# taz.de -- Poesie mit der Nadelspitze | |
> DESIGNTRANSFER Made in Bangladesch steht für Billigware. Aber wie steht | |
> es um Designed in Bangladesch? Modedesigner aus Dkaha und Berlin trafen | |
> sich – die Kollektionen sind an der UdK zu sehen | |
Bild: Das Ergebnis dieses Gedankenaustauschs auf Augenhöhe: Materialien und Mu… | |
Von Anne-Sophie Balzer | |
Blau ist die Farbe des Vertrauens und der Verantwortung. Es gibt also kaum | |
einen passenderen Farbton für eine fair und ökologisch hergestellte | |
T-Shirt-Kollektion aus Bangladesch. Die Arbeit von Afsana Ferdousi Wormey | |
heißt „Blue Smile“. Die junge Designerin hat indigoblaue T-Shirts mit | |
verschiedenen Aussagen bedruckt: „I am still beautiful with my flaws“ steht | |
auf einem, „Save the Water“ auf einem anderen, manche haben fröhliche | |
Batikmuster. Die Devise: null Abfall, auf chemische Einflüsse verzichten, | |
den Wasser- und Energieverbrauch reduzieren und fair produzieren. | |
Auf dem Waschzettel der T-Shirts steht Made in Bangladesh, ein Begriff, der | |
in Deutschland vor allem mit den Bildern von Schlange stehenden Mädchen vor | |
Primark und eingestürzten Textilfabriken verbunden ist. Gegen dieses Image | |
des Billiglohn- und Billigqualitätslandes möchte das Austauschprojekt | |
„Local – International“, das sich in der designtransfer-Galerie der | |
Universität der Künste präsentiert, ein Zeichen setzen. | |
Designer aus Bangladesch haben während ihres Studiums wenige Möglichkeiten, | |
auf dem internationalen Markt Erfahrung zu sammeln. Deutsche Designer | |
wiederum müssen sich mit Fragen der fairen Herstellung auseinandersetzen, | |
wollen sie der steigenden Nachfrage nach einwandfrei gehandelter Kleidung | |
nachkommen. Das vom Goethe-Institut in Bangladesch, der Kunsthochschule | |
Berlin-Weißensee und der Universität der Künste geförderte Projekt | |
versucht, den Austausch auf Augenhöhe zu erleichtern und das | |
Ungleichgewicht zwischen reichem Abnehmerland und bitterarmem Hersteller | |
zumindest projektweise auszuräumen. Jeweils sechs Modedesigner aus | |
Bangladesch und Deutschland trafen sich, zunächst in Bangladeschs | |
Hauptstadt Dhaka und nach ein paar Wochen in Berlin. Dass die Kollektionen | |
auf der Fashion Week zu sehen waren, gab besonders den Gastdesignern eine | |
wichtige Möglichkeit, ihre Arbeiten einem ausgewählten Publikum zu | |
präsentieren. | |
Iftekhar Rahmann versucht mit seinen Entwürfen „Poesie durch die | |
Nadelspitze“ zu schaffen. Seine Kollektion „Heartfelt stitches“ beschäft… | |
sich mit dem Kantha, eine Art Kilt, der an kühlen Monsunnächten oder in | |
milden Wintern getragen wird und eines der traditionsreichsten | |
Kleidungsstücke für Frauen in Bangladesch ist. Viele Frauen besticken ihre | |
Kilts aufwendig und sitzen dabei stundenlang zusammen. Diese Arbeit hat so | |
auch einen sozialen Wert. | |
Ordentlich auf einer Kleiderstange aufgereiht hängen die blauen und | |
lachsfarbenen Kleider von Natascha von Hirschhausen. Ihre Kollektion | |
„Revision“ ist inspiriert durch den Sari, das traditionelle Gewand für | |
Frauen. Auf eine sehr deutsche Art hat von Hirschhausen den Sari | |
interpretiert, ohne knallige Farben, nur die fließenden Schnitte sind | |
erhalten geblieben, edel und minimalistisch. | |
Elke Fiebigs Kollektion „Still Garments“ hängt gleich nebenan, auch in | |
Blau. Auch sie hat sich von traditionellen Gewändern und Mustern | |
inspirieren lassen, kreiert sogenannte Slow Fashion, also nachhaltige Mode, | |
die sich in ihrer Interpretation jedoch weit von den Originalen entfernt. | |
Md. Shamsad Hasnine hat sich in seiner Schuhkollektion mit der Frage | |
beschäftigt, was mit all dem Müll passiert, der sich in Bangladesch | |
anhäuft. Tonnenweise verfügbar sind Fahrradreifen, Schläuche und | |
Lederreste. Diesen ausgedienten Materialien gibt Hasnine eine zweite | |
Chance: als Sandalen. Aus pflanzlich gefärbtem Leder, Fahrradschläuchen und | |
Jute entstehen elegante und zeitlose Sandalen. | |
Ob junge Mädchen, die vor neu öffnenden Primark-Filialen campieren, sich | |
für fair hergestellten Unisex-Sandalen aus Gummischläuchen begeistern | |
lassen, ist fraglich. Längst gibt es im reichen Abnehmerland Deutschland | |
eine Zweiklassengesellschaft der Konsumenten. Kick gegen Hess Natur, H&M | |
gegen Armedangels. Doch „Local – International“ sendet als Pilotprojekt | |
dennoch die richtigen Signale. Denn in Bangladesch wächst eine Generation | |
an Designern heran, die sich mit Kreativität und Hingabe der Probleme des | |
Landes annimmt. Auf dass es in Zukunft nicht nur Made in Bangladesh heißt, | |
sondern auch Designed in Bangladesh. | |
Designtransfer, Udk Berlin, Einsteinufer 43, Di.–So. von 10 bis 18 Uhr, bis | |
19. Juli | |
13 Jul 2015 | |
## AUTOREN | |
Anne-Sophie Balzer | |
## ARTIKEL ZUM THEMA |