# taz.de -- Kommentar: Die böse Seuche Unvernunft | |
> Nach dem letzten Ausbruch der Seuche wurde in Großbritannien heftig über | |
> die Zukunft der Landwirtschaft diskutiert. Doch getan hat sich nichts. | |
Die Nachricht entbehrt nicht einer gewissen Ironie: Ausgerechnet ein Labor, | |
in dem ein Impfstoff gegen die Maul- und Klauenseuche entwickelt wurde, ist | |
für den erneuten Ausbruch der Seuche in Großbritannien verantwortlich. | |
Darüber hinaus ist dieser Impfstoff nicht mal für Großbritannien bestimmt, | |
er darf dort nicht verwendet werden. | |
Nachdem die Seuche nach ihrem letzten Ausbruch im Januar 2002 besiegt war, | |
setzten heftige Diskussionen über die Zukunft der Landwirtschaft ein. Eine | |
Untersuchungskommission empfahl eine neue "nationale Strategie" zur | |
Seucheneindämmung, die damalige Landwirtschaftsministerin kündigte ein | |
Impfprogramm an, denn die Bilder von brennenden Scheiterhaufen mit | |
Millionen von Tieren gingen um die Welt und waren nicht eben imagefördernd. | |
Doch getan hat sich nichts. Das Image des Landes ist der mächtigen Allianz | |
aus Lebensmittelindustrie und Großbauern egal. Die Regierung ist wieder mal | |
vor dieser Allianz eingeknickt - wie im April 2001. Schon damals hatte sich | |
Premierminister Tony Blair eigentlich für ein Impfprogramm entschieden, | |
500.000 Präparate waren bereitgestellt. Das Programm wurde in letzter | |
Minute gestoppt, weil die Lebensmittelunternehmen, allen voran Nestlé, es | |
so wollten. | |
Hätte man geimpft, hätte Großbritannien seinen Status als seuchenfreies | |
Land verloren, mindestens ein Jahr lang hätten keine Tierprodukte | |
exportiert werden dürfen. Nestlé wäre auf seinem in England hergestellten | |
Milchpulver für Entwicklungsländer sitzengeblieben. Ohne Impfungen konnte | |
man dagegen schon drei Monate nach dem letzten Fall wieder exportieren. | |
Auch für die Großbauern sind tote Tiere wertvoller als geimpfte. Letztere | |
sind unverkäuflich, und es gibt für sie keine Entschädigung. Jeder | |
brennende Scheiterhaufen bescherte den Bauern dagegen Bares. Gar nicht erst | |
in Erwägung gezogen wird daher die vernünftigste Alternative: nichts zu | |
tun. Die Maul- und Klauenseuche ist für Menschen ungefährlich, und die | |
meisten Tiere überwinden sie nach wenigen Wochen. Aber dann sind sie | |
unverkäuflich. Die Seuche selbst ist also nicht das Problem. Es ist die | |
Reaktion darauf. | |
6 Aug 2007 | |
## AUTOREN | |
Ralf Sotscheck | |
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