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# taz.de -- Wahlen in Togo: Kein Blutvergießen mehr
> Parlamentswahlen sollen die Krise beenden, die Togo seit dem Tod des
> Diktators Eyadema 2005 beherrscht. Die Chancen für freie Wahlen stehen
> diesmal gut.
Bild: Präsident Faure Gnassingbé sorgt für einen langsamen Wandel im Land.
ANEHO taz Aneho leuchtet nicht mehr gelb. Vor zweieinhalb Jahren, bei den
Präsidentschaftswahlen, klebten an allen möglichen Wänden in dem kleinen
Ort an Togos Atlantikküste knallgelbe Poster mit der roten Palme, das Logo
der größten Oppositionspartei UFC (Union der Kräfte für den Wandel). Heute,
kurz vor Parlamentswahlen in dem kleinen westafrikanischen Land, sind die
für Wahlpropaganda vorgesehenen Plakatwände nicht mal zur Hälfte genutzt.
Von einer Großkampagne einer bestimmten Partei kann nicht die Rede sein,
nicht einmal bei der Regierungspartei.
In ganz Togo mit einer Bevölkerung von rund fünf Millionen und einer
Wählerschaft von etwa dreieinhalb haben 32 Parteien über 2.000 Kandidaten
aufgestellt. Edmond Barrigah findet das viel. Der 18-jährige Bewohner von
Aného erklärt sich das so, dass viele sich etwas von einem Posten
versprechen. Edmond ist Erstwähler. Und er ist froh, dass er vor
zweieinhalb Jahren bei der Präsidentschaftswahl nur eine Zuschauerrolle
spielte.
Die Erinnerungen daran sind in Togo immer noch traumatisch. Aného galt
immer als eine Hochburg der UFC. Als Togos Präsident Gnassingbé Eyadema im
Februar 2005 nach 38 Jahren an der Macht starb, sah die lange geknebelte
Opposition ihre Stunde gekommen. Und sie wusste die Bevölkerung hinter sich
im Kampf gegen Eyademas Sohn Faure Gnassingbé, der gegen heftigen
internationalen Protest zunächst die Macht übernahm. Er trat sein Amt an
einen schwachen Übergangspräsidenten ab, der Ende April 2005 Wahlen
organisierte, zu denen Faure Gnassingbé gegen ein von der UFC mitgeführtes
Oppositionsbündnis antrat. Die Opposition zählte auf den Überdruss der
Bevölkerung nach Jahrzehnten von Diktatur und Niedergang.
Aber die klüngelnde Machtclique um die Familie Eyadema setzte auf ein
Fortbestehen der Verhältnisse. Als sich kurz nach Beginn der Auszählung ein
Sieg des gemeinsamen Oppositionskandidaten Bob Akitani andeutete,
unterbrachen Sicherheitskräfte die Auszählung. Es folgten chaotische Tage
und der Versuch der Opposition, sich den Wahlsieg nicht stehlen zu lassen.
Aber die Oppositionspolitiker brachten nicht genug Mut auf, dem Regime die
Stirn zu bieten. Die Bevölkerung ging allein auf die Straße und fühlte sich
im Stich gelassen. Dagegen standen die Sicherheitskräfte eisern hinter der
Führung. Bis heute ist die Zahl der getöteten Zivilisten unklar. Die
Opposition spricht von über 800 Toten, internationale Menschenrechtler von
bis zu 500, eine regierungsnahe Organisation von 105.
Edmond Barrigah war damals politisch nicht aktiv. Aber auch er floh,
nachdem Sicherheitskräfte zu schießen begannen. Mehrere Zehntausend
Menschen flohen aus Togo. Edmond harrte acht Monate in Benin aus. Als er
zurückkam, hatte er ein ganzes Schuljahr verloren. Sein Freund Samuel traut
dem vermeintlich eingekehrten Frieden in seinem Land bis heute nicht und
lebt noch immer im Nachbarland.
Bis heute leben 13.000 togoische Flüchtlinge in Ghana und Benin. Samuel
sagt, er wolle sein Leben nicht der alten Führungsclique anvertrauen, die
weiter an der Macht sei.
Der neue Präsident Faure Gnassingbé musste nach seiner blutigen Wahl das
System öffnen. Seit gut einem Jahr führt also der bekannte und respektierte
Oppositionspolitiker Yawovi Agboyibo die Regierung als Premierminister. Das
ist das Ergebnis eines Abkommens zwischen den wichtigsten
Oppositionsparteien und der Partei des Staatspräsidenten RPT (Sammlung des
togoischen Volkes). Die EU hat nun die Wiederaufnahme ihrer Zusammenarbeit
mit Togo, seit 1993 suspendiert, an Etappenziele einer Demokratisierung
geknüpft. Die Parlamentswahlen am Sonntag gehören dazu, und allem Anschein
nach werden sie die freiesten, die Togo je erlebt hat.
Es ist ein langsamer Wandel, aber Edmond kann damit leben, so wie wohl die
meisten seiner Landsleute. Das Ausmaß der Gewalt bei den
Präsidentschaftswahlen 2005 hatte viele schockiert. Auch wenn die Mehrheit
der togoischen Bevölkerung die alte Clique endgültig abtreten sehen will,
möchte sie dafür nicht wieder einen hohen Blutzoll zahlen. Und der neue
Präsident hat tatsächlich Bewegung in die politische Landschaft gebracht.
Mit der Aufnahme der Opposition in die Regierung hat die RPT gezeigt, dass
sie die Zeichen der Zeit nicht völlig missdeutet. Edmond ist
zuversichtlich. Er sagt, bei einem kürzlichen Besuch in der Hauptstadt habe
er sogar einen Bus der Armee mit den gelben Plakaten und der roten Palme
der UFC gesehen.
12 Oct 2007
## AUTOREN
Hakeem Jimo
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