# taz.de -- „Das ist eine herrische Politik“ | |
> GRÜNE Ob Berlin oder Brüssel: Grünen-Politiker sind entsetzt über Stil | |
> und Substanz der Verhandlungen. Der Grexit wurde zwar vermieden, das | |
> Ergebnis sei aber katastrophal | |
BERLIN taz | Ob die Einigung das kleinere Übel sei – gemessen am drohenden | |
Grexit? Der Chef der europäischen Grünen, Reinhard Bütikofer, ringt um die | |
passenden Worte. Er gehört zum Realo-Flügel seiner Partei, übermäßige Nähe | |
zur Linksregierung in Athen sollte man ihm nicht unterstellen. Doch was | |
sich am Wochenende in Brüssel abgespielt hat, empört ihn: Verfahren, Stil | |
und Substanz dieses Deals seien unmöglich, argumentiert der | |
Europa-Politiker. Deshalb sei er an einem Montag wie diesem nicht bereit, | |
„beschwichtigende“ Formulierungen zu wählen. „In dieser langen Nacht ging | |
es ganz vielen am Verhandlungstisch um eine Demütigung“, schimpft | |
Bütikofer. „Das ist eine herrische Politik und ein tiefer Bruch mit dem | |
Geist des europäischen Projekts.“ Bundesfinanzminister Schäuble sei es | |
augenscheinlich auch um „Rache“ an der griechischen Regierung gegangen. | |
In nur zwei Tagen habe die Merkel-Regierung damit „in unglaublichem Umfang | |
ihr Vertrauen verspielt, das sie über 25 Jahre seit der Wiedervereinigung | |
aufgebaut hatte“, fürchtet der Grünen-Politiker. Daran werde Deutschland | |
„noch lange tragen“. Auch dem Inhalt der Einigung kann Bütikofer wenig | |
abgewinnen: Die „verhängnisvolle Priorität“ auf Austerität werde | |
fortgesetzt. Es mangele an Investitionsvolumen, um die Wirtschaft wieder | |
anzukurbeln. Und dass sich Griechenland künftig Gesetzentwürfe von den | |
Brüsseler Institutionen genehmigen lassen solle, hält der Grünen-Politiker | |
für ein Unding. | |
Mit seiner heftigen Kritik ist Bütikofer mitnichten allein in seiner | |
Partei. Auch Grünen-Chef Cem Özdemir warnte am Montag, Schäuble wolle | |
Griechenland „demütigen“. | |
Ähnliche Reaktionen kamen aus dem linken Parteiflügel. Der | |
Haushaltspolitiker Sven Kindler zeigte sich „erschrocken über das | |
Dominanzgebaren der Bundesregierung und ihre Erpressungsstrategie“. Gerade | |
vollziehe sich „ein historischer Paradigmenwechsel“ bei CDU und SPD. | |
Merkel, Schäuble und SPD-Chef Gabriel wollten „ein deutsches Europa“ bauen. | |
Notwendig sei aber „ein europäisches Deutschland“. Wenn es so weitergehe, | |
mache er sich „wirklich große Sorgen um das europäische Projekt“, warnte | |
der Grünen-Abgeordnete. | |
„Das einzig Positive an dieser Einigung ist, dass es eine Einigung gibt“, | |
sagte die Europa-Abgeordnete Ska Keller der taz. „Nur ein Grexit wäre | |
schlimmer gewesen.“ Inhaltlich hält Keller die Abmachung für | |
„katastrophal“. Deutschland habe an diesem Wochenende ein „furchtbares | |
Bild“ abgegeben und sich damit ein „echtes Imageproblem“ eingehandelt, | |
warnt Keller: „Griechenland so in den Staub zu drücken, das ist kein | |
zivilisierter Umgang.“ | |
Astrid Geisler | |
14 Jul 2015 | |
## AUTOREN | |
Astrid Geisler | |
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