# taz.de -- Satelliten-Navigationssystem: Streit um Galileos Finanzierung | |
> Bei dem geplanten europäische Satelliten-Navigationssystem Galileo gibt | |
> es latente Geldprobleme. Nun soll es notfalls kreditfinanziert werden, | |
> schlägt der österreichische Finanzminister vor. | |
Bild: Galileo-Satellit über der Erde: Das Projekt soll rund 3,4 Milliarden Eur… | |
In den Finanzierungsstreit um das lange geplante europäische | |
Satelliten-Navigationssystem Galileo, das mehrfach vor dem Aus stand, | |
könnte in dieser Woche Bewegung kommen. Die EU-Finanzminister trafen sich | |
am Dienstag in Brüssel, um bereits zum zweiten Mal innerhalb eines Monats | |
über eine Lösung zu diskutieren. Der neueste Vorschlag stammt aus | |
Österreich: Dessen Finanzminister und Vizekanzler Wilhelm Molterer schlug | |
vor, die Europäische Investitionsbank (EIB) in Luxemburg, die europäische | |
Hausbank, einzuschalten. Er wolle die Frage stellen, warum man nicht zu | |
einer EIB-Kreditfinanzierung greife, um die letzte aufgetretene | |
Galileo-Milliardenlücke zu schließen, sagte der ÖVP-Politiker. | |
Bundeskanzlerin Angela Merkel und der französische Präsident Sarkozy hatten | |
am Montag in Berlin einmal mehr gefordert, Galileo solle möglichst rasch | |
umgesetzt werden. Einem dpa-Bericht zufolge will Merkel eine | |
Mischfinanzierung durchsetzen, bei der die nun noch fehlenden 2,4 | |
Milliarden Euro aus dem EU-Haushalt und dem Etat der europäischen | |
Weltraumagentur ESA, die selbst nicht zur EU gehört und mehr | |
Mitgliedsstaaten als die Gemeinschaft hat, kommen sollen. Die ESA könne | |
einen Großteil der fehlenden 2,4 Milliarden Euro übernehmen, hieß es aus | |
Berliner Diplomatenkreisen. Allerdings wird dieser Plan in Brüssel | |
weitgehend abgelehnt. Deutschland fürchtet Haushaltsbelastungen in Höhe von | |
500 Millionen Euro, sollte Galileo wie zuletzt geplant hauptsächlich aus | |
dem EU-Budget bezahlt werden - schließlich ist man größter Nettozahler. Die | |
EU deutete allerdings auch an, Subventionen für den Agrar-, aber auch den | |
Forschungsbereich zu kürzen, um Galileo finanzieren zu können. | |
Die Idee, mit einem eigenen Navigationssystem endlich unabhängig von den | |
amerikanischen GPS-Satelliten zu werden, beschäftigt die Europäische Union | |
bereits seit Ende der Neunzigerjahre. Als man sich im Jahr 2003 schließlich | |
auf eine gemeinsame Finanzierung geeinigt hatte, hofften viele Beobachter, | |
dass es nun bald losgehen könnte. Viel geschehen ist seither allerdings | |
nicht - nur ein Testsatellit wurde 2005 ins All geschossen, der | |
Probebetrieb der ersten vier "echten" Galileo-Erdtrabanten soll nun nicht | |
vor 2008 erfolgen. Das jüngst Drama begann, nachdem die EU-Kommission sich | |
im Frühjahr diesen Jahres entschied, das immer mehr Milliarden | |
verschlingende Vorhaben neu auszuschreiben. Das ursprüngliche | |
Finanzierungsmodell gemeinsam mit der Industrie war aufgrund zu großer | |
Kosten geplatzt. | |
Galileo soll, wenn alles gut geht, ab 2013 eine metergenaue Navigation auf | |
der Erde ermöglichen - mit zusätzlichen technischen Tricks ist sogar eine | |
Ortung im Zentimeterbereich machbar. Die 30 Satelliten (drei davon sind bei | |
Havarien als Ersatz vorgesehen) werden sich in einem Erdorbit in Höhe von | |
rund 23.000 Kilometern befinden. Die Gesamtkosten sollen rund 3,4 | |
Milliarden Euro betragen. Ursprünglich hätte der GPS-Konkurrent bereits | |
2008 bereitstehen sollen, doch das Projekt wurde wegen der latenten | |
Umsetzungs- und Finanzierungsschwierigkeiten um fünf Jahre verschoben. | |
Die Industrie versprach sich ursprünglich viel von Galileo: Es soll GPS in | |
Sachen Zuverlässigkeit und Genauigkeit deutlich schlagen und ganz neue | |
Dienste etwa im Bereich Logistik und Routenführung ermöglichen. Die | |
technische Plattform ist neuer und damit leistungsfähiger als das bisherige | |
GPS-System. Zudem kontrollieren die Amerikaner die ursprünglich für das | |
Militär entwickelte GPS-Technik und können sie etwa im Falle militärischer | |
Konflikte technisch einschränken. Bis zum Jahr 2000 war die Signalpräzision | |
grundsätzlich eingeschränkt. | |
Galileo soll dagegen nur in absoluten Extremfällen in der Genauigkeit | |
reduziert werden, militärische wie zivile Nutzer erhalten zu jeder Zeit ein | |
gleichermaßen korrektes Signal. Dabei werden mehrere Dienste angeboten: Ein | |
offener, der Genauigkeiten zwischen 4 und 8 Metern bietet, und zwei | |
verschlüsselte - der eine mit einer Genauigkeit von unter einem Meter, der | |
andere mit einer Genauigkeit wie der offene Dienst, dafür aber robuster. | |
13 Nov 2007 | |
## AUTOREN | |
Ben Schwan | |
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