| # taz.de -- Zwischen den Fronten | |
| > NAHOST Seit über 20 Jahren bemüht sich das „Palestine-Israel Journal“ um | |
| > Verständigung zwischen Israelis und Palästinensern. Die paritätisch | |
| > besetzte Redaktion kämpft dabei mit finanziellen und praktischen | |
| > Problemen | |
| Bild: Einige „PIJ“-Redakteure kommen nicht problemlos durch den Checkpoint … | |
| von Carla Baum | |
| Es sind harte Zeiten für Ideale wie Dialog, Begegnung und Verständigung in | |
| Israel. Die Mauer, die das Land vom Westjordanland trennt, schafft | |
| Realitäten, die den Austausch zwischen Israelis und Palästinensern fast | |
| unmöglich macht. Die palästinensische Boykottbewegung fordert das Ende der | |
| Kommunikation mit der israelischen Seite. Und Ministerpräsident Benjamin | |
| Netanjahu wies jüngst erneut Versuche zur Lösung des Nahostkonfliktes | |
| zurück. | |
| Zwischen den verhärteten Fronten hält sich das Palenstine-Israel Journal of | |
| Politics, Economics and Culture (PIJ) wie eine geduldige Insel der Hoffnung | |
| auf Frieden. Die Ideale der Verständigung und des Dialogs werden hier in | |
| redaktionelle Strukturen umgewandelt: zwei Chefredakteure – ein | |
| Palästinenser, ein Israeli. 32 Redakteure – 16 Palästinenser, 16 Israelis. | |
| Alle drei Monate erscheint das Journal auf Arabisch, Hebräisch und Englisch | |
| in Print und online. 2.500 Exemplare werden gedruckt, 50.000 Klicks hat die | |
| Onlineversion pro Monat. Jede Ausgabe widmet sich einem anderen | |
| konfliktbeladenen Thema: Flüchtlinge, Grenzen, Ressourcen, Sicherheit. | |
| Als das PIJ 1994 gegründet wurde, standen die Zeichen auf Einigung. Ziad | |
| AbuZayyad, einer der beiden Chefredakteure des PIJ, erinnert sich an die | |
| Atmosphäre, als Anfang der 1990er Jahre der Oslo-Friedensprozess begann: | |
| „Es war wie der Aufbruch in eine neue Zeit.“ AbuZayyad, damals in der | |
| friedlichen palästinensischen Widerstandsbewegung aktiv und bereits ein | |
| bekannter Journalist, wollte nicht warten. „Gemeinsam mit dem israelischen | |
| Journalisten Victor Cygielman hatte ich die Idee, dass es ein gemeinsames | |
| Medium zum Austausch geben müsste“, sagt er. | |
| Dass das Journal überhaupt zustande kam, gleicht einem kleinen Wunder. Dass | |
| es heute immer noch besteht, einem noch größeren. Fast wäre es durch das | |
| israelische Innenministerium verhindert worden, da dieses keine Genehmigung | |
| für ein Magazin geben wollte, das das Wort „Palestine“ im Namen trug. | |
| Cygielman und AbuZayyad zogen vor Gericht und bekamen die Genehmigung. Der | |
| Frieden allerdings rückte bald wieder in weite Ferne: Der | |
| Oslo-Friedensprozess scheiterte spätestens mit dem Ausbruch der zweiten | |
| Intifada im September 2000. Das Journal aber blieb bestehen. | |
| Hillel Schenker, heute der zweite Chefredakteur, sagt: „Von unserer Seite | |
| stand die Existenz des PIJ nie zur Debatte.“ Nur finanzielle Sorgen – das | |
| Geld für die Ausgaben muss jährlich neu beantragt werden und kommt vor | |
| allem aus EU-Töpfen und von Stiftungen – bedrohen ernsthaft sein | |
| Fortbestehen. | |
| Nicht aber Resignation oder Frustration. Schenker und AbuZayyad sind davon | |
| überzeugt, dass nur gemeinsame Aktivitäten langfristig zu einer friedlichen | |
| Lösung führen können. | |
| Sie sind Gegner der palästinensischen Boykottbewegung. „Die Palästinenser | |
| sind verständlicherweise frustriert über die Situation“, sagt Schenker. | |
| „Der Kontaktabbruch zu ihren Unterstützern auf der israelischen Seite aber | |
| hilft niemandem.“ AbuZayyad stimmt ihm zu: „Solange die politische | |
| Situation so verzwickt ist, wird die Boykottbewegung weiter an Zulauf | |
| gewinnen.“ | |
| In einer Kolumne für die größte palästinensische Tageszeitung, Al Quds, | |
| schreibt er über die Notwendigkeit der Kommunikation. Seine Stimme hat | |
| Gewicht: Als Widerständler und Exabgeordneter des palästinensischen | |
| Parlaments genießt er viel Respekt unter seinen Landsleuten. Ein Umdenken | |
| der Boykottunterstützer ist dennoch nicht in Sicht. | |
| Zu kämpfen hat das Journal heute vor allem mit den alltäglichen, | |
| praktischen Herausforderungen des Nahostkonflikts. So haben etwa einige | |
| palästinensische Redakteure aus dem Westjordanland keine permanente | |
| Aufenthaltsgenehmigung für Jerusalem, wo sich die Redaktion befindet. | |
| Selbst AbuZayyad muss seine Erlaubnis alle drei Monate erneuern lassen. | |
| Entmutigen lassen wird er sich auch davon nicht. Er ist überzeugt: „Nichts | |
| wird für immer so bleiben, wie es ist.“ | |
| 17 Jul 2015 | |
| ## AUTOREN | |
| Carla Baum | |
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