# taz.de -- Maximal Tempo 120 im Labor | |
> Abgase Dieselmodelle verletzen auch auf deutschen Straßen oft Grenzwerte. | |
> Schuld ist ein unrealistisches Testverfahren | |
BERLIN taz | VW hat in den USA offenbar den Abgasausstoß bei | |
Dieselfahrzeugen schmutzig getrickst (siehe Text oben). In Deutschland | |
mogeln die meisten Autobauer ebenfalls, jedoch deutlich subtiler. Die | |
zulässigen Grenzwerte werden regelmäßig überschritten – dank | |
unrealistischen Testbedingungen. Die EU-Verordnung verlangt, dass nach | |
dem „Neuen Europäischen Fahrzyklus“ (NEFZ) getestet wird. Die | |
Rahmenbedingungen des nur im Labor stattfindenden Verfahrens sind äußerst | |
herstellerfreundlich. Die Fahrzeuge rollen dort deutlich gemächlicher über | |
eine Rollenkonstruktion, als sie dies auf dem Asphalt täten. Die maximal | |
zulässige Höchstgeschwindigkeit liegt bei 120 km/h. Die Straßenführung wird | |
per Monitor vor der Windschutzscheibe simuliert. Kurven kommen selten vor, | |
Radio und Klimaanlage bleiben stets ausgeschaltet. | |
Kurz: Jede halbwegs wache FahrerIn zeigt mehr Engagement hinter dem Steuer | |
als die Betriebsingenieure von Daimler, Volvo und Opel. Zudem gehen die | |
NEFZ-Regeln von dauerhaft sommerlichen Temperaturen aus, im Schnitt | |
herrschen immer und überall 23 Grad. | |
Fakt ist: Tatsächlich liegen die realen Verbrauchswerte der Fahrzeuge in | |
aller Regel deutlich höher, als die Herstellerangaben es suggerieren. | |
Gleiches gilt für die Schadstoffemissionen. Die EU-Kommission weiß das | |
längst, ebenso wie das Bundesumweltamt. Die Behörde errechnete etwa, dass | |
2012 im Schnitt an 65 Prozent der Messstationen in Straßennähe die Menge an | |
Stickstoffdioxid jenseits akzeptabler Grenzwerte lagen. Jürgen Resch von | |
der Deutschen Umwelthilfe, sagt: „In Deutschland kämpft die Bundesregierung | |
für das Recht der Autobauer auf Verschmutzung der Atemluft, hintertreibt | |
geplante Kontrollvorschriften der EU-Kommission und verweigert behördliche | |
Nachkontrollen.“ | |
Reschs Kritik zielt auch auf die zögerliche Einführung eines neuen | |
Testverfahrens ab. Das „World-Harmonized Light-Duty Vehicles Test | |
Procedure“ (WLTP) beinhaltet nicht nur höhere Beschleunigungszahlen, | |
sondern soll Abgase mit mobilen Testgeräten auch auf der Straße messen. Der | |
Start des Verfahrens ist laut EU-Kommission für 2017 geplant, die | |
Hersteller halten 2020 für realistisch. | |
Das unabhängige Institut International Council on clean Transportation und | |
der ADAC haben 32 Dieselmodelle im Hinblick auf ihren Abgasausstoß sowohl | |
nach den NEFZ-Regeln als auch nach WLTP-Maßstäben getestet. Hielten nach | |
der aktuelle Methode alle Fahrzeuge die Norm ein, fielen nach dem neuen | |
Testverfahren 22 Pkws durch. JSCH | |
21 Sep 2015 | |
## AUTOREN | |
Jan Scheper | |
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