# taz.de -- Währung Bargeld abschaffen? Das wäre auch ästhetisch ein großer… | |
von Geraldine Oetken | |
Fassen Sie die Zeitung an, streichen Sie über die Bilder. Nehmen Sie sie | |
zwischen die Finger. Knistern und rascheln Sie, haben Sie einen Geldschein | |
im Portemonnaie oder leben Sie schon bargeldlos? Knistern Sie, fühlen Sie | |
mal. | |
45 Gramm wiegt das Zeitungspapier pro Quadratmeter, ein Euroschein ungefähr | |
90 Gramm. Die Seiten des Bildbands „Money“ haben sich mit 80 Gramm an die | |
weiche Beschaffenheit der Banknoten angenähert. Nur nicht so abgegriffen | |
wie die Scheine sind die Seiten, sondern glatt und glänzend. Die stark | |
vergrößerten Stahldrucke rauschen beim Blättern als flimmernde Bildchen | |
vorbei, prall füllen sie alle Seiten und das Cover, innen ist gleich außen. | |
Hat der Leser das Buch nur in die Hand genommen, tritt er schon in die | |
Motive ein. Leser? Außer Titel, Impressum und zwei Sätzen auf der letzten | |
Seite gibt es nichts zu lesen, nur zu sehen. Ohne Info-Beipackzettel fehlt | |
die Einordnung von wer-wo-was-wann, und beim Durchblättern wird schnell | |
vergessen, dass die Drucke Währungen sind. | |
Idyllischer Alltag, schöne Frauen, noch schönere Natur, glückliche | |
Familien, starke Arbeiter, starke Sportlerhelden, Fortschritt und | |
Tradition. Wie heil diese Welt doch sein kann. Jede Nation erzählt durch | |
die Währung ihre eigene idealisierte Geschichte. Nebeneinander ergeben die | |
Bilder eine visuelle Hymne auf die Welt, wie diese sich selbst sehen will. | |
Auf 222 Abbildungen gibt sie sich stark, halbwegs friedlich und wahnsinnig | |
erhaben. | |
„Die Bilder sollen hintereinander eine spannende Reise ergeben“, sagt die | |
Designerin Tania Prill. Zwischen hohen Bergen, sanften Meeren und | |
geschwungenen Flüssen ist der Euro nicht zu sehen. Warum? „Eine ästhetische | |
Entscheidung“, sagt Prill. | |
Als sich die EU auf das Design der Euroscheine festlegte, wählte man die | |
Symbolik der fiktiven Brücken, die die Nationen über ihre gemeinsame | |
Währung verbinden sollten. Doch heute, 15 Jahre nach der Einführung des | |
Euros, diskutieren die Länder über Grexits und Brexits, über Zaunbau und | |
Grenzsicherung. | |
Überhaupt muss das Bargeld der Eurozone zittern. Finanzminister Schäuble | |
fordert ein Verbot von Barzahlungen über 5.000 Euro, und die EZB überlegt, | |
den 500-Euro-Schein abzuschaffen. Damit sollen Steuerbetrug und Geldwäsche | |
bekämpft werden. Auch der Einzelhandel in der Stadt Kleve verzichtet seit | |
dem 1. Februar auf Ein- und Zwei-Cent-Stücke, weil der örtlichen Sparkasse | |
die Bereitstellung zu teuer ist. | |
Doch 2014 wurden laut einer Studie der Deutschen Bundesbank 53 Prozent der | |
Zahlungen in Deutschland bar getätigt. 103 Euro befinden sich | |
durchschnittlich im deutschen Portemonnaie, wo sie rascheln und ihre | |
Bildchen gegen die abgenutzte Innenseite drücken. Wissen Sie noch, wie die | |
Scheine genau aussehen? | |
Tania Prill, Alberto Vieceli und Sebastian Cremers haben im Januar den | |
Bildband „Money“ im Verlag Edition Patrick Frey herausgegeben | |
13 Feb 2016 | |
## AUTOREN | |
Geraldine Oetken | |
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