# taz.de -- Regenerative Energien: Norwegen baut Osmose-Kraftwerk | |
> Der unterschiedliche Salzgehalt von Fluss- und Meerwasser kann genutzt | |
> werden, um Strom zu erzeugen. Die Pilotanlage soll nächstes Jahr fertig | |
> sein. | |
Bild: Norwegen könnte theoretisch 20 Prozent seines jetzigen Stromverbrauchs a… | |
Das Prinzip kennt man aus dem Chemieunterricht. Füllt man Salz- und | |
Süßwasser in zwei Behälter, die durch eine halb durchlässige Membran - | |
beispielsweise eine Schweinsblase - getrennt sind, gibt das Süßwasser als | |
die weniger konzentrierte Lösung keine Ruhe, bis es durch die Membran | |
gepresst wird und das stärker konzentrierte Salzwasser verdünnt hat. Der | |
Prozess endet erst, wenn beide Behälter die gleiche Konzentration | |
aufweisen. Dieser Effekt heißt Osmose. Den hierbei entstehenden osmotischen | |
Druck - der beispielsweise auch die Haut salziger Bockwürstchen durch das | |
hineindrückende heiße (Süß-)Wasser platzen lässt - will man in Norwegen | |
jetzt zur Elektrizitätsgewinnung nutzen. | |
An Flussmündungen sollen Kraftwerke entstehen, in denen das Süßwasser des | |
Flusses in ein Rohrsystem geleitet wird. Die Röhren sind so aufgebaut, dass | |
das Flusswasser, abgetrennt durch eine Membran, auf salzhaltiges Wasser aus | |
dem Meer trifft. Das Süßwasser wird aufgrund der Osmose durch die Membran | |
hindurch zum Salzwasser hinübergezogen. Durch das auf die Salzwasserseite | |
hineindrängende Süßwasser entsteht ein Überdruck, der zum Betrieb einer | |
Turbine genutzt werden soll. | |
Theoretisch wurde das Prinzip eines solchen Salzkraftwerks bereits in den | |
Siebzigerjahren von dem israelischen Forscher Sidney Loeb entwickelt. Eine | |
Realisierung war aber bislang an der Entwicklung einer geeigneten Membran | |
gescheitert. Sie sollte für Süßwasser leicht durchlässig sein, aber auch | |
dem bei der Osmose entstehenden hohen Wasserdruck standhalten: Die | |
"Knackwurst" soll zwar kräftig anschwellen, darf aber nicht platzen. | |
Membranen für die "umgekehrte" Osmose, bei der durch die Entziehung des | |
Salzes aus Salzwasser Trinkwasser gewonnen wird, sind zwar weltweit in | |
Entsalzungsanlagen im Einsatz, erwiesen sich aber als ungeeignet, berichtet | |
Rune Øyan, Projektleiter des staatlichen Energieunternehmens Statkraft. | |
Passende Membranen habe man in Zusammenarbeit mit mehreren Firmen erst | |
entwickeln müssen. Nach zehn Jahren und mehreren Millionen Euro | |
Entwicklungskosten, an denen sich seit fünf Jahren auch die EU beteiligt, | |
steigerte man die Leistung eines Quadratmeters Membranfläche von | |
ursprünglich 0,1 auf mittlerweile über 4 Watt. | |
Im nächsten Sommer soll nun der Bau einer Pilotanlage beginnen, wo man die | |
Technik erstmals im Rahmen einer kompletten Versuchsanlage testen will. | |
Geht alles nach Plan, hofft Statkraft 2015 das erste kommerzielle | |
Salzkraftwerk in Betrieb nehmen zu können. Bei den Produktionskosten für | |
den Strom soll die Anlage mit anderen erneuerbaren Energiequellen wie | |
beispielsweise Windkraft konkurrieren können. | |
Ein Salzkraftwerk wäre nicht nur CO2-frei. Auch der übrige Natureingriff | |
wäre im Vergleich zu anderen erneuerbaren Energiequellen relativ gering. | |
Auf einer Fläche von der Größe eines Fußballplatzes kann laut Statkraft | |
eine Anlage mit einer Leistung von 25 Megawatt errichtet werden. An | |
geologisch geeigneten Stellen könne man diese auch gänzlich unterirdisch | |
bauen. | |
Geeignet seien im Prinzip alle Flussmündungen, so Statkraft. Für Norwegen | |
bestehe theoretisch die Möglichkeit, rund 20 Prozent des jetzigen | |
Stromverbrauchs mit Salzkraft zu gewinnen. 10 Prozent hält man auch | |
praktisch für realistisch. Und für ganz Europa hat Statkraft eine mögliche | |
Energieproduktion durch Salzkraft von 200 Terawatt im Jahr errechnet. | |
23 Nov 2007 | |
## AUTOREN | |
Reinhard Wolff | |
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