# taz.de -- Waschen & Surfen Das Internet wird oft alsdie wichtigste Erfindung … | |
Bild: Wäscht so schnell, dass man auch gleich nackt bleiben kann. England, 2001 | |
von Elisa Britzelmeier | |
Die Waschmaschine hat die Welt verändert. Sogar mehr als das Internet, sagt | |
der südkoreanische Wirtschaftswissenschaftler Chang Ha-joon. | |
Als das Internet? | |
Seit es in den Neunzigern in das Leben der Menschen eingezogen ist, redet | |
jemand, wenn es um Innovation gehen soll, in den allermeisten Fällen über | |
das Internet. Die einen listen auf, wie das Netz die Welt verändert hat, | |
die anderen fragen sich, ob sie analog ein anderer Mensch geworden wären, | |
und wieder andere schreiben Bücher wie „Ohne Netz: mein halbes Jahr | |
offline“ oder „Ich bin dann mal offline“. Ein Blick auf die ins Smartphone | |
starrenden Gesichter in den U-Bahnen der deutschen Großstädte, und man ist | |
sich sicher: Das Internet ist die wichtigste Erfindung aller Zeiten. | |
Alles Unsinn, sagt Chang Ha-joon. „Die Waschmaschine war revolutionärer als | |
das Internet“ heißt Kapitel vier in seinem Buch „23 Lügen, die sie uns ü… | |
den Kapitalismus erzählen“. Im Kern sagt der Ökonom Folgendes: Dass das | |
Netz alles verändert hat, ist eine Versprechung der falschen Ideologie des | |
freien Marktes. Die fordert eine Wirtschaft ohne Beschränkungen, | |
schließlich gebe es ja durch das Internet auch keine Grenzen mehr – aber | |
das ist Quatsch. Viel entscheidendere Veränderungen dagegen haben | |
technische Geräte gebracht, die mittlerweile ganz selbstverständlich | |
erscheinen – Waschmaschinen zum Beispiel. Natürlich hat das Internet | |
verändert, wie wir unsere Freizeit verbringen. Aber ob es tatsächlich auch | |
Arbeitsabläufe revolutioniert hat, ist schwer nachzuweisen. Als fleißiger | |
Büroarbeiter, der in der täglich anwachsenden Flut von E-Mails beinahe | |
ertrinkt, kratzt man sich da erst mal am Kopf. | |
Chang Ha-joons Lob der Waschmaschine ist natürlich überspitzt – ihm geht es | |
vor allem darum, den Glauben, dass immer die neuesten Erfindungen die | |
wichtigsten seien und darum den Markt veränderten, als Mythos des | |
Kapitalismus zu entlarven. | |
Aber was, wenn man die Waschmaschine ernst nimmt? Kann Chang recht haben? | |
Jacob Christian Schäffer war sich sicher, dass seine Erfindung die Welt | |
verändern würde. Schäffer, Superintendent der evangelischen Gemeinde | |
Regensburg, hatte in einem Magazin von einer Neuheit aus England gelesen: | |
der Waschmaschine. Eher nebenbei entwickelte der Theologe und | |
Naturwissenschaftler eine eigene, verbesserte Version. Um sie an die Frau | |
zu bringen, schrieb er im Jahr 1767 ein Buch. Der Titel: „Briefe eines | |
Frauenzimmers an ihre Freundin in St., die Waschmaschine betreffend.“ | |
Es war eine Idee, wie sie die Marketingabteilungen von heute suchen: Ein | |
nicht näher genanntes „Frauenzimmer“ berichtet von den eigenen Erfahrungen | |
mit der innovativen Maschine, erst noch skeptisch, dann überzeugt. Es war | |
ein Briefroman, wie sie im 18. Jahrhundert in Mode waren, ein Buch über | |
Schäffers Erfindung – und es war Werbung, ohne als solche aufzufallen. Zu | |
Beginn ist das fiktive Frauenzimmer alles andere als begeistert von der | |
neuen Erfindung – noch dazu von einem Mann: | |
(Zweyter Brief, Ausschnitt) | |
Wie! Find ich Sie ungedultig, bis Sie eine umständlichere Nachricht von der | |
Waschmaschine erhalten? Haben Sie schon vergessen, daß wir uns so feyerlich | |
