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# taz.de -- "Schlicht überfordert"
> Hilfe Dass Flüchtlinge am Lageso auch mit Willkür rechnen müssen, liegt
> vor allem am Personalmangel dort, meint Helferin Karin Windt
taz: Frau Windt, Sie begleiten Flüchtlinge auf Termine zum Landesamt für
Gesundheit und Soziales (Lageso). Was erleben Sie dort?
Karin Windt: Das ist ganz unterschiedlich, vor allem erleben wir, dass
Flüchtlinge, die einen Termin haben, selbst dann, wenn auf der Terminkarte
steht: „Zutritt gewährleisten“, nicht hineinkommen. Wenn sie eine deutsche
Begleitung haben, geht das. Das hängt auch immer von der jeweiligen
Ordnungskraft ab.
Das klingt ziemlich willkürlich.
Ja, teilweise ist das leider so. Noch ein Beispiel: Vergangene Woche wurde
einer Familie bei der Auftragsannahme die rote Terminkarte abgenommen. Die
Begründung war, dass sie eine neue, blaue Karte erhalten würde. Die rote
Karte, also die für Personen in den ersten Monaten, die noch verpflichtet
sind, in einer Erstaufnahmeeinrichtung zu wohnen, sei nicht mehr notwendig.
Später erhielt der Familienvater am Lageso keine Wartemarke – mit der
Begründung, er hätte seine rote Terminkarte nicht. Er solle zurück ins Haus
und sich seine rote Karte wiederholen. Doch ohne die wurde er auch nicht
mehr ins Haus gelassen. Erst später gab man ihm doch eine Marke. Er wurde
an dem Tag aber nicht mehr aufgerufen.
Woran hakt es nach Ihrem Eindruck beim Lageso am meisten?
Personalmangel. Die meisten sind schlicht überfordert. Viele arbeiten sehr
engagiert und teilweise über ihre Arbeitszeiten hinaus. Insgesamt sind es
aber zu wenige Leute. Es wurde viel zu lange versäumt, die Personalbestände
aufzustocken.
Wie steht es um das Verhältnis zwischen Lageso-MitarbeiterInnen und
Security?
Es gibt Probleme bei der Kommunikation zwischen Lageso und Security. Ich
habe bis vor drei Wochen noch erlebt, dass Sachbearbeiter gezwungen waren,
aus dem vierten Stock nach unten zu gehen, um einen Flüchtling persönlich
abzuholen, weil er von der Security nicht durchgelassen wurde.
Wo leben die Flüchtlinge, die Sie betreuen?
In Gemeinschaftsunterkünften, Turnhallen, Hostels, das kann alles Mögliche
sein.
Wie sind die Zustände dort?
Das variiert, es gibt echt miese Hostels, die den niedrigsten Standard
gerade noch so aufrechterhalten. Es gibt aber auch gute Hostels, wo die
Betreiber ohne Bezahlung die Wäsche für die Geflüchteten waschen. Insgesamt
läuft es auch relativ kulant, sodass die Betreiber die Leute nicht sofort
rausschmeißen, wenn sie eine Woche nicht ihre Kostenübernahmeverlängerung
vom Amt kriegen. Da seit Neuestem wegen zu hoher Kosten keine
Hostelgutscheine mehr verteilt werden, landen die Flüchtlinge jetzt
vermehrt in den Notunterkünften.
Wie lange warten die Menschen dort auf ihre Registrierung als Flüchtlinge?
Teilweise Wochen. Das Schlimme ist, dass die Heimbetreiber oft gar nicht
wissen, was sie ihren Gästen sagen sollen, wann überhaupt mal ein Bus
ankommt, um die Flüchtlinge zur Registrierungsstelle zu fahren.
Funktioniert die Kommunikation zwischen den Betreibern der Notunterkünfte
und dem Lageso?
Nein. Es gab Fälle, wo dem Lageso zehn freie Plätze gemeldet und dann 30
Leute geschickt wurden. Dann muss der Betreiber 20 von den 30 Leuten
wegschicken. Das heißt, sie müssen zum Lageso zurück. Wenn sie Glück haben,
kommen sie dann in der temporären Notunterkunft gegenüber dem Lageso unter.
Wenn nicht, sind sie obdachlos für diese Nacht.
INTERVIEW Nadim Chahrour
15 Dec 2015
## AUTOREN
Nadim Chahrour
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