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# taz.de -- Kommentar Belgien: Von der Regierungs- zur Staatskrise
> Belgien ist seit Monaten ohne Regierung. Weil Flamen und Wallonen sich
> immer mehr entfremden, droht jetzt eine Staatskrise - und vielleicht der
> Zerfall Belgiens.
Bild: Versucht, sein Land aus der Krise zu führen: König Albert der II.
Die belgischen Parlamentswahlen liegen heute 150 Tage zurück, aber noch
immer ist keine neue Nationalregierung in Brüssel in Sicht. Gestern wurde
nun klar, dass aus der Regierungskrise eine Staatskrise zu werden droht.
Ursache der Krise ist die zunehmende Entfremdung der
niederländischsprachigen Flamen in Nordbelgien von den frankophonen
Wallonen im Süden des Landes. Trotz seines klaren Wahlsiegs im Juni ist es
dem flämischen Christdemokraten und designierter Premierminister Yves
Leterme bislang nicht gelungen, mit Christdemokraten und Liberalen aus den
beiden Landesteilen ein gemeinsames Regierungsprogramm auf die Beine zu
stellen. Leterme hat keinen Hehl daraus gemacht, dass er wie die meisten
Flamen eine stärkere Unabhängigkeit vom belgischen Zentralstaat wünscht.
Es ist ein einmaliges Ereignis in der Geschichte Belgiens, was da zu
besichtigen ist. Denn bei den Verhandlungen zur Regierungsbildung wurde ein
lebenswichtiger politischer Grundkonsens auf die Probe gestellt. In Belgien
war es bisher nicht üblich, dass die größere flämische Sprachgemeinschaft
der kleineren frankophonen Gemeinschaft Beschlüsse per Mehrheitsabstimmung
aufzwingt. Konflikte zwischen Flamen und Wallonen werden in der Regel mit
ausgeklügelten Verfahren und äußerst komplexen Kompromissen bereinigt.
Dieser Mechanismus konnte bis jetzt den Zerfall Belgiens verhindern.
Doch hatte sich bisher schon die politische Landschaft des Landes zunehmend
in zwei separate politische Kulturen aufgeteilt. Belgien kennt nicht nur
eine, sondern zwei Demokratien. Der alte Sprachenstreit hat sich nach 177
Jahren weitgehend territorialisiert. Regionen und Gemeinschaften betrachten
sich inzwischen nicht mehr als Teil des Zentralstaats, sondern als fast
autonome Partner in diplomatischen Verhandlungen. Der Zusammenhalt des
Nationalstaats ist in Gefahr.
9 Nov 2007
## AUTOREN
Georgi Verbeeck
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Regierungskrise spitzt sich zu: König Albert will Belgien retten
Nach der Zuspitzung der Dauerkrise zwischen Flamen und Wallonen schaltet
sich nun König Albert II. ein. Aber eine Einigung ist ebensowenig in Sicht
wie eine Regierung.
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