# taz.de -- „Eine positive Einstellung ist hilfreich“ | |
> Ausbildung Heidi Mörtz ist Leiterin des Ausbildungsbürgeramts in | |
> Kreuzberg. Sie weiß, was Azubis heute mitbringen müssen und was die | |
> Arbeit besonders macht | |
Interview Franziska Maria Schade | |
taz: Frau Mörtz, hier im Ausbildungsbürgeramt können angehende | |
Verwaltungsfachangestellte praktische Erfahrungen sammeln. Welche? | |
Heidi Mörtz: An zwei Tagen in der Woche bedienen Auszubildende die Kunden. | |
An den anderen zwei Tagen übernehmen wir als Ausbilder den Betrieb und | |
arbeiten neue Kollegen für andere Bürgerämter ein. Freitags ist das | |
Bürgeramt geschlossen, da finden Teambesprechungen und Workshops für die | |
Auszubildenden statt. | |
Wer entscheidet sich für eine Ausbildung zum Verwaltungsfachangestellten? | |
Unsere aktuellen Auszubildenden sind zwischen 16 und 34 Jahre alt. Wir | |
haben zwei Frauen dabei, die schon eine abgeschlossene Ausbildung haben, | |
aber auch Auszubildende, die direkt von der Schule kommen. Einige haben | |
einen mittleren Schulabschluss, andere Abitur. Manche haben auch schon ein | |
Studium angefangen und wieder abgebrochen oder machen die Ausbildung als | |
Vorbereitung auf ein Studium. Wie für die Bezirksverwaltung typisch, sind | |
es mehr Frauen. | |
Welche Eigenschaften sollten Auszubildende mitbringen? | |
Hilfreich ist eine offene, positive Einstellung dem Bürger gegenüber. | |
Außerdem muss man in der Lage sein, klar zu kommunizieren oder es zu | |
lernen. Man muss sowieso gut lernen können. Es gibt ständig Neuerungen, zum | |
Beispiel an der Gesetzesgrundlage. Auch Mehrsprachigkeit ist von Vorteil, | |
wobei egal ist, welche Sprachen man spricht. Zu Kommunikation, | |
Konfliktmanagement und interkultureller Kompetenz haben wir gerade eine | |
Schulung gemacht. | |
Inwieweit ist Konfliktmanagement in der täglichen Arbeit ein großes Thema? | |
Hier kommt es seltener zu Auseinandersetzungen als in anderen | |
Bürgerämtern. Die Kunden kommen gerne hierher und finden es schön, von | |
jungen Leuten bedient zu werden. Vermutlich haben die Bürger für die | |
Auszubildenden mehr Verständnis, zumal den Azubis mehr Zeit für die | |
einzelnen Vorgänge zugestanden wird und vieles mit mehr Ruhe ablaufen kann. | |
Sollte es doch zu Problemen kommen, ist immer ein Ausbilder zur | |
Unterstützung da. | |
Die Azubis können die Ausbildung mitgestalten. | |
Ja, denn Ziel des Projekts ist es auch, die Ausbildung zu verbessern. | |
Früher machten die Auszubildenden mehr Hilfsarbeiten, auch Mitarbeiter ohne | |
Ausbilderschein durften ausbilden, ohne die pädagogische Kompetenz zu | |
haben. Bei uns ist der Praxisleiterschein oder die Absicht, diesen zu | |
machen, ein Muss. | |
Sie selbst sind Verwaltungsfachangestellte. Wie kamen Sie dazu? | |
Ich komme eigentlich aus der Hotellerie, aber weil das Geschäft nicht | |
besonders familienfreundlich ist, habe ich umgesattelt. Mein Beruf und | |
besonders die Arbeit mit den Auszubildenden macht mir Spaß. Es geht darum, | |
die richtigen Leute für die Arbeit zu begeistern. Wenn wir das schaffen und | |
hier motivierte Leute sitzen, die den Job gerne machen, verbessert das auch | |
das Bild der Bürgerämter. | |
Wie ist dieses Bild denn Ihrer Meinung nach? | |
Unabhängig davon, wie gut der Einzelne bedient wurde: Die Mehrheit hat ein | |
negatives Bild. Das ist oft nicht einmal auf sachliche Hintergründe wie | |
fehlendes Personal, sondern auf einzelne Personen bezogen. Wir erhalten | |
aber auch positive Rückmeldung, die bleibt dann meist im persönlichen | |
Gespräch und dringt nicht nach außen. | |
Was ist das Besondere an der Arbeit hier? | |
Das Besondere ist ganz klar der Umgang mit den Bürgern. Jeder Tag ist | |
anders, weil andere Menschen kommen. Hier kommen sehr viele Leute sehr kurz | |
nacheinander mit immer wieder anderen Anliegen. Durch die Terminvergabe | |
lässt sich das Publikum gut steuern, aber es sprechen immer Bürger mit | |
einem dringend Anliegen vor und bitten um Unterstützung. All dem gerecht zu | |
werden ist nicht immer einfach. | |
Und Sie müssen dabei immer freundlich bleiben. | |
Wir sind eine bürgerorientierte Verwaltung. Der Anspruch ist, ständig | |
freundlich und fachlich bei den Bürgern zu sein. Aber die Bürger sind | |
leider nicht immer freundlich. Besonders wenn man im Stress ist, ist das | |
dann deprimierend. Den Ansprüchen der Bürger und den rechtlichen Vorgaben | |
gerecht zu werden ist nicht immer einfach. | |
Frustriert Sie die teilweise negative Berichterstattung über Bürgerämter? | |
In den Artikeln stehen wahre Dinge, zum Beispiel zum Personalmangel. Das | |
stimmt, und dafür können wir hier vor Ort jedoch nichts. Aber wenn es | |
unfair wird, trifft uns das schon sehr. Es mag durchaus unfreundliche | |
Sachbearbeiter geben, aber das ist ja nicht die Masse. | |
11 Jul 2015 | |
## AUTOREN | |
Franziska Maria Schade | |
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