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# taz.de -- Kunst für den Kaffeetisch
> HOCHWERTIG Zum 13. Mal werden in den Hamburger Deichtorhallen die
> Nominierten für die Lead Awards ausgestellt. Die Arbeiten aus Print und
> Online erinnern mehr an Kulturgüter als an Journalismus
Bild: Die gesellschaftliche Relevanz geht nie verloren, auch nicht bei „Hooli…
Aus Hamburg Lara Wiedeking
Wertiger will Journalismus werden – bei fast jedem Relaunch oder Rebrush,
sei es Print oder Online, fällt dieses Wort. Wertig. Hochwertig. Noch
hochwertiger. Journalismus, so scheint es, wird immer mehr zum Kulturgut,
wird zur Kunst. So wie Oper und Theater.
In den Hamburger Deichtorhallen wird zurzeit die Ausstellung „Visual
Leader“ gezeigt. Auf gut 1.000 Quadratmetern bestätigt sich der Eindruck
des Printjournalismus als Kulturgut. Bis zum 9. November sind hier die
Nominierten der Lead Awards zu sehen. Innovative, beispielgebende Fotos,
Magazinbeiträge, Websites und Werbekampagnen werden jedes Jahr von einer
Expertenjury gekürt. Das Philosophiemagazin Hohe Luft etwa ist in der
Kategorie „Leadmagazin des Jahres“ nominiert. Hier kann man sich nicht
bewerben, man wird ausgewählt.
Unter den Nominierten ist der US-Fotograf John Stanmeyer. Für National
Geographic begleitete er den Journalisten Paul Salopek 33.000 Kilometer auf
den Spuren der Menschheit. Seine Fotos zeigen Menschen in Kobani, bedrängt
und bedroht vom Islamischen Staat. Die Fotoserie ist in der Kategorie
„Reportagefotografie“ nominiert.
Mit Stanmeyer ist auch der deutsche Fotograf Andy Spyra nominiert. Die
Strecke „Go, Rabbi, go!“ erschien im Magazin der Süddeutschen Zeitung:
Jedes Jahr, am Todestag des Rabbi Elimelech, kommen Menschen chassidischen
Glaubens aus aller Welt in einem polnischen Dorf zusammen. Sie beten,
tanzen, feiern.
Die schwarz-weiße Fotostrecke zeigt Männer und Frauen, die getrennt
voneinander Schlange am Grab des Rabbiners stehen. Zeigt, wie eine
Männertraube sich um ein Buffet drängt, wie ein Mann zu späterer Stunde auf
den Schultern eines anderen lacht und den Arm in die Luft hebt. Jedes
einzelne so ausdrucksstark, man könnte es sich als Kunstwerk an die Wand
hängen.
## Zeit Magazin weit vorne
Es sind Bilder, die das große Ganze zeigen – was vorgeht in unserer Welt.
Doch nicht nur die Bilder sind wahre Kunstwerke, auch die Magazine als
Ganzes. Der Vorsitzende der Lead Academy, Markus Peichel, spricht von einem
kreativen Quantensprung im Magazin- und Zeitungsdesign. Das sieht man auch
in der Kategorie „Illustration“. Die Strecke „Ich kann so nicht arbeiten�…
aus dem Zeit Magazin präsentiert Büroeinrichtung so überzeugend wie nie
zuvor. Überhaupt, das Zeit Magazin ist mit 25 Nominierungen in den beiden
Hauptkategorien „Zeitschriften“ und „Fotografie“ weit vorn. Magazine und
Zeitungen, zu schön für den Altpapiercontainer.
Ohnehin wären alle Nominierten im Altpapiercontainer nicht richtig
aufgehoben.
In der Hauptkategorie „Online“ tummeln sich beeindruckende Webfeatures, gut
recherchiert und für das Web großartig aufbereitet. Zum Beispiel die
„GPS-Jagd“ nach deutschen Schrottfernsehern auf dem afrikanischen
Kontinent. Gefilmt, fotografiert und aufgeschrieben vom
Journalistenkollektiv „Follow the Money“. Auch Correct!v, Vice und
Netzpolitik.org gehören in dieser Kategorie zu den Nominierten.
Beeindruckende Arbeiten von guten Journalisten. Doch leider in der „Visual
Leader“-Ausstellung schlecht präsentiert. Vergeblich sucht man große
Leinwände für diese Webfeatures und Webmagazine.
Bei aller Ästhetik – ob gedruckt oder digital –, die gesellschaftliche
Relevanz geht nie verloren. So ist etwa die deutsch-arabische Ausgabe des
Zeit Magazins in der Kategorie „Beitrag des Jahres“ nominiert.
Zum 100. Jahrestag des Ersten Weltkriegs druckte die Freie Presse unter dem
Stichwort „Zeitzeugen“ Originalzeitungen aus dem Jahr 1914 nach. Die
Bleiwüsten aus der damaligen Zeit bilden einen eindrucksvollen Kontrast zu
den liebevoll durchgestylten Zeitungsseiten von heute.
28 Sep 2015
## AUTOREN
Lara Wiedeking
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