entschlossen haben, nichts von dieser Erfindung des männlichen Geschlechtes | |
zu halten, weil dasselbe das Waschen nicht verstehet? | |
Doch viele reale Menschen ließen sich von Schäffers Waschmaschine | |
überzeugen. Er allein ließ 60 Maschinen bauen – der Erfolg lag nicht | |
zuletzt an seinem Briefroman. | |
Für den Ökonomen Chang ist die Waschmaschine nicht so sehr wegen ihrer | |
technischen Neuerungen bedeutsam, sondern wegen ihrer wirtschaftlichen und | |
gesellschaftlichen Folgen. Die Waschmaschine setzte, als sie in unsere | |
Keller, Bäder und Küchen einzog, eine große Menge Zeit frei. Die Zeit, die | |
Hausfrauen zuvor für die Wäsche brauchten, konnten sie nun auf anderes | |
verwenden – Bildung etwa. | |
„Meine Mutter erklärte mir den Zauber der Waschmaschine so: Jetzt, da wir | |
die Maschine angestellt haben, wird sie die Arbeit machen und wir können in | |
die Bibliothek gehen“, sagte der schwedische Medizinprofessor und | |
Datenanalyst Hans Rosling. Er hielt 2010 einen ganzen TED-Talk, also eine | |
möglichst inspirierende Rede, über Waschmaschinen und darüber, wie | |
ungerecht ihre Nutzung über die Welt verteilt ist. Bei Chang Ha-joon heißt | |
es: Neben der Anti-Baby-Pille waren es auch in Europa und den USA in erster | |
Linie die Waschmaschinen, Kühlschränke und Staubsauger, die Frauen den | |
Zugang zum Arbeitsmarkt möglich machten. Es waren immer noch die Frauen, | |
die die Hausarbeit erledigten. Aber weil sich das bisschen Haushalt fast | |
von allein machte, gingen sie raus, studieren und Geld verdienen. | |
Die Waschmaschine war revolutionärer als das Internet. So weit also zur | |
Theorie. Aber wie sieht es wirklich aus? Vielleicht sollte man mal | |
nachfragen bei denen, die es wissen müssen. Nicht bei Historikern oder | |
Ökonomen. Sondern bei Waschmaschinen-Verkäufern und im Waschsalon. Und bei | |
den Älteren, die den Wandel vom Waschbrett zur Waschmaschine miterlebten – | |
wer könnte es besser wissen? | |
## Beim Seniorentreff | |
Dass das hier kein Ort für Tattergreise sein will, verrät schon der Name. | |
Das „Jugendzentrum für Senioren“ in der Münchener Maxvorstadt ist ein | |
Treffpunkt für ältere Menschen, aber an Altersheim denkt hier keiner. Anna | |
Fink ist 67 Jahre alt, sie kommt jeden Tag, vor allem der Gesellschaft | |
wegen und wegen des Essens, das hier ausgegeben wird. | |
Sie hat noch mitbekommen, wie es früher war, ganz ohne Waschmaschine. „Die | |
Mutter hat mit der Bürste über die Wäsche geschrubbt“, sagt Fink, | |
dunkelgrauer Kurzhaarschnitt, Brille, und schüttet Zucker in ihren | |
Pfefferminztee. Früher war Fink Lehrerin, mit ihrer kleinen Rente heute hat | |
sie es nicht leicht, sagt sie. Sie trägt einen ausgewaschenen Seidenschal | |
zur schwarzen Faserpelzjacke und sitzt am Ende des langen Tischs, | |
Laugenbrötchen und Quarkrolle vor sich, sie nickt viel beim Erzählen. Am | |
Nachbartisch spielen zwei leicht zerzauste Herren Schach. | |
Als die erste Waschmaschine angeschafft wurde, war Fink ungefähr zehn. „Die | |
Mutter musste sich durchsetzen gegen den Vater, dass so was her muss“, sagt | |
Fink in bedächtigem Münchnerisch. „Das braucht’s nicht, hat der Vater | |
gedacht – später hat er es dann aber durchaus eingesehen.“ 1951 kam die | |
erste vollautomatische Waschmaschine auf den Markt, und erst in den späten | |
achtziger Jahren war sie in so gut wie jedem Haus Standard. In Finks | |
