# taz.de -- heute in hamburg: Der befleckte Wohltäter | |
> TAZ SALON Wie sollte man mit Geldgebern umgehen, die eine | |
> NS-Vergangenheit haben? | |
Die Bremer Spedition Kühne und Nagel ist gerne in den Medien. Klaus-Michael | |
Kühne, der 78-jährige Erbe des weltweit tätigen Logistikunternehmens, | |
sponsert öffentlichkeitswirksam den HSV und bewahrte die ehemals insolvente | |
Reederei Hapag-Lloyd vor dem finanziellen Ruin. Auch für das | |
prestigeträchtige Projekt Elbphilharmonie war er Geldgeber. Geht es aber um | |
die eigene Konzerngeschichte, schweigt der Spediteur lieber. | |
Zum 125-jährigen Jubiläum der Konzerngründung präsentierte das Unternehmen | |
die eigene Geschichte in bunten Bildern in einem eigens dafür | |
ausgestatteten Truck auf dem Bremer Marktplatz. Mittlerweile ist ein | |
Weltunternehmen mit Sitz in der Schweiz aus dem norddeutschen Betrieb | |
geworden, der 1890 von August Kühne und Friedrich Nagel aufgebaut wurde und | |
heute fast 63.000 Mitarbeiter zählt. Scheinbar eine norddeutsche | |
Erfolgsgeschichte. | |
Einen genauen Blick auf das dunkelste Kapitel des Logistik-Unternehmens, in | |
der Zeit während der NS-Diktatur, werfen die Verantwortlichen aber auch zum | |
Jubiläum nicht. Schon damals tat das Unternehmen, was es am besten konnte: | |
Güter transportieren. Allerdings die Möbel und Habseligkeiten deportierter | |
Juden, die vor allem aus den Benelux-Ländern ins Reich geschafft werden | |
sollten. | |
Musste sich das schwerreiche Unternehmen den Nazirichtlinien unterwerfen, | |
hat es lediglich aus Überlebensinstinkt mit dem Regime kooperiert, wie es | |
von Seiten der Geschäftsführung heißt? Wohl kaum. Historiker sehen in der | |
Arbeit für den Führer ein lukratives Geschäft, an dem sich Alleininhaber | |
Kühne bereichern wollte, nachdem der Anteilseigner Adolf Maas – ein | |
Unternehmer mit jüdischen Wurzeln, der später in Auschwitz ermordet wurde – | |
aus dem Geschäft gedrängt wurde. Sogar eine „relative Nähe zum Massenmord�… | |
wird der Spedition vom Historiker Frank Bajohr vom Münchner Zentrum für | |
Holocaust-Studien bescheinigt. | |
Viele Aspekte dieser Vergangenheit wurden von Journalisten und Historikern | |
aufgearbeitet. Kühne und Nagel will offenbar nicht mit seiner Vergangenheit | |
reinen Tisch machen. Ob und wie man mit einem finanziellen Wohltäter | |
umgeht, der so wenig Verantwortung für die Taten des eigenen Unternehmens | |
übernehmen will, soll heute Abend im taz Salon diskutiert werden: Aufs | |
Podium geladen sind Norbert Hackbusch, wirtschafts- und kulturpolitischer | |
Sprecher der Fraktion Die Linke, Thomas Kerfin vom HSV-Supporters Club, | |
Hansjörg Schmidt, wirtschaftspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion sowie | |
Cornelia Rauh, von der Gesellschaft für Unternehmensgeschichte. (taz) | |
taz Salon „Die Stadt, der Sponsor und die Geschichte“: 19:30 Uhr, | |
Kulturhaus 73, Schulterblatt 73; Eintritt frei | |
19 Jan 2016 | |
## AUTOREN | |
Nils Reucker | |
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