# taz.de -- Hackerangriff: China stöbert auf Pentagon-PCs | |
> Nach dem Bundeskanzleramt wurde laut einem Bericht auch das Pentagon Ziel | |
> einer Hackerattacke aus China. Im Minister-Büro fiel ein System aus. | |
Bild: Offiziell nur ein Rechnerproblem: Amerikanisches Verteidigungsministerium | |
BERLIN taz Man muss sich das einmal vorstellen: Computerspezialisten aus | |
dem aufstrebenden Riesenreich China kommen über das Internet auf die | |
wichtigsten Rechnersysteme in den wichtigsten Institutionen der westlichen | |
Welt. Dort spionieren sie Daten aus und liefern sie dann ihrer Regierung | |
aus, damit diese dann noch mehr Wettbewerbsvorteile gegenüber "Old Europe" | |
habe. Oder, schlimmer noch: Das chinesische Militär penetriert virtuell die | |
Netze der amerikanischen Armee und löst dabei diplomatische Krisen aus. | |
Beide Szenarien scheinen in diesem ausklingenden Sommer Wirklichkeit | |
geworden zu sein. Vorvergangene Woche meldete der "Spiegel" unter dem | |
reißerischen Titel "Die gelbe Gefahr", wie chinesische Hacker versucht | |
hätten, mit Hilfe trojanischer E-Mail-Anhängsel an Daten aus dem | |
Merkelschen Kanzleramt zu gelangen. Und heute morgen meldet die Londoner | |
"Financial Times" recht atemlos, chinesischen Militärs sei der Einbruch in | |
Computer des US-Verteidigungsministeriums gelungen, worauf gar ein | |
Rechnersystem im Büro des Ministers Robert Gates eine Woche lange habe | |
abgeschaltet werden müssen. | |
Während das Pentagon offiziell nur ein Rechnerproblem einräumen mochte, die | |
Chinesen laut "FT" jedoch nur unter der Hand als Urheber genannt werden, | |
führte der Kanzleramts-Hackversuch gar zu einer offiziellen Beschwerde der | |
Kanzlerin bei der Pekinger Staatsführung (dabei hatte die chinesische | |
Botschaft in Berlin sich zuvor der "Spiegel"-Vorwürfe in harten Worten | |
erwehrt - alles "verantwortungslose Spekulationen"). | |
Was läuft da tatsächlich? Haben wir es mit einer neuen Qualität | |
militärischer und geheimdienstlicher Angriffe zu tun, ist der lange von | |
Armeestrategen befürchtete "Cyberwar" hier, in dem nicht mehr mit Soldaten, | |
sondern mit cleveren Computerexperten gekämpft wird? Die Antwort darauf | |
kann nur lauten: Ja und Nein. Bei allen explosiven Berichten, die man | |
zuletzt lesen konnte, ist zwischen echten Geheimhaltungsbereichen mit hoher | |
Datensicherheit und Systemen zu unterscheiden, die jedes Kind knacken | |
könnte. | |
So reagierten Experten wie die des Chaos Computer Clubs (CCC) auf den | |
"Kanzleramtshack" eher mit Grinsen denn mit Alarmiertheit. Der Grund: Die | |
E-Mails mit den Trojanern, die in gewöhnlichen Office-Dokumentendateien | |
steckten, erreichten nicht besonders gesicherte Systeme. Herkömmliche | |
Virenschutzmaßnahmen und gewöhnliche Vorsichtsmaßnahmen bei der Verwendung | |
von Windows-Rechnern helfen gegen solche Gefahren. | |
Auch im Pentagon scheinen die angeblich aus China stammenden Hacker nur auf | |
Systeme Zugriff gehabt zu haben, die nichts Geheimes enthielten. Die 'FT' | |
meldet denn auch in einem Nebensatz, das Verteidigungsministerium denke nun | |
Insidern zufolge darüber nach, Dokumente nicht mehr über unsichere | |
E-Mail-Systeme zu versenden - eine Vorsichtsmaßnahme, die eigentlich schon | |
längst hätte ergriffen werden müssen und bei der sich, sollte sie wirklich | |
erst jetzt notwendig sein, jeder IT-Sicherheitsspezialist an den Kopf | |
greift. | |
Die wirklich geheimen Daten lagern und lagerten Regierungen wie Militärs | |
schon immer auf eigenen, vom regulären Internet abgetrennten Systemen aus, | |
wenn sie es mit der Sicherheit ernst meinen. Diese lassen sich nicht sehr | |
einfach von außen penetrieren. Sollte das chinesische Militär tatsächlich | |
regelmäßige Angriffe auf im Internet erreichbare Pentagon-Rechner | |
durchführen, wie die "FT" meldet, würde das den Beamten Experten zufolge | |
recht einfach auffallen - und das tat es in dieser Fall ja auch. | |
Kein Wunder eigentlich, dass die chinesische Regierung ein sofortiges | |
Dementi auf den Bericht folgen ließ, nachdem man laut "FT" zuvor jeden | |
Kommentar verweigert hatte. Ließen sie sich die chinesischen Militärs | |
tatsächlich so einfach erwischen, wie dies den Beamten im Pentagon offenbar | |
gelungen ist, wäre dies eher peinlich für die IT-Fachleute der Nation. Der | |
Cyberwar mag bereits in der Gegenwart angekommen sein, über seine | |
tatsächlichen Schlachten wird die Öffentlichkeit jedoch wenig erfahren. Dem | |
Kanzleramt kann man unterdessen nur empfehlen, die Beamten besser zu | |
schulen: E-Mail-Anhänge aus unbekannter Quelle öffnet man einfach nicht, | |
egal ob sie aus China oder von Otto-Normal-Virenverbreiter stammen. | |
4 Sep 2007 | |
## AUTOREN | |
Ben Schwan | |
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