# taz.de -- Hausbesuch Marik Roeder, ein YouTube-Star, lebt mit seinem Freund i… | |
Bild: Marik Roeder in seinem Wohnzimmer, das auch sein Arbeitszimmer ist. Die w… | |
Text Katharina BrennerFotos AmÉlie Losier | |
Zu Besuch beim YouTuber Marik Roeder (25) in Potsdam. | |
Draußen: Kopfsteinpflaster, zweistöckige, sanierte Altbauten. […] Zusammen | |
mit seinem Freund Dennis (23) wohnt Marik im ersten Stock. | |
Drin: Eine helle Wohnküche. An den Wänden Regale mit DVDs und Büchern: | |
Kehlmann, Herrndorf, eine Biografie von Marilyn Monroe – solches. Auf einem | |
Schränkchen der Play Award 2015, den er für seinen YouTube-Kanal | |
„darkviktory“ bekam: YouTube gratuliert zu über 100.000 Abonnenten. | |
Inzwischen sind es über 300.000. Links in der Ecke ist der Arbeitsplatz: | |
ein Schreibtisch mit Rechner, Büchern, einer Kamera. Von einer Schiene an | |
der Decke hängen Vorhänge. Wenn Marik aufnimmt, zieht er sie zu. In der | |
anderen Ecke stapelt sich Fanpost. | |
Marik: Marik ist in Berlin-Spandau aufgewachsen. Als er in die dritte | |
Klasse kam, zog die Familie nach Friesack ins Havelland: die Mutter ist | |
Pferdewirtin und wollte näher bei ihren Tieren sein. Der Vater ist | |
Baumpfleger. „Er hat viel mit mir und meinem Bruder gezeichnet“, sagt | |
Marik. Zeichnen gefiel ihm, genauso wie alles Technische. Als sein erster | |
Computer kaputt ging, besorgte er sich von einem Freund Ersatzteile und | |
schraubte so lange an dem Gerät herum, bis es wieder lief. Mit 16 machte | |
Marik ein Praktikum bei einem Verein in Potsdam, der sich gegen die | |
Diskriminierung von Homosexuellen einsetzt. Er war begeistert von der | |
Stadt, hier wollte er später leben: „Es gab so viele Schwule, und das war | |
allen egal.“ Ein Jahr nach dem Abitur begann er in Potsdam eine Ausbildung | |
zum Mediengestalter Bild und Ton. Vormittags ging er zur Schule, | |
nachmittags produzierte er YouTube-Videos. Das wurde bald wichtiger, als | |
für die Prüfungen zu lernen. Während dem Unterricht füllte er Anträge für | |
die Selbstständigkeit aus – den Abschluss hat er nie gemacht. | |
Was er macht: Marik ist YouTuber. Er nennt sich „darkviktory“ – nach einem | |
Batman-Comic, nur hinten mit k statt mit c. Was er will: mit Unterhaltung | |
junge Leute an die Politik heran führen. Die Zielgruppe: 12- bis | |
18-Jährige. Vor neun Jahren begann Marik mit Freunden japanische Animes auf | |
Deutsch zu synchronisieren und auf YouTube zu stellen. Da war die Plattform | |
gerade mal ein Jahr alt. Der Stil hat ihn zu seinen eigenen Figuren | |
inspiriert. Auf seinem Kanal zeigt er kurze Animationsvideos, viele | |
Parodien, etwa auf die Castingshow „Deutschland sucht den Superstar“. | |
Berühmt geworden ist er mit dem Format „tubeclash“: einer Serie von | |
Animationsvideos, in denen zehn YouTube-Stars in zwei Teams auf einer Insel | |
gegeneinander antreten. Die Aufgaben bestimmten die Nutzer über Kommentare. | |
Die Folgen gibt es auch auf DVD und Blue-ray – Marik lebt vor allem von | |
ihrem Verkauf, und das gut, wie er sagt. Außerdem verdient er durch | |
