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# taz.de -- 15 Jahre nach Mölln-Anschlägen: "Die Freilassung ist eine Schwein…
> Der Linken-Abgeordnete Keskin kritisiert 15 Jahre nach den Anschlägen von
> Mölln die Sprache der damals mächtigen Politiker. Auch der Umgang der
> Justiz mit Tätern sei falsch.
Bild: "Ich hatte es nicht für möglich gehalten": Niedergebranntes Haus 1992 i…
taz: Herr Keskin, erinnern Sie sich an den 23. November vor 15 Jahren?
Hakki Keskin: Ich kann mich sehr gut erinnern, ja.
Damals starben bei Brandanschlägen im schleswig-holsteinischen Mölln zwei
Mädchen, Yeliz Arslan, 10, und Ayse Yilmaz, 14, sowie ihre 51-jährige
Großmutter Bahide Arslan.
Ich war am gleichen Tag an Ort und Stelle, habe die Familie besucht, die
Überlebenden, die ja zum Teil schwer verletzt waren. In den Tagen danach
haben wir dann eine große Protestaktion in Mölln und in Hamburg
organisiert.
Was hat dieser Tag für die türkische Community in Deutschland bedeutet?
Ich hatte es nicht für möglich gehalten, dass in der Bundesrepublik
Deutschland so etwas passieren könnte. Die Menschen mit einem Brandsatz zu
töten, quasi im Schlaf, in ihren Häusern, das war unvorstellbar grausam.
Bei mir hat das Erinnerungen an den Nationalsozialismus wachgerufen.
Unter vielen in Deutschland lebenden Türken breitete sich das Gefühl aus,
der Staat könne seine Bürger nicht schützen. Der Schriftsteller Ralph
Giordano rief zur Selbstverteidigung auf. War das im Rückblick eine
Überreaktion?
Mölln hatte ja seine Vorläufer. Denken Sie an die rassistischen Übergriffe
gegen Flüchtlinge in Rostock-Lichtenhagen und Hoyerswerda. Im Jahr darauf
folgten die Anschläge in Solingen. Große Teile der Politik haben uns
Migranten damals mit unserer Angst allein gelassen. Mit ihren Äußerungen,
dass in Deutschland zu viele Ausländer und Asylbewerber lebten, haben sie
die Neonazis sogar regelrecht zu ihren Taten ermutigt. Daher hatte Giordano
damals völlig recht.
Mehr als zwei Millionen Menschen gingen nach Mölln in ganz Deutschland auf
die Straßen, bildeten Lichterketten. Hat die deutsche Gesellschaft von
Mölln gelernt?
Diese pogromartige Stimmung Anfang der 90er-Jahre existiert erfreulicher
Weise heute nicht mehr. Aber die Gefahr des Rassismus ist natürlich nicht
verschwunden. Immer wieder kommt es zu Gewalt gegen Migrantinnen und
Migranten, da reicht ein Blick in die Verfassungsschutzberichte.
Wofür steht Mölln heute?
Mölln ist zu einem Symbol der barbarischsten Form des Rassismus geworden.
Diese Ereignisse darf man nie vergessen.
Einer der beiden Mörder, Lars C., kam schon im Jahr 2000 frei, der zweite
Täter, Michael P. ist vor wenigen Tagen entlassen worden. Was halten Sie
davon?
Das finde ich eine Schweinerei.
Auch Mörder haben ein Recht auf Resozialisierung. Gilt das für die beiden
Täter von Mölln nicht?
Jemand der Menschen aus rassistischen Motiven tötet, weil sie eine andere
Herkunft, Hautfarbe oder Religion haben, sollte härter bestraft werden. Das
Gericht hätte damals eine besondere Schwere der Schuld feststellen können.
Michael P. hätte frühestens nach 25 Jahren frei kommen dürfen. Ich
befürchte, dass er in der rechten Szene nun als Held gefeiert wird.
Laut Oberlandesgericht Schleswig hat Michael P. sich intensiv mit seiner
Tat auseinandergesetzt und von der rechten Szene abgewandt.
Das kann ich nicht beurteilen. Ich hoffe nur, dass das aufrichtig gemeint
ist und die Täter überzeugt sind, damals einen furchtbaren Fehler begangen
zu haben.
INTERVIEW: WOLF SCHMIDT
22 Nov 2007
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