# taz.de -- die wahrheit: Im Würgegriff der katalanischen Handtuchdiebe | |
> Heute nimmt man den Billigflieger, um von Norddeutschland aus nach | |
> Katalonien zu kommen. Früher fuhr man mit dem Auto. Ein historischer | |
> Reisebericht von 1989. | |
Bild: Vorsicht, wenn sich finstere Gestalten von hinten an das Auto ranmachen. | |
Am ersten Reisetag kamen wir bis Freiburg, wo wir - für 65 Mark das | |
Doppelzimmer - im "Goldenen Stern" nächtigten statt, wie eigentlich | |
geplant, umsonst im Kofferraum unseres Opel Ascona; was, wenn man dessen | |
Rücklehnen umklappte, sogar einigermaßen ging. Warum wir trotzdem ein Hotel | |
nahmen? Nun, Frau Kuschel brauchte ein paar Handtücher. Sie hatte ihre | |
vergessen einzupacken. | |
Die Freiburger Handtücher erwiesen sich allerdings als eine Spur zu klein, | |
zu blau und zu kratzig für Frau Kuschels Ansprüche, sodass wir im | |
südfranzösischen Nîmes, wo wir am zweiten Reiseabend landeten, unser | |
Nachtquartier erneut nicht im Opel bezogen. Dieses Mal musste es ein | |
dreifach besterntes Hotel sein, das Doppelzimmer für 210 Franc. Die in der | |
Nasszelle üppig aufgestapelten Frotteetücher waren groß, weiß und | |
flauschig. Leider prangte auf jedem dick und mittig der Name des Hotels. | |
Kein Hinderungsgrund jedoch für Frau Kuschel, eines von den ungefähr zehn | |
Badetüchern, die sie mitgehen ließ, anderntags als Sonnenschutz ins hintere | |
linke Asconafenster zu klemmen. Und zwar so, dass jeder, der uns überholte, | |
fett und deutlich "Royal Hotel Nîmes" lesen und deshalb denken musste: "Ah, | |
sieh mal einer an. Katalanische Handtuchdiebe." Schon etwas peinlich. | |
Zum Glück hatten wir da schon bald Katalonien erreicht; den Handtuchzipfel | |
Spaniens, wie man diesen in jeder Hinsicht kargen Landstrich im Nordosten | |
der Iberischen Halbinsel nennt. Hier hat sich bekanntermaßen noch nie einer | |
groß um einen Diebstahl geschert. Schon gar nicht um ein paar geklaute | |
Hotelhandtücher. Im Gegenteil: "Der Katalane muss erst noch geboren werden, | |
der seine Handtücher regulär im Handtuchshop erwirbt. Und wenn es ihn | |
tatsächlich einmal gäbe, er würde als Verräter an der katalanischen Sache | |
gelten und umgehend nach Spanien ausgewiesen." | |
Frau Kuschel wars, die dies und einiges mehr über die traditionell so | |
diebstahlverliebten Katalanen aus einem Reiseführer vorlas, während ich den | |
Ascona über die immer staubigere Autobahn weiter gen Süden lenkte. | |
Barcelona hieß unser vorläufiges Ziel. In der "Pinkelpause unter den | |
europäischen Metropolen", wie man die Stadt gemeinhin auch nennt, wollten | |
wir die Fähre nach Ibiza nehmen, der "Beischlafdiebin der Balearen", so | |
dieses ebenfalls zu Katalonien gehörende Eiland gern bezeichnet wird. | |
Kurz vor Erreichen Barcelonas verfügten die Reisegötter, dass wir den | |
Ascona neu betanken und ihm bei dieser Gelegenheit auch etwas frisches | |
Motoröl zuführen sollten. Und so geschah es. Kaum aber als wir | |
weitergefahren waren, begann es im Ascona mächtig zu stinken. Dann quoll | |
sogar Qualm aus seinen Lüftungsschlitzen. Also nichts wie raus aus dem | |
Wagen und hoch mit der Kühlerhaube! Und siehe da: überall Öl, das auf dem | |
heißen Motorblock verdampfte, alles voller ölschwarzer Spritzer. Was aber | |
kein Wunder war. Der Deckel auf dem Füllstutzen fehlte. Klarer Fall: Ein | |
Katalane hatte ihn uns eben an der Tanke heimlich entwendet. | |
Es dauerte, bis wir den Motor - übrigens mit den Freiburger Handtüchern - | |
gründlich gereinigt und uns einen Ersatzdeckel geschnitzt hatten. So trafen | |
wir erst am späten Abend im Fährhafen Barcelonas ein. Kaum aber hatten wir | |
den Ascona auf dem Ibiza-Kai geparkt, trat mit einem Herrn Hinkel aus | |
München, wie er sich vorstellte, ein Landsmann an uns heran. Ob wir ihm | |
10.000 Peseta pumpen könnten, so bat er uns, denn ihm sei gerade das Auto | |
geklaut worden. Und zwar "mit allem drin", wie er beklagte. Geblieben war | |
ihm nur, was er am Leibe trug, also Poloshirt, kurze Hose und Adiletten. | |
Tatsächlich bot Herr Hinkel ein so glaubhaftes Bild des Jammers, das wir | |
ihm den Batzen von umgerechnet 150 DM borgten, fest von seiner misslichen | |
Klemme überzeugt, in die ihn die katalanische Dieberei gebracht hatte. | |
Zumal er uns auch noch seine personalausweislich beglaubigte Adresse samt | |
Münchner Telefonnummer übergab, sodass wir, was die Rückzahlung des Kredits | |
anging, ganz sicher sein konnten. Natürlich erwiesen sich alle Angaben | |
hinterher als frei erfunden. Klare Sache. Ein Katalane wars, der uns da so | |
astrein gefoppt hatte. | |
Damit aber nicht genug der ausgefuchsten katalanischen Schurkereien. | |
Während wir weiter der Verschiffung des Asconas harrten und ich mal eben | |
musste, machten sich zwei einheimische Halunken an Frau Kuschel ran. Der | |
eine, indem er ihr gestenreich bedeutete, dass da irgendwas hinten am | |
Ascona sei, worauf sie kurz ausstieg und gucken ging. Diesen Moment aber | |
wollte der andere nutzen, um was aus dem jetzt vorne unbewachten Auto zu | |
klauen - die Handtücher vermutlich. Frau Kuschel aber war schwer auf Draht, | |
durchschaute das Manöver und wusste die beiden Diebe mit lautem Gebrüll zu | |
verscheuchen, bevor diese auch nur einen Handtuchzipfel zu fassen bekamen. | |
Gut gemacht, Frau Kuschel! | |
13 Oct 2007 | |
## AUTOREN | |
Fritz Tietz | |
## TAGS | |
Tourismus | |
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