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# taz.de -- Der Präsident, der sich plötzlich in Luft auflöste
> UNI Der gekürte neue Präsident der Humboldt-Uni will sein Amt nicht.
> Jetzt muss schnell Ersatz her
Eigentlich sollte an der Humboldt-Universität (HU) gestern ein großer Tag
sein: Der Würzburger Wissenschaftler Martin Lohse sollte in einem
feierlichen Akt zum neuen Präsidenten und Nachfolger von Jan-Hendrik
Olbertz gekürt werden. Stattdessen war es dann doch ein ganz gewöhnlicher
Uni-Dienstag. Denn der neue und einzige Kandidat für den Uni-Chefposten
will jetzt plötzlich nicht mehr.
Eine Findungskommission der HU hatte den 59-jährigen Mediziner Martin Lohse
vor Monaten als Kandidaten für die HU-Präsidentschaft ausgewählt. In der
Nacht zum 9. November schrieb Martin Lohse an den Vorsitzenden des
Kuratoriums, Rolf Emmermann, eine E-Mail, in der er seinen Rückzug von der
Kandidatur bekannt gab. Er habe die Aufgabe des HU-Präsidenten falsch
eingeschätzt. Er dachte offenbar, als Präsident solle er vor allem die
Wissenschaft an der Universität vorantreiben. Nach Sondierungsgesprächen
mit Mitarbeitern habe Lohse festgestellt, dass er als Oberhaupt vor allem
mit einer Verwaltungsreform und Finanzierungsfragen konfrontiert würde.
Dafür sei er nicht der Richtige, soll er in seinerE-Mail geschrieben haben.
Dies bestätigte ein Sprecher der Humboldt-Universität.
## Nicht gut beraten
„Er war nicht gut beraten, sich so zu verhalten“, sagt Thomas Metter von
der Berliner Senatsverwaltung für Bildung der taz. „Herr Lohse hatte
erklärt, dass er sich eindeutig für die HU entschieden hat, von daher ist
sein Rückzieher ärgerlich.“ Dennoch sei man in der Senatsverwaltung guter
Dinge, dass die HU einen neuen, sehr guten Vorschlag einreichen werde,
betonte Metter.
Im März 2015 gab der derzeit noch amtierende HU-Präsident Jan-Hendrik
Olbertz bekannt, nicht erneut kandidieren zu wollen. „Es gibt in den
Gremien der Universität keine Mehrheit für ein Kernanliegen von mir (…), �…
schrieb er in seiner Erklärung und sprach damit seinen Wunsch nach einem
Universitätskanzler an. Im Sommer ließ sich der Erziehungswissenschaftler
schließlich doch noch von einer Professorengruppe dazu überreden, sich
erneut zur Wahl zu stellen. Olbertz stellte dafür die Bedingung, dass die
HU das Kanzleramt einführen müsse. Diese Bedingung und somit die Kandidatur
von Olbertz wurde vom Kuratorium allerdings abgelehnt. Immer wieder hatte
es in den fünf Jahren Amtszeit von Olbertz Schwierigkeiten gegeben. Sein
größter Erfolg ist ohne Zweifel, dass es ihm gelang, die HU zur
Eliteuniversität zu machen. 2012 wurde die HU von der Exzellenzinitiative
des Bundes ausgezeichnet. Trotzdem ist die Bilanz seiner Amtszeit eher eine
durchwachsene. Im Herbst 2013 trat er während einer Sitzung des
Akademischen Senats für eine halbe Stunde vom Amt zurück. Eines seiner
Kernvorhaben, die Zusammenlegung mehrerer Fakultäten, drohte am Widerstand
der Studenten zu platzen. Daraufhin erklärte er seinen Rücktritt, da er
sich nicht mehr handlungsfähig sah. Erst als die Studenten seinem Vorhaben
statt gaben, erklärte er seinen Rücktritt für ungültig. Seine Pläne, einen
Kanzler mit Haushalts- und Verwaltungsangelegenheiten zu beauftragen,
konnte Olbertz dagegen nie durchsetzen. Die studentischen Gremien
fürchteten durch die Einführung des Kanzlermodells eine zu dominante
Leitung.
„Jetzt suchen wir weiter nach einem Nachfolger“, sagt Ibou Diop, Sprecher
der HU. Zum Glück habe es während des Auswahlverfahrens Gespräche mit
mehreren Personen gegeben, auf die man derzeit zurückkomme. Wer die
möglichen Kandidaten sind, gab Diop nicht bekannt. Olbertz bleibt vorerst
weiter im Amt. Die HU-Historikerin Gabriele Metzler geht davon aus, dass
man sich weiter um einen externen Kandidaten für den Posten bemüht.
Studierendenvertreter Joao Fidalgo nimmt vielmehr an, dass nun auch interne
Optionen eine Rolle spielen. „Ich bin zuversichtlich, dass bis Februar eine
neue Wahl stattfindet“, sagte er. Olbertz’ offizielle Amtszeit endete im
Oktober. „Es ist nicht wünschenswert, dass Olbertz richtungsweisende
Entscheidungen über Hochschulverträge und die Exzellenzinitiative fällt,
wenn er eigentlich schon fast weg ist“, findet Fidalgo. Eine „richtige“
Wahl mit mehreren Optionen fände er dagegen wünschenswert. Anna BordeL
18 Nov 2015
## AUTOREN
Anna Bordel
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