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# taz.de -- Alles auf eine Karte gesetzt
> FUSSBALL I In der Zweiten Liga rettete Union Berlin am Samstag einen
> Punkt gegendie Hamburger von St. Pauli – dabei waren die über weite
> Strecken das bessere Team
Bild: Dennis Daube (Union) vs. Christopher Buchtmann (St. Pauli)
von Jan Tölva
Man solle ihnen Zeit geben, bat Unions noch immer neuer Trainer Sascha
Lewandowski vor dem Spiel am Samstag gegen den Tabellendritten St. Pauli.
Zwar hatten die Köpenicker unter ihm, nachdem er im September den oft
glücklos wirkenden Norbert Düwel abgelöst hatte, inzwischen die ersten
beiden Saisonsiege einfahren können. Im letzten Spiel hatte es in
Braunschweig allerdings auch bereits die dritte Niederlage unter ihm als
Trainer gegeben. Gerade recht kam da die Länderspielpause, die es ihm
ermöglichte, zwei Wochen am Stück ohne Pflichtspiel mit seinen Schützlingen
zu arbeiten.
Davon, dass sich etwas verbessert hätte, war im Spiel gegen die Hamburger
jedoch lange wenig zu sehen. Der FC St. Pauli dagegen agierte wie aus dem
Lehrbuch. Zwar hatten die Gastgeber mehr Ballbesitz, die Gäste hingegen
hatten die Kontrolle und auch die Torchancen. Das 1:0 durch Waldemar Sobota
in der 22. Minute fiel da nahezu zwangsläufig. St. Pauli war über weite
Strecken schlicht in allen Belangen besser. Sie gingen besser in die
Zweikämpfe, lösten Situationen öfter ohne Foul und waren erschreckend
effektiv im Umschaltspiel.
Dass der FC Union überhaupt zurück ins Spiel fand, verdankte er zwei
Stockfehlern der St. Paulianer. Erst verschätzte sich Torwart Himmelmann
bei einer Flanke von Zejnullahu, die lang und immer länger wurde und
schließlich an Freund und Feind vorbei ins Tor segelte (42. Minute). Drei
Minuten später hörte Picault im eigenen Strafraum einfach auf zu spielen,
weil er offenbar glaubte, der Ball sei bereits im Toraus gewesen. Parensen
nahm das Geschenk gerne an und passte flach zu Thiel, der trocken abzog und
für die völlig unerwartete 2:1-Führung zur Pause sorgte.
Die Kiezkicker schienen davon jedoch wenig beeindruckt. Auch nach dem
Seitenwechsel waren sie lange das deutlich bessere Team. Hornschuh aus der
Distanz (54. Minute) und der oft nur mit Fouls zu stoppende Dudziak mit dem
Hinterkopf (72. Minute) drehten das Spiel erneut. Hinzu kamen zwei
Pfostenschüsse von Rzatkowski und dem eingewechselten Maier, und rund 20
Minuten vor Ende schien das Spiel fast schon entschieden.
## Wood wie entfesselt
Die Unioner jedoch, die ihr 4-2-3-1 auf dem Platz schon von Beginn an
deutlich offensiver ausgelegt hatten, als es sich auf dem Papier las,
setzen noch einmal alles auf eine Karte und konnten sich tatsächlich zurück
ins Spiel arbeiten. Interessant dabei war vor allem, wie die vielen
Torchancen, die folgten, zustande kamen. Statt die Brechstange
herauszuholen, zeigten die Gastgeber plötzlich gekonntes Passspiel und
druckvollen Offensivfußball. US-Nationalspieler Bobby Wood wirkte zeitweise
wie entfesselt.
Am Ende jedoch war es mit Neuzugang Benjamin Kessel ausgerechnet ein
Abwehrspieler, der in der Nachspielzeit (94. Minute) per Abstauber den
Unionern doch noch den verdienten Punkt rettete in einem sehr
unterhaltsamen Spiel vor der Rekordkulisse von 22.012 Zuschauern, das
eigentlich zwei Sieger verdient gehabt hätte.
Entsprechend zufrieden zeigte sich nach dem Spiel Trainer Lewandowski, auch
wenn er eingestehen musste, dass sein Team erneut gravierende Schwächen in
der Defensive gezeigt hatte. Wenn man die reinen Zahlen betrachtet, so
scheint der FC Union unter seiner Leitung noch immer auf der Stelle zu
treten. Wenn man jedoch auf den Rasen schaut, sieht man doch gewaltige
Fortschritte. Die Art und Weise, wie sich das Team am Samstag den Punkt
erkämpfte, zeigt nicht nur, dass es moralisch intakt ist, sondern auch,
dass es offensiv ein enormes Potenzial hat. Wenn die Unioner es in Zukunft
noch besser abrufen und dazu noch die Fehler in der Defensive ausschalten
können, dann sind sie auf einem guten Weg. Die Zeit, die sie dazu brauchen
werden, sollte man ihnen zugestehen.
19 Oct 2015
## AUTOREN
Jan Tölva
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