# taz.de -- Britischer Literaturpreis für Anne Enright: Die Überraschungssieg… | |
> Anne Enright hat für ihren Roman "The Gathering" den rennomierten | |
> Man-Booker-Preis bekommen. Die Entscheidung für die Irin gilt als eine | |
> große Überraschung. | |
Bild: Triumphierte über Ian McEwan: die Irin Anne Enright. | |
Dieser Preis werde ihr Leben verändern, sagte Anne Enright. Sie wisse nur | |
noch nicht, in welche Richtung. Die irische Schriftstellerin wurde | |
vorgestern Abend mit dem Man-Booker-Preis, dem renommiertesten britischen | |
Literaturpreis, für ihren Roman "The Gathering" ausgezeichnet. Sie war die | |
große Außenseiterin. Bei den Buchmachern lagen Ian McEwans "On Chesil | |
Beach" und Lloyd Jones "Mister Pip" deutlich vorne. Die Entscheidung sei | |
sehr knapp gewesen, sagte Howard Davies, der Vorsitzende der Jury. Er | |
beschrieb ihr Buch als "unnachgiebigen Blick auf eine trauernde Familie in | |
harter und eindrucksvoller Sprache". Der Observer bezeichnete "The | |
Gathering" als "Geschichte einer funktionsgestörten Familie, die durch die | |
anregende Trostlosigkeit des Tons herausragend ist". | |
Der Roman handelt vom Leben der Familie Hegarty. Nachdem sich eins der zehn | |
Kinder umgebracht hat, treffen sich die anderen zur Totenwache. Veronica, | |
die Erzählerin, die ein scheinbar ruhiges und erfolgreiches Leben führt, | |
versucht die Gründe herauszufinden. Sie gräbt dabei tief in der | |
Familiengeschichte und stößt auf Alkoholabhängigkeit, distanzierte | |
Beziehungen und verdrängte Verbrechen. Amüsieren könne man sich bei ihrem | |
Buch nicht, räumte Enright ein. "Wenn sich Leute ein Buch kaufen, wollen | |
sie meist etwas Fröhliches, das sie aufheitert. Dann sollten sie nicht zu | |
meinem Buch greifen, denn es ist das intellektuelle Äquivalent zu einer | |
Hollywood-Schnulze." Viele haben den Rat beherzigt: Im Mai ist die düstere | |
Familiensaga erschienen, bis zur Nominierung für den mit 50.000 Pfund | |
dotierten Boo- ker-Preis sind gerade mal 3.000 Exemplare verkauft worden. | |
Enright wurde 1962 in Dublin geboren. Sie studierte Englisch und | |
Philosophie am Dubliner Trinity College und arbeitete danach für den | |
Staatssender RTE als Produzentin. Der Jobstress löste bei ihr Depressionen | |
aus. "Ich empfehle jedem, schon in jungen Jahren einen Zusammenbruch zu | |
haben", sagte sie. "Dann triffst du bestimmte Entscheidungen und kriegst | |
die Kurve. Es ist wie bei einem Auto: Man lässt es erst reparieren, wenn es | |
richtig kaputt ist." Sie beschloss damals, den Job zu kündigen, und belegte | |
einen Kurs für kreatives Schreiben an der University of East Anglia. Ihr | |
erstes Buch, "Die tragbare Jungfrau", eine Sammlung von Kurzgeschichten, | |
erschien 1991. Dafür erhielt sie den Rooney-Preis für irische Literatur. | |
2004 hat Enright ein Sachbuch mit dem Titel "Ein Geschenk des Himmels. | |
Erlebnisse einer Mutter" veröffentlicht. "The Gathering" ist ihr vierter | |
Roman. Auf Deutsch erscheint er nächstes Jahr bei DVA unter dem Titel "Das | |
Familientreffen". | |
17 Oct 2007 | |
## AUTOREN | |
Ralf Sotscheck | |
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