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# taz.de -- Schach-Weltmeisterschaft: "Tiger von Madras" auf Siegeszug
> Der Inder Anand steht nach einem erneutem Sieg in Mexiko City vor dem
> WM-Titel.
Bild: Cool, bescheiden und auf dem Weg zum Sieg: Viswanathan Anand.
Wladimir Kramnik hat resigniert. Der Schach-Weltmeister schüttelt nach nur
13 Zügen und 35 Minuten Spielzeit die Hand seines russischen Landsmanns
Alexander Grischuk und willigt in dessen Remisofferte ein. Nach elf von 14
Runden bei der mit 1,3 Millionen Dollar dotierten WM weiß Kramnik, dass in
Mexiko City die letzten vier Tage seiner Regentschaft auf dem Schach-Thron
angebrochen sind.
Sein Nachfolger sitzt nicht weit entfernt am Nebentisch: Viswanathan Anand.
Der Inder beherrscht das Feld nach Belieben. Der bescheidene "Tiger von
Madras" würde es selbst nie brüllen, sein wortgewaltiger Ziehvater
Hans-Walter Schmitt spricht es dagegen gelassen aus: "Wir sehen den besten
Vishy aller Zeiten: Er ist cool und mental stark!", befindet der
Organisator der Chess Classic Mainz, die Anand bereits zehnmal gewonnen
hat. Dass der 37-Jährige vor Selbstvertrauen strotzt, muss auch Alexander
Morosewitsch erkennen. Der Weltranglistenfünfte aus Russland bietet im 32.
Zug eine Zugwiederholung an. Doch der
Spitzenspieler des deutschen Meisters OSC Baden-Baden schlägt die Einladung
zum Remis in komplizierter Stellung aus - Anand will die Scharte aus der
Vorrunde auswetzen, als ihm Morosewitsch noch wundersam von der Schippe
gesprungen war und ins Unentschieden entkam. Nach einem weiteren brillanten
Turmopfer, das der Russe wegen Damenverlusts nicht annehmen darf, gibt
Schwarz im 56. Zug endlich auf.
Drei Runden vor Schluss benötigt Anand nun höchstens noch einen Punkt, um
zum zweiten Mal Weltmeister zu werden. Von 2000 bis 2002 war es der bei
Madrid lebende Großmeister schon - allerdings "nur" der des
Schach-Weltverbandes FIDE. Nach der Titelvereinigung im Vorjahr zwischen
Kramnik und dem Bulgaren Wesselin Topalow wird der Weltranglistenerste nun
zum unumschränkten Herrscher auf den 64 Feldern. Nach elf Durchgängen liegt
die Konkurrenz weit abgeschlagen hinter dem Führenden mit 7,5 Punkten.
Boris Gelfand besitzt mit 6 Zählern theoretisch die besten Chancen, die
Thronbesteigung des Inders zu verhindern. Den Glauben daran hat der in
Weißrussland geborene Israeli aber verloren. Bereits nach 22 Zügen stellte
Gelfand gegen Peter Swidler den Kampf ein und bot selbst das Remis an.
Hoffnung sieht anders aus. Mit ausgeglichener Bilanz von 5,5:5,5 Punkten
finden sich die drei vor der WM als Mitfavoriten gehandelten Kramnik, der
Ungar Peter Leko und der in Berlin lebende Armenier Lewon Aronjan. Die drei
Russen Alexander Grischuk (5), Morosewitsch und Swidler (beide 4,5) bilden
das Schlusslicht.
Dem entthronten Kramnik bleibt ein Trost: Ein WM-Match gegen den in der
Weltrangliste mit ihm auf Platz zwei liegenden Topalow hat er vermieden. Zu
dem wäre es im Falle seines Turniersiegs gekommen, legte der
Schach-Weltverband FIDE fest. Der Bulgare hatte bei der WM-Titelvereinigung
2006 nach seinem desolaten Start für einen Affront gesorgt und Kramnik
vorgeworfen, der 32-Jährige würde auf der Toilette mit Computer-Hilfe
betrügen. Statt des Zweikampfs mit dem seitdem verhassten Topalow steht
Kramnik nun ein Revanchematch gegen den neuen Weltmeister zu. Die Pläne
dazu hat sein Dortmunder Manager Carsten Hensel bereits in der Schublade.
Die sehen ein Millionen-Duell 2008 in Deutschland vor. Hensel hat bereits
zahlungskräftige Sponsoren an der Hand - und mit Anand einen angenehmen
Gegner. Menschlich wohlgemerkt, da der gelassene Brahmane anders als
Topalow nie für Ärger sorgt. Schachlich wird Anand jedoch zur größeren
Herausforderung für Kramnik.
27 Sep 2007
## AUTOREN
Hartmut Metz
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