# taz.de -- Die Wahrheit: Der homosexuelle Mann … | |
> Nach 20 Jahren, in denen diese Kolumne die Leser durch die schwule Welt | |
> begleitet und geleitet hat, ist es an der Zeit, eine Ära zu beenden. | |
Bild: Der dienstälteste Kolumnist der Wahrheit: Elmar Kraushaar im Jahr 1991. | |
. . . geht in Rente. Ach Quatsch, das war ein Scherz! Homosexuelle Männer | |
gehen nicht in Rente, sie werden lediglich älter, bleiben aber vital und | |
aktiv ihr Leben lang. Das sind sie ihrer Veranlagung schuldig. | |
Ich aber, der Autor dieser Kolumne, höre auf. Nach dreißig Jahren, in denen | |
ich jeden Monat meinen ganz persönlichen Blick auf die Welt der Homo- und | |
der Heterosexuellen geworfen habe. Die ersten zehn Jahre war ich in der | |
Berliner Stadtzeitung Siegessäule und später in dem überregionalen | |
Monatsmagazin Magnus unterwegs, bis ich im Februar 1995 in die taz | |
gewechselt bin. | |
Je einmal pro Monat – das war die Idee – wollten meine lesbische Kollegin | |
Viola Roggenkamp und ich uns homosexueller Frauen und Männer annehmen, | |
subjektiv, kritisch und unzensiert, ohne die Perspektive unserer | |
heterosexuellen Kollegen zu berücksichtigen. Viola blieb nur kurz dabei und | |
widmete sich anschließend mit ganzer Kraft ihren wunderbaren Büchern. Ich | |
machte alleine weiter und genoss das Privileg, mich alle vier Wochen auf | |
100 Zeilen einem Thema oder einer Person meiner Wahl zuzuwenden. | |
In meiner allerersten taz-Kolumne schrieb ich über „Mr. Tagesschau“, den | |
schwulen Werner Veigel, und den Wunsch der Schwulen nach Respektabilität | |
und Ansehen. Ein paar Monate später landete ich einen Knaller, der | |
katastrophale Missverständnisse nach sich zog. In dem Text kritisierte ich | |
den feigen Umgang der Schwulenbewegung mit Pädophilen. Ich forderte, sich | |
mit ihnen auseinanderzusetzen, anstatt sie totzuschweigen. Das bringt mir | |
bis heute den zweifelhaften Ruf eines Pädoliebchens ein, und in vielen | |
Medien muss diese Kolumne immer wieder als Beleg für die pädofreundliche | |
Haltung der taz noch in den neunziger Jahren herhalten. | |
Zwar nur von schwulen Lesern, aber mindesten genauso heftig wurde mir ein | |
paar Jahre später eine andere Kolumne um die Ohren gehauen. Darin erzählte | |
ich von einem Freund, mit dem ich noch in den siebziger Jahren | |
schwulenpolitisch unterwegs war, der sich dann aber für sein Leben anders | |
entschied, eine Frau heiratete und Vater zweier Kinder wurde. Für meine | |
Kritiker war klar: jetzt war ich endgültig rechts und redete den | |
Homoheilern das Wort. | |
Bei aller Freiheit der Themenwahl wurde die Kolumne zweimal zensiert in den | |
zwanzig Jahren, aparterweise jeweils von einer lesbischen Chefredakteurin, | |
die den Text von der Wahrheit-Seite nahm und ein Erscheinen verhinderte. | |
Der Grund für den rabiaten Eingriff hieß beide Male Jan Feddersen. Ich | |
hatte den schwulen taz-Redakteur kritisiert, das aber war nicht erlaubt. | |
Feddersen gehört offensichtlich zu den Unberührbaren, jedenfalls in dieser | |
seiner Zeitung. | |
Selbst wenn ich die Kolumne schließe, höre ich doch nicht auf zu schreiben, | |
andernorts und hier – in anderer Form. Denn Homo-Ehe, Volker Beck und | |
blöden Heteros gebührt weiterhin auch Widerspruch. Und – siehe oben – | |
schwule Männer gehen nicht in Rente. | |
15 Dec 2015 | |
## AUTOREN | |
Elmar Kraushaar | |
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