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# taz.de -- zwischen den rillen: Unruhige Bewegung
Jennylee: „Right On!“ (Rough Trade)
Klein und zusammen, so schreibt sich Warpaint-Bassistin Jenny Lee Lindberg
auf ihrem Debütalbum: jennylee. Betitelt ist es dann auch konsequent mit
„Right On!“. Das bedeutet so viel wie weiter so. Und die Coverart ist
ebenfalls erwähnenswert: Sie mutet an wie das Plakat für ein Tanzstück: Zu
sehen ist eine Frau, die sich im Moment der Bewegung befindet, in sich
gekehrt, aber ausdrucksvoll.
Lindberg hat in Interviews schon des Öfteren ihre Faszination für Tanz und
Bewegung bekundet. Diese Faszination hat die 34-Jährige auch bei ihrer Band
Warpaint und deren verträumten Psychedeliasound mit rollenden Bässen zum
Ausdruck gebracht – für viele Fans die entscheidende Klangsignatur der Band
aus Los Angeles. In der Musik von „Right On!“ bedeutet die Bewegung aber
noch mehr. Sie bezieht gleichzeitig Lindbergs Flanieren zwischen
unterschiedlichen musikalischen Stilen und Stimmungslagen mit ein.
Der Song „Never“, erste Singleauskoppelung des Albums, ist eine
Zusammenfassung von all dem, was Lindberg am Herzen liegt: Die dunkel
schlierenden Gitarrenhooklines sind offensichtlich von den frühen The Cure
inspiriert. Auch Joy Division wird auf „Right On!“ mehrmals zitiert, aber
am deutlichsten herauszuhören ist eine melancholische Leichtigkeit und
dieser Pop-Hoffnungsschimmer, wie ihn einst New Order vorgemacht haben.
Auch jennylee wechselt von discoiden Grooves und dubbigen Bässen ansatzlos
zu Shoegazer-Dreampop. Diese subtilen Twists ziehen sich durch das Album
und kennzeichnen auch die Produktion, die jennylee zusammen mit Norm Block,
einem Mitglied des kalifornischen Noiserock-Trios Plexi, verantwortet hat.
In dem Song „Boom Boom“ lässt jennylee die Synthesizer zwitschern, das
erinnert an die achtziger Jahre, wirkt aber lange nicht so filmisch wie die
Originale. Ihre Songs und Melodien sind sehr eingängig, bleiben aber
unaufdringlich. Die schläfrig nebligen Geständnisse von „Long Lonely
Winter“ und der trockene Humor von „He Fresh“ lassen daran denken, dass
jennylee mit den Popskizzen von Inga Copeland mehr gemein hat als mit
Gothicpop oder New Wave – zwei Genres, denen sie oft zugeordnet wird.
Was „Right On!“ letztlich ausmacht, ist die Entscheidung, nur sich selbst
verpflichtet zu sein und die Dinge leicht nehmen zu können. Das erinnert an
das schwer auszurechnende Werk ihres Ehemanns, des Regisseurs Chris
Cunningham, der eigenwillige Musikvideos für Björk oder Madonna gedreht
hat. Vor allem aber erinnert die Musik von jennylee daran, was schon
Warpaint bei ihren Fans so beliebt gemacht hat, die Lockerheit und die
künstlerische Freiheit, nicht in Perfektion zu zergehen. Auch Lindbergs
Soloalbum weist diese charakteristische organische Rohheit im Klangbild
auf.
Sogar wenn sie „it’s a riot!“ schreit, bewahrt Lindbergs Stimme diese
selbstbestimmte Kühle. Ihre Songs haben etwas von einem Tagebuch, sie
öffnet sich, ohne sich ständig positionieren zu müssen. Sie beschreibt in
ihren Texten die Unruhe in der US-Gesellschaft, aber erlaubt sich auch,
Schwächen mitzuteilen oder einfach nur lustig zu sein. Das Melodramatische,
mit denen so viele Popsängerinnen kategorisiert werden, fehlt jennylee
dagegen. Dafür kreiert sie Leichtigkeit mit Simplizität. Was jennylee
einzigartig macht, sind ihre so schlichten wie schönen Melodien, wie sie
diese allein durch ihre einprägsamen Basslines komponiert. Seda Niğbolu
10 Dec 2015
## AUTOREN
Seda Niğbolu
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