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# taz.de -- Deutscher Fernsehpreis: Gnade für Maria F.
> Die siebte Verleihung des "Deutschen Fernsehpreises" brachte so manche
> Überraschung: Eine Jury in Deutschland entscheidet originell und ein
> Echt-Altstar hat Hunger.
Bild: Preis für die Furtwänglerin. Aus humanitären Gründen.
Nun ist es bewiesen: Es braucht sieben "Deutsche Fernsehpreise", um sich an
eine Galamusik zu gewöhnen, die jeder Fahrstuhlfabrikant als unter Niveau
ablehnen würde. Und es gilt, den Hut zu ziehen vor einer Jury, die am
Samstag ausgerechnet in der Königsdiszipilin einfach machte, was sie
wollte: nämlich "Rose" auszeichnen, einen Quaisidebütfilm des
Ausnahmetalents Alain Gsponer mit einer brillanten Corinna Harfouch als
alleinerziehenden Mutter, die ihrer dreifaltigen Teeniebrut den Weg weist.
Das ist umso bemerkenswerter, als in der gleichen Kategorie auch die ganze
Event-Mehrteiler-Soße des Jahres schwamm - und Maria "Gräfin" Furtwänglers
Reiter-Epos "Flucht" eben nicht den Preis bekam. Doch was macht man mit
einer Frau, die sich und der Welt so sehr eingeredet hat, eine große Mimin
zu sein, dass es alle glauben? Da saß die Furtwänglerin blass und frisch
frisiert in der vordersten Reihe und hoffte, hoffte, hoffte. Dem
billig-durchsichtigen Kompensationsgeschäft sei Dank wurde die gleich für
zwei "Tatorte" nominierte Maria F. dann eben als "Beste Schauspielerin"
ausgezeichnet, aus humanitären Gründen auch völlig okay.
Leider gar nicht Ordnung gingen dafür die meisten Damen und Herren
Laudatorinnen. Die ausgegebene Parole lautete wohl auch dieses Jahr
"Witzischkeit". Da will man die Kochshow-Nominierten in der neuen Kategorie
"Trend TV-Format" natürlich "nicht länger schmoren lassen". TV-Reporter
werden zu "Extremsportlern unter den Journalisten" erklärt, und Heiner
Lauterbach schwadroniert über seine schale Männlichkeit. Es wäre fast zum
Abschalten gewesen, hätte Piet Klocke nicht diesen einen kleinen Satz
gesagt, der uns schon beinahe wieder mit dem Abend versöhnte: "Das können
Sie jetzt alles akustisch stornieren." Was wir auch prompt taten. Es ist ja
nichts dagegen einzuwenden, dass sich die vier großen deutschen Sender
einmal im Jahr gegenseitig mit Preisen bewerfen. Ein bisschen Hollywood in
Köln-Ossendorf. Doch warum tun sie sich so sichtlich schwer damit? Wo
bleibt die Leichtigkeit und gar nicht so unfreiwillige Selbstironie eines
Wiener Opernballs? Braucht das deutsche Fernsehen nicht mehr TV-Galas von
der Stange des Werner Kimmig (der all den Schmonzes mit seiner Firma
produziert). Sondern eher so jemanden wie Richard "Mörtel" Lugner?
Zumindest die Privatsender wie RTL, die 2007 den "Deutschen Fernsehpreis"
ausgerichtet haben, könnten bestimmt gut damit leben. Dann würde es auch
keine Diskussionen mehr geben, wenn RTL überträgt und der Sieger in der
Kategorie "Beste Informationssendung" eben logischerweise "RTL aktuell"
heißt oder Matthias Koeberlin für seine Rolle im
ProSieben-Katastrophenschocker "Tornado - Der Zorn des Himmels" als bester
Schauspieler gegen Ulrich Tukur und Friedrich von Thun, beide im
ZDF-Auftrag unterwegs, gekürt wird. Da gucken die Herren vom Zweiten zwar
immer ein bisschen böse, aber das lernen die auch noch. Zumal die Jury ja
in diesem Jahr die Comedy-Kategorie auf "Kabarettisten" verengt hatte und
ein ZDF-Produkt namens "Die Anstalt" gewann.
Kurz vor Ende des "Deutschen Fernsehpreises 2007" kam noch ein echtes
Exemplar der raren Spezies "Star" und wurde gerechterweise fürs Lebenswerk
geehrt. Dass Götz George die Standing Ovations für ihn mit dem
schimanskihaften Blick fürs Wesentliche beendete, unterstreicht nur, wie
gut der Mann wirklich ist: "Ich muss was sagen", unterbrach George den
langen Applaus: "Ich hab wahnsinnigen Durst und wahnsinnigen Hunger. Wir
müssen zum Ende kommen."
Für "Die Flucht" gab es übrigens doch noch einen Preis, einen sogenannten
technischen, im nicht übertragenen Teil der Verleihung - für die Musik.
Fahrstuhlunternehmer aller Länder, vereinigt euch!
30 Sep 2007
## AUTOREN
Steffen Grimberg
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