# taz.de -- „Eine Bremer Sache“ | |
> KONZERT Bremen gilt als Keimzelle der Kombination von Metal und Hardcore. | |
> Die Band „Mörser“ feiert ihren 20. Geburtstag | |
Bild: In wechselnder Besetzung steht „Mörser“ seit 20 Jahren für „Breme… | |
Interview Radek Krolczyk | |
taz: Herr Seelkopf, Herr Grabowski, Ihre Metal-Band Mörser ist nicht | |
zuletzt durch die seltsame Besetzung bekannt geworden. Wie viele Sänger | |
haben Sie insgesamt? | |
Sven Seelkopf: Heute sind es vier. Zwei davon sind seit unserer Gründung | |
1995 dabei. Eine der Besonderheiten von Mörser ist ja unser Chor-Gesang. | |
Wir sind mit zwei Bassisten gestartet, aber ansonsten ist die Besetzung für | |
eine Rockband sehr klassisch: mit heute zwei Gitarristen und einem | |
Schlagzeuger. | |
Daniel Grabowski: Vor allem live macht es sehr viel Spaß, mit so vielen | |
Leuten auf der Bühne zu stehen. | |
Haben solche Besetzungen eine Tradition im Hardcore oder Metal? | |
Seelkopf: Nicht dass ich wüsste. Diese Idee, mit mehreren Sängern und | |
Bässen zu spielen, ist in diesem Genre eher eine Bremer Erfindung. | |
Das war vor 20 Jahren. | |
Seelkopf: Genau. Am 6. November 1995 haben wir uns zum ersten Mal im | |
Proberaum des Jugendzentrums in der Friesenstraße getroffen. Und am 6. | |
November spielen wir dann dort auch unser Jubiläumskonzert. Eigentlich ist | |
der Saal da zu klein für so ein Konzert, aber wir wollten unsere Homebase | |
nicht verlassen. | |
Immer wieder wird Mörser als Supergroup bezeichnet … | |
Grabowski: … Boygroup würde es eher treffen. | |
Gemeint ist wohl, dass ihr alle aus bekannten Bands stammt. | |
Grabowski: Für die Szene trifft das sicher zu. | |
Seelkopf: Die Bremer Hardcoreszene war in den 90er-Jahren sehr bekannt. | |
Europaweit, aber selbst in Amerika hatten Bremer Bands wie Systral oder | |
Carol einen Namen. Auch die Verbindung von Metal und Hardcore ist eine | |
Bremer Sache. Die Band Acme hat damit angefangen. Es gibt sogar einen | |
eigenen Begriff dafür: Bremencore oder Bremenstyle. | |
Mörser sind den USA bekannt? | |
Grabowski: Innerhalb einer bestimmten Musikszene schon. 1996 haben wir | |
unsere erste Platte aufgenommen. Drei Jahre später sind wir durch Amerika | |
getourt. Wir konnten dort an der Ostküste zwölf Konzerte spielen. Das war | |
für die damalige Zeit ungewöhnlich. Organisiert wurde die Tournee von einer | |
Band, die sich eigens gegründet hat, um mit uns ein Paar Abende mit uns | |
zusammen aufzutreten. | |
Wo sind Sie aufgetreten? | |
Grabowski: Das war sehr unterschiedlich: Teilweise in Kellerklubs vor 100 | |
Gästen, aber dann haben wir auch wieder vor 600 Leuten gespielt. | |
Wie kam es zu dieser Tournee? | |
Grabowski: Das hatte mit unserer ersten Platte zu tun, die sich in den USA | |
ganz gut verkauft hat. Wir veröffentlichten damals auf dem Bremer Label Per | |
Koro Records. Die waren mit ihren Sachen auch international in den | |
wichtigen Mailordern vertreten. Das hat einige Bands gepuscht. | |
Wo haben Sie Ihre Platten aufgenommen? | |
Seelkopf: In Schwanewede gab es die Kuschelrockstudios von Dirk Kusche, der | |
damals bei Systral Bass gespielt hat. Er hatte da im Keller seines Hauses | |
ein riesiges Studio eingerichtet. Für die Szene war das eine Institution. | |
Dort haben wir unsere ersten beiden Platten aufgenommen. | |
In Bremen waren Sie Teil einer großen Hardcore-Szene. Wie kann man sich das | |
vorstellen? | |
Seelkopf: Zum einen gab es sehr viele Bands, die miteinander rumhingen und | |
untereinander befreundet waren. Wir haben einige Konzerte organisiert. Die | |
Szene hatte damals noch recht viele Orte, an denen das ging. Neben der | |
Friese waren das in erster Linie Grünenstraße 18, Buchtstraße, BDP-Haus und | |
Wehrschloss. Das war eine außergewöhnliche Situation. So wie man sagt, | |
Grunge käme aus Seattle, hieß es damals, diese schräge Mischung aus Metal | |
und Hardcore käme aus Bremen. Aus Bremen kommt auch das Trust-Magazin, das | |
es heute noch gibt. Neben der ganzen Musik war das aber auch ein | |
politischer Zusammenhang. Wir haben uns immer als Teil einer linken Szene | |
verstanden – auch wenn wir nie explizit politische Texte hatten. | |
Nach den ersten beiden Platten kam lange Zeit nichts … | |
Seelkopf: Wir sind etwas langsam und brauchen Zeit. 2002 kam die dritte | |
Platte – ein Comic-Soundtrack. | |
Wie kann man sich das vorstellen? | |
Seelkopf: Der Comic „Cosmopolit“ war eine Gangstergeschichte, die | |
collagiert war aus verschiedenen Filmstilen. Dazu haben wir versucht, | |
Stücke zu machen. Die waren eher episch und dauerten manchmal acht Minuten. | |
Das war für uns ungewöhnlich, zumal wir von der Presse als Grindcore-Band | |
wahrgenommen werden. | |
… ein Genre, in dem Songs oft nur wenige Sekunden dauern. Vergangenes Jahr | |
haben Sie als Vorgruppe von Napalm Death gespielt. Hat das gepasst? | |
Seelkopf: Das war in Oldenburg im Amadeus. Der Veranstalter brauchte eine | |
Vorband. Ich persönlich finde Napalm Death ja eher langweilig, was vor | |
allem am Gesang liegt. Und man sieht ihnen an, dass sie deutlich älter als | |
wir sind. | |
Grabowski: Das Konzert hat trotzdem Spaß gemacht. Und live sind die auch | |
toll – auch der Sänger. | |
Konzert: 6. November, 20 Uhr, Friese | |
31 Oct 2015 | |
## AUTOREN | |
Radek Krolczyk | |
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