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# taz.de -- Auf Stroh gebaut
> WEITERBILDUNG Bauen mit Stroh ist umweltschonend und klimafreundlich. Die
> Strohballen-Bauweise hat allerdings ihre Tücken und sollte nicht ohne
> Vorkenntnisse angewendet werden
Bild: Auch das Verputzen von Wänden aus Strohballen will gelernt sein 
von Jannik Sohn
Ein Haus aus Strohballen: Was nach Bauernhofromantik klingt, ist eine
zugelassene Bauweise und wird immer beliebter. Gebäude aus Strohballen
verfügen über eine gute Wärmedämmung und sind klimafreundlich. Das
Verfahren der Strohballenbauweise lässt sich erlernen.
In Verden an der Aller steht das deutschlandweit höchste Haus aus
Strohballenbauweise. Hier befindet sich auch die Bildungswerkstatt für
nachhaltige Entwicklung (Biwena). Sie bietet eine Aus- und Weiterbildung
zur Fachkraft für Strohballenbau an. In 200 Unterrichtsstunden werden die
TeilnehmerInnen geschult – zu gleichen Teilen in Theorie in Praxis.
Der Unterricht behandelt Themen wie Bauphysik bis hin zu gewerblicher
Umsetzung vom Bauen mit Stroh. In der Praxis legen die angehenden
Strohfachkräfte selbst Hand an und bauen exemplarisch ein Strohballenhaus.
Dabei lernen sie die unterschiedlichen Bauweisen und Techniken. Die
Weiterbildung richtet sich vor allem an HandwerkerInnen, aber auch an
Menschen aus der Bauplanung, BerufsschullehrerInnen oder Arbeitssuchende.
Dittmar Hecken ist Vorstand der Biwena und einer der Dozenten in der 200
Unterrichtsstunden umfassenden Weiterbildung. Die wird seit 2011 jährlich
angeboten, mit etwa zehn bis fünfzehn TeilnehmerInnen. „Wir befinden uns in
einer Phase, wo man viele Informationen bereitstellen muss“, sagt Hecken.
Die Menschen müssten aktiv auf Stroh als Baustoff aufmerksam gemacht
werden, sagt er und nennt Strohballengebäude ein „Nischenprodukt“.
Viele der AbsolventInnen, sagt Hecken, nähmen die Ausbildung deshalb in ihr
Portfolio auf. „Die Aus- oder Weiterbildung ist eine zukunftsträchtige
Investition.“ Man brauche Dämmstoffe die niedrige Energiekosten
gewährleisteten, sagt der Dozent und verweist auf Stroh als Abfallprodukt.
Die Bauern und Bäuerinnen wüssten häufig nichts mit dem Stroh anzufangen,
die Energie zur Herstellung der Baustrohballen geht, laut Hecken, „gegen
Null“.
Auch die fertiggestellten Häuser sind laut Fachverband Strohballenbau
Deutschland (FASBA)energieeffizient und umweltfreundlich, die Gebäude
könnten Passivhaus-Qualität erreichen. Da die Wände entweder mit Kalk oder
Lehm verputzt werden, sind sie frei von Schadstoffen und überwiegend aus
nachwachsenden Rohstoffen. Durch das Verputzen ist das Stroh außerdem vor
Witterungseinflüssen und Ungezieferbefall geschützt. Und außerdem, ergänzt
Dittmar Hecken, sei das Verputzen mit Lehm „gesundheitstechnisch der beste
Baustoff“. Die Räume verfügten so über eine gute Luftfeuchtigkeit und seien
nicht zu trocken.
Für den Bau dieser speziellen Häuser benötigt man bestimmte Baustrohballen.
Die sind sehr dicht gepresst und dürfen keine abgerundeten Ecken haben. Für
den Bau nach deutschen Bestimmungen muss man zertifizierte Baustrohballen
verwenden. „Die Strohballen-Gebäude verfügen außerdem über einen guten
Brandschutz“, betont der FASBA, denn die Dichte der Ballen und die
Verkleidung mit Putz schützten das Stroh vor Feuer.
Doch beim Häuserbau mit Strohballen können auch Probleme auftreten. „Es
gibt auch Fallen“, sagt Hecker. Es sei äußerst wichtig, die Ballen
durchgehend trocken zu lagern – und das beginne bereits beim Bauern. Ein
feuchter Lagerraum reiche schon, damit die Strohballen nass werden und
letztendlich verfaulen können, erklärt er. Auch auf der Baustelle sollte
stets auf eine trockene Umgebung des Baustoffes geachtet werden. Beim
Verputzen des Strohs kann es ebenfalls zu Fehlern kommen: „Lehm und
Kalkputz haben ihre Eigenarten“, sagt Hecken. Deswegen sei es wichtig, im
Vorfeld den Umgang mit den sensiblen Materialien zu lernen.
Den Ursprung haben die Häuser aus Stroh in den Vereinigten Staaten. Hier
wurden bereits Ende des 19. Jahrhunderts erste Gebäude aus Strohballen
errichtet, vor allem in Regionen mit wenig Holz. 1936 wurde in den USA das
erste zweistöckige Haus mit der Stroh-Technik errichtet. Durch
konventionelle Baustoffe lange Jahre verdrängt, erlebte die Bauweise gegen
Ende des 20. Jahrhunderts ein Revival und erreichte so auch den
europäischen Kontinent.
In Deutschland gilt seit 2014 eine neue Bauzulassung für Gebäude aus
Strohballen. Sie erlaubt nun auch das beidseitige Verputzen der Wände mit
Kalk oder Lehm. Insgesamt gebe es in Deutschland aber noch immer weniger
Strohhäuser als in anderen europäischen Ländern, so Hecken. Doch durch die
neue Zulassung sei der Bau unkomplizierter geworden. Die Baubehörde könne
nicht gegen geplante Strohballenhäuser vorgehen, sagt er. Nur bei
abweichenden Baustilen, die nicht in der Zulassung enthalten sind, müsse
die Behörde eingeschaltet werden und einzelne Genehmigungen eingeholt
werden.
Auch für Städte ist der Strohbau geeignet. Europaweit gibt es mehrere
Beispiele für Mehrparteienhäuser nach der Strohballen-Bauweise. Im
französischen Saint Dié steht ein siebenstöckiges Gebäude. Es bietet 15
Wohneinheiten, jeweils mit 90 Quadratmetern Wohnfläche.
„Inzwischen kann man alles bauen, in den Städten, auf dem Land, überall“,
sagt Dittmar Hecken. In Deutschland stehe man zwar noch in den
Startlöchern, ergänzt er, doch er setzt auf die Kooperation mit Firmen, um
den Häuserbau mit Strohballen voranzutreiben.
Anmeldeschluss für die am 7. März beginnende Weiterbildung „Fachkraft
Strohballenbau“ ist am 12. Februar. Informationen: [1][www.biwena.de]
6 Feb 2016
## LINKS
[1] http://www.biwena.de/
## AUTOREN
Jannik Sohn
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