# taz.de -- heute in hamburg: „Mit überlegener Moral“ | |
> Premiere Kobane-Solidaritätsbrigaden stellen mit Dokumentarfilm ihre | |
> Aufbauhilfe in Syrien vor | |
taz: Hat Ihre Familie keine Angst, wenn Sie in eine der am stärksten | |
umkämpften Regionen der Welt reisen, um zu helfen? | |
Narzisse Nianur: Generell war die Rückmeldung positiv. Mein Sohn ist sehr | |
stolz auf mich, meine Freunde und Arbeitskollegen waren zu Anfang | |
skeptisch. Sie haben aber verstanden, dass es richtig ist, anzupacken – und | |
haben sogar gespendet. | |
Warum Kobane? Die gesamte Region ist vom Bürgerkrieg gebeutelt. | |
Kobane ist die erste Stadt, die den Islamischen Staat vernichtend | |
geschlagen hat – mit unterlegenen Waffen, aber mit überlegener Moral. Die | |
Stadt wurde zum Symbol für das Durchhalten, Nichtaufgeben. Dort herrscht | |
die Vision einer demokratischen Gesellschaft, die fasziniert und | |
inspiriert. Natürlich muss man auch in anderen Städten aufbauen, Kobane ist | |
nur eine Region unter vielen. | |
Warum müssen Laien anfassen, gibt es keine Hilfsorganisationen? | |
Bei uns steht das gemeinsame Helfen im Vordergrund. Es herrscht ein enges | |
Miteinander, wir wollen mit der Bevölkerung bauen und nicht für sie. Wir | |
haben uns bewusst auf die Ebene der Bewohner begeben, wie sie gewohnt und | |
wie sie gegessen. Abgesehen davon gibt es schlichtweg keine NGO in der | |
Region – unser Gesundheitszentrum ist das erste Projekt seit der | |
Selbstbefreiung vor einem Jahr. Die Zerstörung ist immer noch groß, die | |
Häuser sind gezeichnet von schweren Straßenkämpfen. | |
Hatten Sie selbst keine Angst? | |
Man hat ein mulmiges Gefühl, wenn man in einer Nacht-und-Nebel-Aktion die | |
Grenze zu Syrien überquert, keine Frage. Die erste Brigade ist in ein | |
Massaker des IS gekommen und auch bei uns gab es Bombenanschläge. In Kobane | |
selbst haben wir uns gut beschützt gefühlt. Man wird jeden Tag erinnert, | |
dass unser Tun nichts gewöhnliches ist, aber es bestand nie ein Zweifel an | |
der Sache. | |
Was kann die deutsche Politik tun? | |
Der türkische Präsident Erdogan ist maßgeblich für die Situation Kobanes | |
und der Kurdengebiete verantwortlich. Die Grenzen sind zu und Hilfsgüter | |
kommen nicht an – das ist kriminell! Das Hofieren Erdogans muss aufhören, | |
da müssen wir die Bundesregierung einfach in die Pflicht nehmen. | |
Interview: NR | |
Filmpremiere „Den Sieg sichern! Zum Wiederaufbau von Kobane“: 19 Uhr, Uni | |
Hamburg, Von-Melle-Park 9 | |
20 Jan 2016 | |
## AUTOREN | |
Nils Reucker | |
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