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# taz.de -- Bayer-Pipeline: Kohlenmonoxid vergiftet Stimmung
> Der Chemiekonzern Bayer verlegt eine Leitung, die Kohlenmonoxid
> transportieren soll. Anwohner protestieren, weil sie das hochgiftige Gas
> fürchten - und den Verlust von Arbeitsplätzen.
Bild: Bayer-Konzern: Röhrenbau gegen alle Widerstände.
DÜSSELDORF taz Nichts ist zu sehen, nichts ist zu hören, nichts ist zu
riechen. Trotzdem fallen Menschen in Ohnmacht und ersticken kurze Zeit
später: Kohlenmonoxid (CO) ist farblos, geruchsneutral und hochgiftig. Das
wissen die Bewohner rund um Düsseldorf. Seit einigen Monaten regt sich dort
massiver Widerstand. Denn der Chemiegigant Bayer verlegt eine knapp 70
Kilometer lange Pipeline zwischen seinen Werken Dormagen und Uerdingen, die
dieses Gas transportieren soll.
Nicht nur die Umweltverbände und örtliche Initiativen machen mobil. Auch
CDU-Bürgermeister der betroffenen Kommunen klagen gegen die Enteignungen
ihres Geländes. Die konservative "Rheinische Post" zitiert ein Gutachten,
das im Falle eines Leitungsbruchs von fast 150.000 Betroffenen ausgeht. Das
Szenario erscheint noch bedrohlicher, seit das Umweltamt des Kreises
Mettmann, durch dessen Gebiet die Röhre verlegt wird, erklärte, die
Feuerwehren entlang der Trasse seien bei einen Bruch der Leitung weder
technisch noch personell gerüstet, um Rettungsmaßnahmen zu ergreifen.
Warum aber verfolgt Bayer so hartnäckig seine Pläne? An beiden
Industriestandorten gibt es Anlagen zur Herstellung des gefährlichen Gases.
Während aber im südlich gelegenen Dormagen die Produktion nicht ausgelastet
ist, benötigt man im nördlichen Uerdingen mehr CO als dort hergestellt
werden kann. Durch die Pipeline werde "die Versorgungssicherheit der
Standorte mit einem wichtigen Grundstoff für die Kunststoff-Herstellung
erhöht", erläutert Kerstin Nacken, Pressesprecherin der Bayer Industry
Services in Leverkusen. Als Hauptgrund für die Röhre nennt sie aber den
Erhalt von Arbeitsplätzen. Rund 76.300 Menschen arbeiten laut Nacken in NRW
in der Kunststoffproduktion und der weiterverarbeitende Industrie.
Genau dieses Arbeitsplatzargument hat die Landesregierung vor gut einem
Jahr bewogen, ein Gesetz für die Röhre zu verabschieden, das Enteignungen
ermögliche, um das Gemeinwohl nicht zu gefährden. "Dabei könnte das
Gegenteil passieren", sagt Philipp Mimkes von der "Coordination gegen
Bayer-Gefahren". Ist die Pipeline einmal gebaut, könnten Arbeitsplätze
gestrichen werden. Denn die Anlage in Uerdingen zur Herstellung von
Kohlenmonoxid sei vergleichsweise alt. Sie könnte stillgelegt werden,
sobald das Gas aus der Röhre kommt, mutmaßt Mimkes.
Die Pipeline werde nicht gebaut, um dem Gemeinwohl zu dienen, meint er.
Diese Bedingung stellt die Verfassung, um Enteignungen zu ermöglichen. Noch
ist eine Kohlenmonoxidleitung dieser Länge außerhalb eines
zusammenhängenden Industriegeländes in Europa ein Novum. Es stehe aber zu
befürchten, so Mimkes, dass das Beispiel Schule macht. Hochtoxische Stoffe
könnten, statt dezentral erzeugt zu werden, in Zukunft wie Strom und Wasser
für die Industrie aus einem Leitungsnetz kommen.
Ob sich der Chemieriese gegen die Bürgerinitiativen und Bürgermeister
durchsetzen kann, ist noch nicht klar. Die Bürgermeister haben von der Uni
Köln ein Rechtsgutachten erhalten, in dem die Verfassungsmäßigkeit des
Gesetzgebungsverfahrens angezweifelt wird. Die Bürgerinitiativen wollen
heute Vormittag in Duisburg noch einmal demonstrieren.
3 Aug 2007
## AUTOREN
Lutz Debus
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