# taz.de -- Mexiko: Die Guerilla kehrt zurück | |
> In Mexiko haben die totgeglaubten EPR-Guerillagruppen eine Serie von | |
> Anschlägen auf Ölpipelines verübt. Der Staat reagiert nervös. | |
Bild: Schutz vor "chirurgischen Störaktionen": Soldat bewacht Erdöl-Anlage | |
MEXIKO-STADT taz Tausende von Soldaten und Polizisten bewachen seit einigen | |
Tagen die Raffinerien, Pipelines und Bohrinseln des staatlichen | |
mexikanischen Erdölkonzerns Pemex. Mit diesem Großeinsatz reagiert die | |
konservative Regierung auf eine Reihe von Bombenanschlägen, zu denen sich | |
die "Revolutionäre Volksarmee" (EPR) bekannt hat. Die Guerillagruppe | |
zerstörte am vergangenen Dienstag zwei Gasleitungen in den | |
zentralmexikanischen Bundesstaaten Guanajuato und Querétaro. Weitere Rohre | |
waren bereits fünf Tage zuvor gesprengt worden. | |
Menschen kamen durch die Angriffe nicht zu Schaden. Rund tausend Betriebe | |
der Industrieregion mussten jedoch wegen mangelnder Energieversorgung ihre | |
Produktion drastisch reduzieren und Millionenverluste hinnehmen. So | |
beispielsweise der multinationale Fahrzeughersteller Honda oder Mexikos | |
größter Glasproduzent Vitro. "Wir müssen zugeben, dass die strategischen | |
Einrichtungen in Mexiko nicht gegen terroristische Aktionen geschtzt sind," | |
bestätigte der Präsident der Energiekommission des Senats, Francisco | |
Labastida. Pemex ist für den lateinamerikanischen Staat die wichtigste | |
Einahmequelle. | |
Mit ihren "chirurgischen Störaktionen" wollte die EPR ein Lebenszeichen | |
zweier mutmaßlich verhafteter Mitglieder der Organisation erzwingen. Die | |
beiden ERP-Aktivisten seien am 25. Mai im Bundesstaat Oaxaca festgenommen | |
worden und seitdem verschwunden, sagt die EPR. Die | |
Generalstaatsanwaltschaft hingegen ließ Ende letzter Woche wissen, dass ihr | |
bislang nichts von einer Verhaftung der EPR-Aktivisten bekannt sei. Nach | |
wie vor ist über ihen Verbleib nichts bekannt. | |
Über die derzeitige Stärke der EPR herrscht Unklarheit. Die Organisation | |
gründete sich 1996. In den verarmten Bundesstaaten Oaxaca und Guerrero, wo | |
die bäuerliche Bevölkerung oft wehrlos örtlichen Großgrundbesitzern, | |
Drogenchefs oder korrupten Polizisten ausgesetzt ist, verfügt sie über eine | |
kleine Basis. Sie gilt als marxistisch-leninistisches Gegenstück zur eher | |
undogmatischen Zapatistischen Befreiungsarmee (EZLN). In den Neunzigern | |
verübte die EPR Anschläge auf Polizeistationen und Armeeposten, in den | |
letzten Jahren meldete sie sich aber nur noch gelegentlich in Kommuniques | |
zu Wort. Neben Angriffen von staatlicher Seite hatten die Guerilleros mit | |
internen Streitigkeiten zu kämpfen, aus denen mehrere Abspaltungen | |
hervorgingen. Viele der rund 15 in Mexiko agierenden meist kleinen | |
bewaffneten Gruppen sind aus der EPR enstanden, manche stehen heute den | |
Zapatisten oder sozialen Bewegungen nahe. | |
Bereits während des Aufstandes von Lehrern, Indígenas und linke | |
Organisationen im letzten Jahr in Oaxaca hatten Guerillagruppen gemeinsam | |
Anschläge verübt. Dass die EPR nun in den verhältnismäßig reichen | |
Bundesstaaten Zentralmexikos aktiv wurden, ist für Jorge Lofredo vom | |
"Dokumentationszentrum bewaffneter Bewegungen" ein weiteres Zeichen für die | |
Stärkung solcher Gruppen. Der Guerillaexperte sieht eine Tendenz zur | |
Vereinigung "politisch-militärischer Organisationen" angesichts der | |
schwierigen Menschenrechtssituation im Land. Einige Vertreter der | |
gemäßigten Linken zweifelten daran, dass die EPR hinter den Anschlägen | |
steckt. Der gescheiterte Präsidentschaftskandidat der sozialdemokratischen | |
PRD, Andrés Manuel López Obrador, beschuldigte die Regierung, sie wolle | |
durch die Anschläge von einem aktuellen Skandal um die illegale | |
Finanzierung von Calderóns Wahlkampf ablenken. Menschenrechtler kritisieren | |
die zunehmende Militarpräsenz im Land und befürchten, dass der Präsident | |
die Angriffe dazu benutzt, soziale Bewegungen zu kriminalisieren. | |
16 Jul 2007 | |
## AUTOREN | |
Wolf-Dieter Vogel | |
## TAGS | |
Zapatisten | |
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