherung kann nur ein Drittel des hohen | |
Einkommens ausgleichen. | |
„Es ist unmöglich, die Entwicklungen in den USA und im Nahen Osten | |
vorherzusehen“, sagt Tina Bru, stellvertretende Vorsitzende des | |
Energieausschusses im Storting, dem norwegischem Parlament. Die 29-jährige | |
stammt selbst aus der Ölförderregion Stavanger und erzählt, dass viele | |
Unternehmen sparen, ihre Kosten um 30 bis 40 Prozent gesenkt hätten, um | |
konkurrenzfähig zu bleiben. | |
2014 betrug der Anteil des Ölsektors am norwegischen BIP 18,6 Prozent, der | |
Anteil an den staatlichen Einnahmen lag bei 27 Prozent. Auch die Hälfte | |
ihrer Exporte verdanken die Norweger dem Öl. Doch trotz der großen | |
Abhängigkeit sind die norwegischen Staatsfinanzen noch nicht in Gefahr. | |
Grund dafür ist der norwegische Pensionsfonds, der ein Vermögen von | |
annähernd 800 Milliarden Euro aus den früheren Öleinnahmen verwaltet. Aber | |
auf lange Sicht kann der Staatshaushalt einen auf Jahre hin niedrigen | |
Ölpreis nicht verkraften. Denn das Geld des Fonds dient als Rücklage und | |
ist nicht für den Konsum bestimmt. | |
So stellt der niedrige Ölpreis die norwegische Politik vor eine große | |
Aufgabe. Vor wenigen Jahren versprach Finanzministerin Siv Jensen von der | |
rechtspopulistischen Fortschrittspartei noch, mithilfe der Ölmillionen die | |
Steuern zu senken, in Straßenbau zu investieren und hohe Pensionen zu | |
ermöglichen. Jetzt aber muss Jensen dafür sorgen, dass die Staatskasse | |
nicht zu hohe Einnahmen aus dem Öl verliert. | |
Per Anders Hoel | |
13 Feb 2016 | |
## AUTOREN | |
Per Anders Hoel | |
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