# taz.de -- Richard Hawley Solo: Ganz großer Schmierlappenpop | |
> Viiiiiel Schmalz, aber mit einer gehörigen Portion Selbstironie | |
> vermischt: Am Dienstagabend spielte Ex-Pulp-Gitarrist und | |
> Singer-Songwriter Richard Hawley in Berlin. | |
Bild: Der Mann mit der Buddy-Holly-, Elvis-Costello-, Götz-Alsmann-Tolle: Rich… | |
Vor ein paar Jahren war er ganz unten - Drogen, Alkohol, was das Leben als | |
Rock-n-Roller halt so mit sich bringt. Doch dann fragte ihn sein Freund | |
Jarvis Cocker, ob er nicht bei seiner bescheidenen Band Pulp als Gitarrist | |
mit einsteigen wolle, und von da an ging es aufwärts mit Richard Hawley, | |
der jetzt auch schon 40 Jahre alt ist. Nach dem Ende von Pulp hielt er sich | |
mit Jobs für All Saints und Gwen Stefani über Wasser, womit sich ganz | |
unterschiedliche Popwelten näher kamen. Auch als Solokünstler wurde aus | |
einem Geheimtipp der Mann, der erst vor zwei Monaten mit "Ladys Bridge" | |
eines der überzeugendsten Singer-Songwriter-Alben des Jahres vorgelegt hat, | |
das endlich nicht nur von der Kritik gefeiert wurde, sondern das mit der | |
Hymne "Tonight the streets are ours" sogar einen Chartshit in England | |
abwarf. | |
Die Leute lieben Richard Hawley. Bei seinem Konzert in dem gerammelt vollen | |
Westberliner Jazzschuppen Quasimodo hatte der Mann mit der Buddy-Holly-, | |
Elvis-Costello-, Götz-Alsmann-Tolle sein Publikum in der Hand, wie man es | |
nur sehr selten erlebt. Die meisten Nummern von Hawley sind Schmachtfetzen, | |
oft mit großer Geste und Hang zu Bombast vorgetragen, was sicherlich der | |
Nähe zu Pulp geschuldet ist. Diese Stücke kamen sowieso super an, wer da | |
niemanden zum Schmusen hatte, konnte nur bemitleidet werden. Doch dann | |
fragte Hawley sein Publikum: "Wollt ihr ein wenig Rockabilly?" Und das | |
Publikum wollte, von Richard Hawley hätte es alles angenommen, und die Band | |
und der Mann am Stehbass legten los, als wäre Elvis noch am Leben. | |
Zwischendurch immer wieder diese witzigen Ansagen von Hawley, die fast | |
schon etwas von Stand-up-Comedy hatten. "Wisst ihr, ihr Deutschen seid das | |
einzige Volk der Welt, das glaubt, David Hasselhoff sei cool." Oder der | |
hier: "Neulich habe ich wieder in der Zeitung gelesen, wie schädlich das | |
Trinken ist, da habe ich beschlossen aufzuhören - mit dem Lesen." Oder: | |
"Seit 17 Jahren bin ich mit meiner Frau zusammen. Und vor kurzem haben wir | |
uns gefragt, was das Geheimnis unserer langen Beziehung ist. Nun, zweimal | |
die Woche gönnen wir uns Candle-Light-Dinners. Ich dienstags, meine Frau | |
freitags." Tusch, Lacher, glückliches Publikum und die nächste Nummer | |
dieses unprätentiösen Charismatikers aus Sheffield, der so aus der Zeit | |
gefallen zu sein scheint und trotz Brille unbedingt Popstar ist. Der von | |
Verlust, Liebe, Sehnsucht, dem ganzen klassischen Rock-n-Roll-Kram singt, | |
als könnte man das auch noch im Jahr 2007 ganz ungebrochen tun. | |
Kann man ja auch. Wobei Hawley nie versucht, wirklich bei sich zu sein, | |
diesen Kitsch erspart er uns, und davor bewahrt ihn sicher die hohe Schule | |
des Glamours, die er bei Pulp durchlaufen hat. Auch seine trockenen Ansagen | |
scheinen den Zweck zu haben, das eigene Tun, den ganzen Gefühlsmatsch | |
seiner Songs auf einer fast schon selbstironischen Ebene zu verhandeln. So | |
wurden auch die Schmusepärchen nie eingelullt und blieben hellwach, und nie | |
war | |
25 Oct 2007 | |
## AUTOREN | |
Andreas Hartmann | |
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