Werbeeinnahmen und das Format „Brain Fed“: Für die Bundeszentrale für | |
politische Bildung produziert er gründlich recherchierte, kurze, animierte | |
Videos zu Themen wie Verschwörungstheorien oder NSA. | |
Die Oma: Der Enkel ist ein YouTube-Star, die Oma war noch nie im Internet. | |
Sie ist 86 und lebt in Berlin-Spandau. „Ich habe eine Brieffreundschaft mit | |
meiner Oma“, sagt Marik. Über mehrere Seiten erzählt er ihr von seinen | |
Reisen und den Preisverleihungen. Er schickt ihr Fotos und Zeitungsartikel | |
(“Meine Oma ist total stolz, auch wenn sie nicht alles versteht, was ich | |
mache“). | |
Woran er denkt: An London. Marik und Dennis möchten ein Jahr lang dort | |
leben. Bei Reisen dorthin habe er sich so frei gefühlt wie in Potsdam, sagt | |
Marik. Und wo er arbeite, sei egal. Woran Marik auch denkt: eine eigene | |
Firma (“Ich denke, dass wir gute Chancen haben mit den Preisen, die wir | |
schon gewonnen haben“). | |
Das erste Date: Ein klassisches erstes Date hätten Dennis und er nie | |
gehabt. Sie kennen sich seit acht Jahren. „Wir fanden uns schon immer super | |
sympathisch“, sagt Marik. Er hat damals mit Dennis’ Exfreundin Animes | |
synchronisiert. Für Dennis ist es die erste Beziehung mit einem Mann. Vor | |
drei Jahren haben sich Marik und Dennis wiedergetroffen und viel gemeinsam | |
unternommen. Schließlich fragte Marik ihn, ob er jetzt endlich sein Freund | |
sei. „Da hat er ja gesagt. Das sind im Oktober drei Jahre.“ | |
Die Hochzeit: Zum Thema Heiraten hat Marik neulich ein Video gedreht. Darin | |
geht es um die Diskriminierung Homosexueller. Aber Marik fragt sich auch, | |
ob das Konstrukt Ehe überhaupt noch zeitgemäß sei (“Ein finales Bild zu dem | |
Thema habe ich noch nicht“). | |
Der Alltag: Marik steht jeden Tag um 7.30 Uhr auf und geht ins | |
Fitnessstudio (“Ich brauche den körperlichen Ausgleich“). Gegen 9 Uhr sitzt | |
er am Schreibtisch, beantwortet E-Mails, liest Kommentare und schaut, was | |
bei Twitter los ist. Das dauert ein bis zwei Stunden. Am Donnerstag schickt | |
er das Script für „Brain Fed“ an die Bundeszentrale für politische | |
Bildung. Ansonsten gibt es kaum feste Termine: Marik bringt sich neue | |
Zeichentechniken und Computerprogramme bei, überlegt sich Themen und | |
produziert Videos. Manchmal arbeitet er 16 Stunden am Stück. An anderen | |
Tagen, wenn draußen die Sonne scheint, hört er nach fünf Stunden auf und | |
geht raus. „Wenn ich ernst genommen werden will, muss ich auch meine Arbeit | |
ernst nehmen“, sagt er. | |
Wie er Merkel findet:„Ich bin kein Freund von ihr.“ Alles immer wegzunicken | |
und zu ignorieren, sei nicht cool. Nachamerikanischem Vorbild hatte Marik | |
auf Twitter #YoutubefragtMerkel initiiert: Hunderte Fragen seien | |
eingegangen, Merkel habe nicht geantwortet (“Wir, YouTube, die ganze | |
Twitter-Community waren sehr enttäuscht“). | |
Wann er glücklich ist: „Wenn ich ein Zuhause habe“, sagt er. | |
Sie wollen auch besucht werden? Schicken Sie eine Mail an | |
[email protected] | |
8 Aug 2015 | |
## AUTOREN | |
Katharina Brenner | |
Amélie Losier | |
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