Familie gab es erst mal eine Halbautomatik, als Kind schüttete sie das | |
Wasser von Hand hinein. | |
Bis in die sechziger Jahre war es durchaus üblich, einen festen Waschtag zu | |
haben. Noch früher, als die Frauen für den Waschzuber erst Brennholz | |
beschafften, dann die Wäsche über Stunden kochten, mehrmals spülten, | |
auswrangen und zum Bleichen in die Sonne hängten, konnte es auch mehrere | |
Tage dauern. | |
(Erster Brief, Ausschnitt) | |
Ich brachte ihm all meine Einwendungen vor, welche ich gegen die | |
Waschmaschine zu machen hatte, ich sagte ihm, daß es unmöglich wäre zu | |
begreifen, daß in so kurzer Zeit die schmuzige Wasche so hell und so rein | |
könnte gemacht werden, als es bey der bisherigen Art zu waschen geschehen | |
ist (…) Ich wußte endlich nichts weiter gegen seine Gründe aufzubringen, | |
als daß ich mein Mitleiden mit den Waschweibern bezeugte, welche dadurch | |
Noth und Mangel leiden würden, indem derselben eine große Anzahl wäre, und | |
diese vielleicht auf keine andere Art ihren Unterhalt künftig gewinnen | |
könnten. | |
## Im Elektrofachhandel | |
Thomas Meier verkauft seit 1986 Waschmaschinen, und in dieser Zeit sind die | |
Geräte kontinuierlich billiger geworden. Er trägt an diesem Vormittag im | |
Charlottenburger Fachhandel ein Hemd, so weiß, dass man sich als Gegenüber | |
der Fussel auf der eigenen Jacke schämt. Hinter ihm stehen Waschmaschinen | |
Rücken an Rücken, stapeln sich Trockner akkurat übereinander, zwischen 399 | |
und 1939 Euro kostet das Stück. „Früher war es noch ein echter Einschnitt, | |
sich eine Waschmaschine zu kaufen“, sagt er halb im Vorbeigehen, „und wenn | |
sie sich in anderen Ländern die Frauen am Fluss anschauen, dann können wir | |
doch nur froh sein.“ Er wendet sich beflissen einer Kundin zu, die | |
Preisschilder studiert. | |
Die Verbreitung von Vollautomaten brachte nicht nur Erleichterung mit sich | |
– auch die Ansprüche wuchsen. Früher wurde die Wäsche schlicht nicht so oft | |
gewechselt. Heute wird mit weniger Aufwand gewaschen, dafür aber immer | |
häufiger. | |
Meiers Kollegin hinter dem Beratungstisch arbeitet auch schon seit 25 | |
Jahren in dem Bereich. „Heute sieht man den Kaffeeautomaten in der Küche | |
als Statussymbol, früher war das mal die Waschmaschine“, sagt sie. Sonst | |
habe sich eigentlich nicht viel verändert. Oft kämen Ehepaare ins Geschäft, | |
die auf eine gute Waschmaschine gespart haben. Dann sei nach wie vor die | |
Frau diejenige, die überlege, wo die Maschine stehen soll und in welche | |
Richtung die Tür aufgehen muss. | |
Und das Internet? „Die Waschmaschine hat uns mehr Freiraum gegeben“, sagt | |
die Verkäuferin, „das Internet dagegen frisst so viel Zeit für Unnützes.“ | |
Wird die Waschmaschine nicht genug gewürdigt? „Jedenfalls ist kaum noch | |
jemandem präsent, wie wichtig die ist. Dabei möchte doch kein Mensch mehr | |
mit dem Waschbrett waschen.“ Eigentlich schade, findet sie. | |
Ist die Waschmaschine wirklich von allen vergessen? Im April 2015 befragte | |
TNS Emnid tausend Menschen, welche Erfindung für sie die wichtigste sei. | |
Zur Auswahl standen unter anderem Aspirin, Kaffeekapseln und die Pille. Die | |
Waschmaschine lag vorne. Sie kam auf 44 Prozent, das Internet nur auf 27. | |
Von den befragten Frauen nannten sogar 55 Prozent die Waschmaschine und nur | |
18 Prozent das Internet. Die Waschmaschine scheint immer noch vor allem | |
Frauenleben zu beeinflussen. | |
(zweyter Brief, Ausschnitt) | |
