# taz.de -- Internationale Klimapolitik: "Ein Affront gegen den Klimaschutz" | |
> Bei der UN präsentierten sich Merkel und Sarkozy als Klimaretter. Nun | |
> legt Bush mit einem eigenen Gipfel nach. So will er den internationalen | |
> Prozess torpedieren, meint Daniel Mittler von Greenpeace. | |
Bild: Lieblingsgegner der internationalen Klimaschützer: US-Präsident Bush. | |
taz: Herr Mittler, auf dem UN-Klimagipfel haben sich Angela Merkel und | |
Nicolas Sarkozy als Klimaretter präsentiert. Wer gab das bessere Bild ab? | |
Daniel Mittler: Der französische Präsident schlug der Welt vor, das | |
Klimaproblem durch den Ausbau der Atomenergie zu lösen. Das ist ein Affront | |
gegen den Klimaschutz: Jeder Euro, der in die gefährliche Atomenergie | |
fließt, finanziert nicht Energieeffizienz und erneuerbare Energien, die den | |
Klimawandel wirklich aufhalten können. Atomenergie ist das Problem, nicht | |
die Lösung. | |
Angela Merkel hat also gepunktet? | |
Deutschland hat klar eine Führungsposition in der internationalen | |
Klimapolitik inne. Das war schon unter Kohl und Schröder so, aber Merkel | |
hat diese Rolle in den letzten Monaten verstärkt. Allerdings hörte man in | |
New York die deutlichsten Worte - etwa gegen den Bau neuer Kohlekraftwerke | |
- von Al Gore, nicht von Frau Merkel. Solange Frau Merkel in Deutschland | |
neue Kohlekraftwerke unterstützt und vor der Autolobby bei | |
Effizienzstandards einknickt, ist sie als Klimaschützerin nicht glaubhaft. | |
George Bush hat an der UN-Klimakonferenz vom Montag nicht teilgenommen und | |
in der UN-Generalversammlung am Dienstag das Thema nur gestreift. Wie | |
stehen die Chancen, die USA noch für ein Weltklimaabkommen zu gewinnen? | |
Wir müssen das Nachfolgeabkommen zu Kioto so aufbauen, dass die USA 2009 | |
unter einem neuen Präsidenten wieder einsteigen können. Wir dürfen auf | |
keinen Fall zulassen, dass die Bush-Regierung die Arbeit an diesem | |
Folgeabkommen torpediert. Klar scheint nämlich, dass Bush keinen Zentimeter | |
von seiner Anti-Kioto-Haltung abrücken wird. | |
Alternativ zum Montags-Klimagipfel hat Bush heute 15 Staaten nach | |
Washington zu einem eigenen Klimagipfel geladen. Worum geht es? | |
Das ist ein Ablenkungsmanöver. Bush kann den Klimawandel nicht mehr leugnen | |
- also möchte er besorgt erscheinen, bis er nächstes Jahr endlich das Weiße | |
Haus verlässt. Die Ideen und Inhalte beider Klimagipfel könnten | |
verschiedener nicht sein: Die USA wollen keine Reduktionsverpflichtung, wie | |
im Kioto-Protokoll festgeschrieben, sondern hoffen darauf, dass technischer | |
Fortschritt uns retten wird. Kioto setzt auf verbindliche Reduktionsziele | |
und klare Obergrenzen für den CO2-Ausstoß. Es ist sicherlich ein | |
diplomatischer Erfolg, dass George W. Bush heute sagen muss, dass er die UN | |
unterstützt. Aber solange die USA keine verbindlichen Reduktionsziele | |
akzeptieren, ist ihre Klimapolitik unglaubwürdig. | |
Die Bundeskanzlerin hatte vorgeschlagen, jedem Weltbürger denselben | |
CO2-Ausstoß pro Kopf zuzugestehen. Demnach dürften Entwicklungsländer so | |
lange mehr CO2 pro Kopf produzieren, bis sie das sinkende Niveau der | |
Industriestaaten erreicht haben. Wie ist der Vorschlag bei den | |
Entwicklungsländern angekommen? | |
Bei dem Vorschlag stimmt die Richtung. Indien etwa hat dieses Thema am | |
Montag bei der UN-Konferenz wieder aufgegriffen. Es ist in der Tat eine | |
ungerechte Welt, in der ein Inder im Durchschnitt etwa 1 Tonne CO2 ausstößt | |
und ein Amerikaner 20. Der Vorschlag kam daher bei den Entwicklungsländern | |
gut an. Es ist aber auch klar, dass die Bundesregierung sich selbst ein | |
Bein beim Klimaschutz stellt, die Patentrechte deutscher Konzerne ernster | |
nimmt als die globale Verbreitung umweltfreundlicher Technologien. Wenn wir | |
Entwicklungsländer nicht in die Lage versetzen, selbst Wind- oder | |
Sonnenkraftwerke zu bauen, wird es nicht die Art der Ausbreitung von | |
erneuerbaren Energien in Entwicklungsländern geben, die wir brauchen. | |
Ähnlich wie Unternehmen wollen Entwicklungsländer erst einmal wachsen. Was | |
kann man ihnen anbieten, damit sie sich an Klimaschutzziele halten? | |
Wachstum und Klimaschutz sind nicht unbedingt Gegensätze - zumindest nicht | |
in den Entwicklungsländern. Greenpeace hat ein Energieszenario für China | |
vorgelegt, in dem gezeigt wird, dass China weiter wachsen und sogar | |
Armutsbekämpfung durch die Verbreitung erneuerbarer Energien aktiver | |
betreiben kann und gleichzeitig einen Beitrag zum Klimaschutz leisten kann. | |
Wie ist Ihr Resümee der Konferenz? | |
Nie war seit dem Nachhaltigkeitsgipfel von Rio 1992 die Aufmerksamkeit für | |
Klimaschutz so groß wie heute. Der UN-Klimagipfel von New York hat gezeigt: | |
Selbst die Regierungschefs erwarten jetzt Fortschritte in der Klimapolitik. | |
Das bedeutet für jene Diplomaten, die im Dezember auf der | |
Weltklimakonferenz in Bali verhandeln, dass sie enorm unter Druck stehen, | |
Resultate liefern müssen. Wenn Herr Gabriel in Washington die Störmanöver | |
der Amerikaner abwehrt, dann war es eine gute Woche für den Klimaschutz. | |
INTERVIEW: NICOLE BASEL | |
26 Sep 2007 | |
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