# taz.de -- „Ruf nach Massentierhaltung“ | |
> Direkte Demokratie In Brandenburg unterstützt die Politik den Ausbau der | |
> Tierfabriken, sagt Ellen Schütze vom Aktionsbündnis Agrarwende. Morgen | |
> startet Volksbegehren | |
Bild: Es ist eine Schweinerei, wie viele Tiere gehalten werden | |
Interview Franziska Maria Schade | |
taz: Frau Schütze, am Mittwoch startet das Volksbegehren gegen | |
Massentierhaltung in Brandenburg. Was genau sind die Gründe für das | |
Volksbegehren? | |
Ellen Schütze: Massentierhaltung verursacht schwere Verhaltensstörungen bei | |
Tieren, weil sie ihre artspezifischen Bedürfnissen nicht ausleben können. | |
Hühner entwickeln zum Beispiel das sogenannte Federpicken beziehungsweise | |
Kannibalismus. Anstatt jedoch die Haltungsbedingungen zu verbessern, werden | |
den Tieren die Schwänze und Schnäbel kupiert. Zudem ist Massentierhaltung | |
für die Menschen gesundheitsschädigend, zum Beispiel wegen des hohen | |
Antibiotika-Einsatzes. Dadurch bilden sich immer mehr | |
Antibiotika-resistente Keime – mit der Folge, dass immer mehr Menschen | |
sterben. | |
Was ist Ihr Ziel? | |
Wir haben eine Frist von sechs Monaten, um 80.000 Menschen dazu zu | |
motivieren, ihre Unterschrift abzugeben. Wir werden die Brandenburger in | |
dieser Zeit informieren, warum ihre Unterschrift so wichtig ist. Die | |
Schwierigkeit ist, dass wir keine Unterschriften etwa auf der Straße | |
sammeln können, sondern die Leute direkt im Bürgeramt unterschreiben oder | |
ihre Unterschrift per Briefwahl abgeben müssen. Die Unterlagen dafür können | |
immerhin online angefordert werden. | |
Wie geht es bei einem Erfolg weiter? | |
Nach dem Begehren gibt es wieder eine Abstimmung im Landtag. Wird das | |
Volksbegehren dort abgelehnt, folgt der Volksentscheid, bei dem nur noch | |
die Bürger entscheiden. | |
Welches sind die wichtigsten Forderungen Ihres Volksbegehrens? | |
Wir fordern, ausschließlich die artgerechte Haltung von Tieren finanziell | |
zu fördern. Weiterhin soll das Abschneiden oder „Kupieren“ von Schwänzen | |
und Schnäbeln, ohne Ausnahmegenehmigung, verboten werden und die | |
Aufstallung und Haltung von kupierten Tieren aufhören. Eine weitere | |
Forderung ist die Berufung eines Landestierschutzbeauftragten sowie die | |
Einführung der Verbandsklage. | |
Die vorangegangene Volksinitiative wurde abgelehnt. | |
Nach der Sammlung der Unterschriften für die Volksinitiative wurden wir im | |
Landtag im Agrarausschuss angehört, und es gab eine Abstimmung, bei der nur | |
die Grünen für unsere Forderungen stimmten. Von allen anderen ist es sehr | |
ignorant, die Forderungen abzulehnen und sich keinen Millimeter zu bewegen. | |
Wieso ignoriert man Sie so? | |
Der Ruf nach mehr Massentierhaltung ist da, unter anderem mit der | |
Begründung, dass der Viehbestand in Brandenburg zu gering sei und sich das | |
Land nicht regional versorgen könne. Wir nehmen ganz klar eine | |
Blockadehaltung aus der Politik wahr. Im Vorfeld des Volksbegehrens wurden | |
wir immer wieder abgewiesen mit der Begründung, dass es keinen | |
Handlungsbedarf gäbe. | |
Wie war die Stimmung nach dem Scheitern? | |
Alle waren enttäuscht, frustriert, wütend und hatten das Gefühl, dass sie | |
ignoriert wurden. Man hatte das Gefühl, einfach nicht gesehen zu werden. | |
Gerade bei solchen Themen, die nicht so viele Lobbyisten hinter sich haben, | |
ist es schwer, Erfolge zu erzielen. | |
Das macht es doch jetzt nicht unbedingt einfacher, wieder genügend | |
Unterschriften zu bekommen. | |
Einfach ist es jetzt sicherlich nicht. Aber nichts zu tun, bringt noch | |
weniger oder gar nichts. Wir müssen einfach aufzeigen und den Leuten | |
bewusst machen, dass es so, wie es im Moment läuft, nicht richtig sein | |
kann. Ich denke, es hat schon eine große Sensibilisierung in der | |
Bevölkerung stattgefunden. Die Leute wollen nicht, dass die Tiere schlecht | |
gehalten werden. Es geht nicht darum, kein Fleisch mehr zu essen. Aber die | |
Menschen wollen, dass die Tiere artgerecht leben. | |
14 Jul 2015 | |
## AUTOREN | |
Franziska Maria Schade | |
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