Er befahl auch sogleich zweyen von seinen Leuten, die Waschmaschine in | |
seine Stube hereinzubringen, damit ich sie mit aller Bequemlichkeit | |
betrachten könnte, worauf er mir alle Theile derselben beschreiben und den | |
Nutzen davon erklären wollte. (...) Sie war so einfach und ungekünstelt, | |
dass ein Bauer vom Lande, der von der Waschmaschine nie etwas gehöret, sie | |
vielleicht für eine Art eines Butterfasses würde angesehen haben. | |
## Im Waschsalon (mit WLAN) | |
Ein Nachmittag in Berlin-Friedrichshain, die „Lavanderia“ ist Waschsalon | |
und Café in einem. Eine Wand aus Glas und weiß gestrichenen Holzbalken | |
trennt die beiden Bereiche, 6,5 Kilo Wäsche kosten 3 Euro 90. Steffen | |
Fiedler, 31, mit Bart, leicht angeschmuddelten Turnschuhen und einem weiten | |
grauen T-Shirt, das ihn noch schlanker wirken lässt, sitzt vor der Reihe | |
aus Waschmaschinen und liest, Scott Jurek, „Eat and Run: Mein | |
ungewöhnlicher Weg als veganer Ultramarathon-Läufer an die Weltspitze“. | |
Fiedler kommt einmal die Woche, er wohnt gegenüber und sträubt sich | |
dagegen, eine eigene Waschmaschine zu kaufen. Für ihn wäre das nur eine | |
Verschwendung von Ressourcen. Und er genießt die Waschausflüge. „Das ist | |
der einzige Moment der Woche, in dem ich eine Stunde Zeit zum Lesen habe“, | |
sagt er. | |
Fiedler macht beruflich was mit Design und Programmieren, er nutzt das | |
Internet eigentlich dauernd. Am Waschtag nicht. Obwohl es in der | |
„Lavanderia“ WLAN gibt. Die Maschinen rumpeln hinter türkisgrünen Gehäus… | |
vor sich hin, ein wenig größer und robuster als Waschmaschinen im Haushalt. | |
Was ist nun wichtiger, Waschmaschine oder Internet? Fiedler muss erst mal | |
überlegen. „Gesellschaftlich hatte die Waschmaschine wahrscheinlich | |
stärkere Auswirkungen als das Internet, sagt er dann, „der Kühlschrank | |
vielleicht noch mehr.“ Andererseits – ist nicht das Digitale etwas komplett | |
Neues, während die Waschmaschine nur eine Weiterentwicklung vorhandener | |
Techniken ist? Und der Arabische Frühling, das sei doch ein Ereignis, das | |
ohne Internet undenkbar gewesen wäre, oder nicht? | |
Dann erzählt Fiedler von seiner Oma. Die hatte früher noch keinen | |
Vollautomaten und benutzte eine extra Schleuder für die Wäsche. Und als er | |
ihr zum ersten Mal Skype zeigte, „fiel sie aus allen Wolken“. | |
Gewiss, das Internet hat Aufstände befördert und vermeintliche Wunder real | |
werden lassen. Aber liegt es nicht daran, dass wir das Internet wahrnehmen, | |
wegen all des Lärms, der darum gemacht wird – während die Revolution der | |
Waschmaschine heimlich, still und leise vor sich ging? | |
Nebenan sitzen zwei Amerikanerinnen mit Macbooks am Cafétisch, jede eine | |
Plastiktüte mit Wäsche neben sich. Gegenüber ist ein Hostel, viele | |
Backpacker kommen zum Waschen und um das WLAN zu nutzen. | |
„Die bestellen dann einen Kaffee und hängen drei Stunden rum“, sagt Max | |
Meiszner, der hinter dem Tresen Kaffeetassen sortiert und sonst auch mal | |
die Waschmaschinen sauber macht. Er grinst so breit, dass sein Ärger | |
gespielt klingt. Meiszner ist 24 Jahre alt und Berliner, er wäscht daheim | |
und nicht hier, und das Internet nutzt er nur zum Musikhören und | |
Filmeschauen, sagt er. „Ich könnte ganz gut drauf verzichten.“ Er versteht | |
diesen ständigen Kontakt zu anderen nicht. „Das ist der große Vorteil des | |
Internets und zugleich das Schlimmste daran.“ Und dass es Grüppchen gibt, | |
