# taz.de -- Stuttgart gegen Hannover: "Es fehlt die Kraft" | |
> Der Meister muss nach dem 0:2 gegen Hannover einräumen, dass aus der | |
> kleinen Krise eine große geworden ist und er Verstärkungen braucht. | |
Bild: Da muss er vom Platz, der Stuttgarter Kapitän - schon nach sieben Minute… | |
Die Nacht muss kurz gewesen sein für viele im Kader des VfB Stuttgart. | |
Nicht, dass einer auf dem Volksfest auf dem nahen "Cannstatter Wasen" | |
getanzt und getrunken hätte, bis der Morgen graute, es waren vielmehr | |
schwere Gedanken, die die schwäbischen Kicker nicht schlafen ließen. Diese | |
Gedanken schweben immer heran, wenn aus der kleinen Krise eine große wird. | |
Kein Meister seit der Bundesliga-Saison 1968/1969 startete so schlecht wie | |
der VfB in dieser Spielzeit. Damals übrigens stieg der Titelträger 1. FC | |
Nürnberg sogar in die zweite Liga ab. | |
Die Krise am Neckar ist nach dem 0:2 gegen Hannover also handfest, und | |
Mario Gomez, "Fußballer des Jahres", ist auch von ihr betroffen. Als gelte | |
es, alle Untiefen der Krise auszuloten, legte der Stürmer ein umfassendes | |
Geständnis ab. "Ich bin platt, es fehlt die Kraft, es gibt Tage, da geht | |
nichts." Gomez sprach anschließend noch Kapitän Fernando Meira "frei", der | |
schon nach sieben Minuten vom Feld musste. Handspiel im Strafraum zur | |
Vereitelung einer Torchance - das gab Rot und Elfmeter. "Er ist nicht | |
alleine schuld, auch ich habe versagt", hauchte Gomez fast apathisch. Es | |
war Meiras fünfter Platzverweis in der Bundesliga. | |
Was die Sache beim kriselnden Meister am Neckar also schwierig macht, ist | |
die Tatsache, dass Gomez nicht als Einzelfall durchgeht. Der gesamte Verein | |
scheint befallen von einer Art Burn-out-Syndrom, einem rätselhaften | |
Erschöpfungssyndrom. "Wir stecken in einer Krise", sagte Trainer Armin Veh | |
nach den Toren des Ungarn Szabolcs Huszti, der einen Handelfmeter (8. | |
Minute) verwandelte und auch das 2:0 der Niedersachsen (52.) besorgte. 36 | |
lange Jahre hatte 96 in Stuttgart nicht mehr gewonnen, diesmal siegten sie | |
völlig verdient, und Trainer Dieter Hecking bekam bald eine Ahnung vom | |
bevorstehenden Erfolg: "So, Jungs, hab ich gedacht, jetzt liegen da drei | |
Punkte auf dem Tablett, lasst sie euch nicht mehr nehmen." | |
Keiner der Schwaben war in der Lage, das zu verhindern. Deswegen beginnt in | |
Stuttgart nun langsam die Suche nach den Schuldigen. Trainer Armin Veh | |
forderte schon neue Spieler. "Dieser Kader ist zu klein für die Belastung | |
der englischen Wochen", sagte er am Tag danach. Neue Kräfte aber gibt es | |
frühestens in der Winterpause. | |
Derweil bleiben die Probleme. Keiner der Neuzugänge erfüllt nur annähernd | |
die Erwartungen. Da klingt es fast trotzig, wenn Sportdirektor Horst Heldt | |
sagt: "Ich stehe zu jedem Neuzugang." Doch ein an Jahren junger Meister | |
braucht frische Kräfte, die die Konkurrenzsituation anheizen und dem Rest | |
der Mannschaft ein bisschen Dampf machen. Da Ewerthon und Marica als | |
Fehlgriffe gelten, muss der ausgepowerte Gomez trotzdem spielen. So war man | |
an diesem traurigen schwäbischen Fußballabend fast froh, über die kommenden | |
Länderspiele sprechen zu können und den Wunsch, im Dialog mit den | |
DFB-Trainern zu erreichen, dass Spieler wie Gomez oder Hilbert im | |
heimatlichen Krankenlager Erholung zuteilwerden kann. Die beiden aber | |
fuhren zusammen mit Hitzlsperger zum Treffen mit dem Nationalteam. | |
Allein Serdar Tasci (Nasenbeinbruch) sagte die U 21 ab. Die Ausfalllisten | |
werden derweil immer länger. Auch Arthur Boka fällt vier Wochen wegen eines | |
Innenbandrisses im Knie aus. "Die ganze Vorbereitung war so", klagte Veh. | |
Aus dem Kreis der Verletzten wie Delpierre (das Kreuzband im Knie), | |
Hitzlsperger (Überlastungsreaktion Mittelfuß), Bastürk (muskuläre | |
Probleme), Tasci, Hilbert (Bandanriss im Knöchel) Boka, da Silva | |
(Muskelfaserriss) ließe sich eine schlagkräftige Krankenhauself formen. | |
Schließlich würde es keinen überraschen, wenn man über der Klubzentrale die | |
Flagge des Roten Kreuzes wehen ließe. | |
Auf Veh und Heldt kommen also stürmische Zeiten zu. Veh stellte sich | |
immerhin nach der Niederlage gegen Hannover vor seine Mannschaft. Der | |
Trainer aber, so intern geäußerte Kritik, lasse vielleicht zu viel laufen, | |
ohne steuernd einzugreifen. Auf der anderen Seite taucht die berechtigte | |
Frage auf, wen Veh als "Exempel" denn überhaupt opfern kann. Es ist | |
schließlich kaum noch einer da, den er auf die Tribüne verbannen könnte. | |
8 Oct 2007 | |
## AUTOREN | |
Oliver Trust | |
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