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# taz.de -- Adoptionsmafia: "Ich hole meinen Sohn zurück!"
> Das Protokoll einer 19-jährigen Guatemaltekin, der nach einer
> Vergewaltigung das Kind geraubt wurde.
Bild: Ana-Alicia Ical Coc kämpft um ihren Sohn.
Ich heiße Ana-Alicia Ical Coc und bin 19 Jahre alt. Ich wohne mit meiner
Mutter in San Pedro Carchá, einem Dorf in der Nähe von Cobán in Guatemala.
Mein Vater lebt in einem Dorf im Norden des Landes. Er hat dort Arbeit
gefunden.
Im vergangenen Jahr wurde um die Hand meiner Schwester angehalten. Es
musste jemand zu unserem Vater gehen und ihn zur Hochzeit einladen. Das
gehört sich so. Ich habe das übernommen. Der zukünftige Schwager meiner
Schwester hat mich begleitet. Auf dem Weg zu dem Dorf meines Vaters hat er
mich vergewaltigt. Nur ein einziges Mal. Aber ich bin schwanger geworden.
Als ich gemerkt habe, dass meine Periode ausblieb, habe ich meiner Mutter
von meinem Problem erzählt. Wir haben die Mitglieder des Gemeinderats um
Hilfe gebeten. Sie sollten mit dem Mann sprechen, dass er das Kind
anerkennt. Aber sie haben abgelehnt. Sie haben gesagt, dass die Familie des
Mannes sehr gewalttätig ist und es nicht das erste Mal ist, dass dieser
Mann Frauen vergewaltigt. Sie könnten nichts dagegen tun.
Zwei Wochen vor der Geburt kam ein Bruder meines Vergewaltigers zu mir. Er
heißt Javier. "Ich habe eine Überraschung für dich", hat er gesagt. "Ich
habe einen schönen Ort gefunden, an dem du dein Kind zur Welt bringen
kannst - in meinem Dorf. Meine Frau wird dort sein und sie wird dich gut
behandeln. Du wirst ein wenig arbeiten. Du wirst die Fenster putzen, aber
das ist alles."
In meinem Dorf hätte sich niemand um mich gekümmert und die Leute hätten
keine gute Meinung von mir gehabt - mit einem Kind ohne Vater. Also habe
ich mich entschieden zu gehen - die Frau dort wurde mir empfohlen. Sie hat
mir versprochen, dass ich mich nach der Geburt drei Monate ausruhen darf.
Wir haben ausgemacht, dass sie mich um elf Uhr am nächsten Tag abholen. Sie
kamen also und haben mich in das Haus von Sandra gebracht. Sandra hat
gesagt: "Du wirst dich hier wohl fühlen. Es wird dir an nichts fehlen."
Zwei Monate nachdem ich in dem Haus angekommen war, haben die Wehen
angefangen und ich habe das Sandra gesagt. Sie hat mir gesagt, dass sie
mich zu einer Hebamme bringen wird. Dort habe ich mein Baby zur Welt
gebracht. Es hatte ganz weiße Haut und grüne Augen - wie der Vater. Ich
habe meinen Sohn geboren, aber ich durfte nur zwei Tage mit ihm
zusammenbleiben. Dann haben sie mich nach Guatemala-Stadt gebracht. Ich
wusste nicht, wo wir waren. Sie haben mich in ein Zimmer gesteckt, in dem
nur eine Matratze lag.
Am Mittag haben sie mir mein Kind weggenommen. Zuerst haben sie mich
gezwungen, vor einer Videokamera und einem Fotoapparat mit meinem Sohn im
Arm zu posieren. Das Gleiche passierte mit einer anderen Frau, die auch mit
ihrem Kind da war. Sie haben mich gezwungen, meinen Fingerabdruck auf
ungefähr zehn Blanko-Dokumente zu drücken. Ich habe mein Kind nie
wiedergesehen.
Eine Woche später haben sie mich in einen Bus nach Cobán gesetzt. Sie haben
das Ticket bezahlt und ich bin alleine zurückgekommen. Ich konnte mich an
kaum etwas erinnern. Nach drei Wochen haben mich die Gemeindevorsteher zu
einer Stelle gebracht, die sich um die Rechte der indigenen Frauen kümmert.
Wir haben gemeinsam angefangen, nach meinem Sohn zu suchen. Wir haben Namen
und wissen, wo die Betreffenden wohnen. Aber bisher will uns niemand
helfen. Keiner hört mich an. Aber ich bin die Mutter. Ich habe das Baby
ausgetragen. Ich habe so sehr gelitten. Es ist mein Sohn. Ich will ihn
wieder haben und ich werde ihn mir da holen, wo sie ihn mir weggenommen
haben.
PROTOKOLL: RUTH REICHSTEIN
21 Aug 2007
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