# taz.de -- heute in hamburg: „Anfällig für Missbrauch“ | |
> Ausstellung KZ-Gedenkstätte Neuengamme öffnet dunkles Kapitel in | |
> Hamburger Fußballgeschichte | |
taz: Herr Diercks, wann waren Sie zuletzt im Stadion? | |
Herbert Diercks: Das ist schon eine Weile her. Ich habe damals meinen Sohn | |
begleitet, der im Verein spielte, und habe vom Rand aus zugesehen. | |
Haben Sie schon selbst Rassismus im Stadion erlebt? | |
Ständig hört man von Auseinandersetzungen und Diskriminierung – aber auch | |
von Aktionen gegen Rechts. Engagement ist wichtig und kann Erfolge | |
erzielen. Eine Kollegin kennt die HSV-Fanszene und hat herausgefunden, dass | |
das Auftreten rechter Gewalttaten im Fußball im Vergleich zu den 1980ern | |
gesunken ist. Darauf darf man sich jedoch nicht ausruhen, die | |
Auseinandersetzung mit der Vergangenheit muss permanent betrieben werden. | |
Wird in Vereinen diese Arbeit ausreichend geleistet? | |
Ich weiß, dass das Thema in aktuellen Diskussionen eine Rolle spielt, auch | |
bei den Fans. Teilweise gehört es sogar zur Identität des Vereins. Der HSV | |
hat beispielsweise Ausstellungen zum Thema Nationalsozialismus organisiert | |
und uns für Recherchezwecke sein Archiv geöffnet. | |
Trifft auch die Mitglieder Schuld am Fußball unterm Hakenkreuz? | |
Die bunte Sportlandschaft der Weimarer Republik wurde ab 1933 radikal | |
beschnitten, natürlich von Seiten des Regimes. Aber auch Mitglieder der | |
einzelnen Clubs haben offen kollaboriert, so wurden zu dieser Zeit immer | |
weniger jüdische Vorsitzende gewählt und damit aus den Vereinen verdrängt. | |
Der vorauseilende Gehorsam war ein gesamtgesellschaftliches Phänomen. | |
Wofür soll mit der Ausstellung Bewusstsein geschärft werden? | |
Wir möchten zeigen, wie anfällig vor allem populärer Volkssport für | |
Missbrauch von Regimen ist. Der Fußball im Dritten Reich ist ein | |
Paradebeispiel, da sich Menschen eigentlich aufgrund ihrer Interessen | |
demokratisch zusammenschlossen – das aber durch die NS-Manipulation ad | |
absurdum geführt wurde. | |
Kann man das aus Geschichtsbüchern lernen? | |
In Büchern wird darüber leider selten erzählt. Man erfährt nur von den | |
abstrakten Linien der Nazi-Diktatur. Bei uns wird die ganze Geschichte | |
konkret und vorstellbar. Unsere Hoffnung ist, dass wir auch bei solchen | |
Menschen Interesse wecken, denen Geschichte und Politik egal ist. Wir | |
nutzen die Popularität des Sports, um Geschichtsbewusstsein zu vermitteln. | |
NR | |
„Hamburger Fußball im Nationalsozialismus“: 18 Uhr, Bürgersaal Rathaus | |
14 Jan 2016 | |
## AUTOREN | |
Nils Reucker | |
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