in denen sich die Leute gegenübersitzen, aber alle schauen nur aufs | |
Smartphone, das nervt ihn gewaltig. Er will nach Neuseeland, für länger. | |
Und wenn er mal weg ist, dann wird er sich nicht so oft melden, sagt er. | |
(Dritter Brief, Ausschnitt) | |
Ich gestehe es Ihnen, meine liebe Freundin! daß ich ganz erstaunt und | |
voller Verwunderung war, da ich die Würckung dieser Maschine erblickte. Es | |
ginge mir wie einem traumenden und ich konnte mich lange nicht bereden, | |
meinen eigenen Augen zu trauen. | |
Zurück in München, im „Jugendzentrum für Senioren“. Neben Anna Fink sitzt | |
ihre Freundin Gertrud Annegret Vigo. Vigo hat hellblaue Augen und trägt | |
einen schwarzen Stoffhut mit Krempe über dem weißen Haar, der ist ihr | |
Markenzeichen, sagt sie. Auch sie kann sich an Waschtage und Waschküchen | |
erinnern und an das Waschbrett, das es auf dem Bauernhof ihrer Großeltern | |
gab. Doch das Internet ist für sie die bedeutendere Erfindung. Wenn sie | |
aufsteht, braucht sie einen Stock, sie spricht energisch und viel, und am | |
liebsten über ihr Leben online. Sie hat mehr als 300 Freunde auf Facebook, | |
darunter viele Araber und Südamerikaner, auch eine Liebelei mit einem Mann | |
aus dem Jemen, den sie noch nie gesehen hat. Früher lebte sie lang im | |
Ausland, war mit einem Peruaner verheiratet, bekam vier Kinder, arbeitete | |
als Sprachlehrerin und bei einer Versicherung im Büro. „Und als die | |
Computer aufkamen, hab ich das einfach probiert.“ | |
Anna Fink kann damit nichts anfangen. Sie hat eine E-Mail-Adresse, aber | |
schaut nur selten rein. Sie weiß, dass online alles überwacht wird. Dass | |
mit ihren Daten Gott weiß was passieren könnte, ist ihr nicht geheuer. | |
„Vielleicht ist das altersbedingt“, sagt Fink. Sie telefoniert lieber. Vigo | |
neben ihr schüttelt den Kopf. „Dass du nicht einsiehst, dass das Internet | |
alles viel bequemer und schneller macht!“, sagt sie. „Ja was, schneller! | |
Wenn man alt ist, darf es doch auch mal langsam gehen, oder?“ | |
## Im Schleudergang | |
Dass durch das Internet alles viel schneller wurde als je zuvor, ist ein | |
Irrglaube, wenn man Chang Ha-joon folgt. Der Ökonom macht eine Rechnung | |
auf: Vergleiche man das Netz mit der Erfindung des Telegrafen, dann gewinne | |
der Telegraf. Denn ein Telegramm zu übertragen, sei 2.500-mal schneller, | |
als einen Brief mit gleich vielen Wörtern zu schicken. Und das Internet? | |
Zehn Sekunden braucht man, bis ein Fax am anderen Ende der Leitung ankommt. | |
Bei der E-Mail sind es eine oder zwei – die Steigerung ist also wesentlich | |
geringer. | |
Anna Fink findet: Wenn man nicht mehr berufstätig ist, braucht man dieses | |
Internet ganz gewiss nicht. | |
Gertrud Annegret Vigo findet: Immer alles mitzubekommen ist ein großer | |
Vorteil. | |
Sie liest vor allem Nachrichten online, auf dem Tablet oder dem Smartphone. | |
Das steckt in einer Hülle, die wie eine kleine Lederhose aussieht. Und die | |
Waschmaschine? „Hab ich, ja, benutze ich auch einmal die Woche, aber | |
Hausarbeit hat mich nie interessiert. “ Ihre Waschmaschine wäscht trotzdem | |
weiter, brav und bescheiden. | |
(Sechster Brief, Ausschnitt) | |
Es war mir sehr angenehm aus Ihrem letztern Schreiben zu vernehmen, daß Sie | |
sogleich eine Waschmaschine für mich bestellet haben und deren baldige | |
Lieferung hoffen können. | |
30 Jan 2016 | |
## AUTOREN | |
Elisa Britzelmeier | |
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